KAPITEL 16

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Vorsichtig bahnte ich mir den Weg um die Villa. Es war ein riesiges Gelände mit großen Wiesen und etlichen Fichten. Der Weg war mit kleinen Kieselsteinen bedeckt und Töpfe mit Blumen standen an dessen Rand. Das Getrampel der rennenden Pferde und das Gejubel der Zuschauer wurde immer lauter und schon bald konnte ich die Rennbahn sehen. Es musste eine private Veranstaltung gewesen sein. Die Bahn war sehr edel verziert und die Menschen drum herum waren alle sehr vornehm gekleidet. Die Männer trugen teure Anzüge und die Frauen edle Kleider. Unauffällig stellte ich mich neben ein älteres Ehepaar an die Bande.

Ich hielt Ausschau nach den Männern, die ich Heute beobachten sollte, doch ich konnte sie noch nicht entdecken. Stattdessen sah ich die Shelbys mitten in der Masse. Tommy unterhielt sich mit einem Mann, während die anderen aufmerksam das Rennen verfolgten. Einige Runden vergingen, als sich schließlich ein Mann neben mich gesellte. Ich sah zu ihm rüber und erkannte ihn sofort. Es war Conrad Smith, einer der Männer aus den Akten. Er hatte kurze braune Haare und strahlend blaue Augen. Zwischen seinen rosafarbenen Lippen und seiner spitzen Nase wuchs ein leichter Flaum. Er sah ebenfalls zu mir und lächelte, also tat ich es ihm gleich. Schnell richtete ich meinen Blick wieder auf die Rennbahn. Alles was ich wusste war, dass Conrad Waffenschmuggler aus Newcastle war.

Das Rennen dauerte noch eine Weile, bis schließlich ein schwarzer Hengst die letzte Runde als erster beendete. Ein leichtes Raunen ging durch die Runde, während vereinzelt Leute applaudierten und jubelten. Nach einigen Minuten machten sich die ersten auf den Weg in Richtung Villa. Dort gab es Musik und ein Buffet für die Gäste. Ich hatte mich gerade umgedreht um der Masse zu folgen, als Conrad neben mir auftauchte „Darf ich Sie begleiten, Miss?" fragte er lächelnd und hielt mir seinen Arm hin. Ich nickte freundlich und hakte mich bei ihm ein.

„Sind Sie ganz alleine hier?" fragte er, als wir über das grüne Grass liefen. „Ich befürchte, dass bin ich." „Wie kann das sein, eine so schöne junge Frau, wie Sie es sind." ich kicherte leicht „Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen.". Schließlich kamen wir am Eingang zur Villa an. Conrad nahm mir die dicke Jacke von den Schultern. In diesem Moment liefen Tommy und Michael an uns vorbei. Nicht einen Blick warfen sie uns zu. „Irgendwelche Pläne für heute?" fragte er „Ein wenig tanzen, mich unter die Leute mischen." sagte ich lächelnd. „Na dann, kommen Sie doch mit an meinen Tisch." antwortete Conrad. „Es wäre mir eine Ehre."

„Darf ich fragen wie Sie heißen?" Ich zögerte kurz, unsicher was ich antworten sollte. „Meredith, und Sie?" „Conrad, schön Sie kennenzulernen." er reichte mir seine Hand und ich nahm sie dankend an. Er ließ sie nicht los und zog mich in einen großen Saal, der sich langsam aber sicher füllte. Conrad führte mich an einen recht großen Tisch mit einigen Männern und Frauen. Ich erkannte sie sofort. Zwei der Männer waren Louis Brown und Henry Sterling, die übrigen Männer aus den Akten. Sie sahen zu uns hoch und verstummten für einen Moment. „Darf ich euch vorstellen, Kameraden?" Er sah lächelnd zu mir rüber „Meredith, sie wird uns heute einwenig Gesellschaft leisten."

Die Herrschaften sahen sich zunächst misstrauisch untereinander an, bevor sie zusammen rückten und Platz für Conrad und mich machten. Ich setzte mich und bekam einen Drink. Bis jetzt verlief alles einfacher als erwartet. Ich saß zwischen Conrad und der Frau von Louis Brown. Louis und Henry waren beide jeweils die Anführer ihrer Clans, ähnlich wie Tommy es war. Sie kamen aus Manchester und hatten durch ihre kriminellen Machenschaften über die Jahre sehr gutes Geld verdient.

Ich merkte schnell, dass sie mir zunächst nicht so recht vertrauen wollten, doch nach etlichen Fragen über meine Person konnte ich sie schließlich davon überzeugen, dass sie in meiner Gegenwart frei sprechen konnten. Sie unterhielten sich über alles mögliche, während ich den Saal nach den anderen absuchte. Ich konnte es kaum glauben, wie ich mittlerweile zu den Peaky Blinders stand. Vor einigen Tagen waren sie noch die Menschen, die ich in der Stadt am meisten fürchtete und heute vertraute ich ihnen mein Leben an. Ich erinnerte mich an die Worte der Frau, die ich am ersten Tag in Birmingham im Zug getroffen hatte „Wenn die Peaky Blinders etwas von dir wollen, dann tust du es." Wahrscheinlich war ich deshalb nun in dieser Situation. Nur zwei Tische weiter entdeckte ich John und Michael. Ihre Blicke gaben mir Sicherheit.

Die Zeit verflog und die Stimmung wurde heiterer. Conrads Arm lag schon seit einiger Zeit auf meinen Schultern. Plötzlich erhob er sich und reichte mir die Hand „Darf ich um einen Tanz bitten?" Ich lächelte bloß, stand auf und folgte ihm auf die Tanzfläche. In der einen Hand hielt er meine und die andere legte er auf meinen Rücken. Ich musste gestehen, das Conrad durchaus kein schlechter Tänzer war. Doch lange konnte ich den Tanz nicht genießen, denn im nächsten Moment zog er mich von der Tanzfläche, raus aus dem Saal.

Ich blickte um mich, um sicher zu gehen, dass die Blinders es mitbekommen hatten, doch ich konnte keinen von ihnen entdecken. Conrad zog mich hinaus. Die kühle Frühlingsluft brachte meinen Körper zum Zittern. „Conrad, was tust du?" fragte ich verwirrt und voller Angst, als sein Griff um mein Handgelenk immer fester wurde. Er antwortete nicht auf meine Frage und drückte mich stattdessen gegen die kalte Steinmauer der Villa.

Ich tat alles in meiner Macht stehende, um ihn von mir wegzudrücken, doch es gelang mir nicht. Er lehnte seinen Kopf nach vorne und versuchte meine Lippen zu küssen. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und versuchte weiter vergeblich ihn von mir fern zu halten. „Bitte, Conrad," bettelte ich „lass mich los!" seine Hände hielten mich an der Taille, während er seinen Körper gegen meinen drückte. „Bitte hör auf!" wimmerte ich bloß noch. Eine seiner Hände drückte er nun gegen meinen Mund, während er meinen Hals küsste. Ich war wehrlos.

King of Birmingham [John Shelby FF]Where stories live. Discover now