4 | Der schlimmste Tag aller Zeiten (1)

122 28 31
                                    

„Hi Bob, hast du es schon gehört?" Bob sah überrascht auf. Er war so in sein Buch „Sports for Dummies" vertieft, dass er den etwas fülligen Jungen vor sich erst bemerkte, als er ihn ansprach.

„Oh, Justus, ich habe dich gar nicht gesehen. Was soll ich gehört haben?"
Der Junge stellte sein völlig überladendes Tablett vor Bob auf den Tisch und nahm ihm gegenüber Platz. „Das mit Mrs Bennett! Unsere Bibliothekarin hatte einen Unfall!"

„Einen Unfall?", echote Bob. „Nein, das ist mir neu. Wann ist das passiert?"

„Gestern Nacht, glaube ich", sagte Justus und riss den Deckel seines Schokoladen-Puddings ab. „Sie war mit dem Auto auf dem Nachhauseweg von ihrer Schwester und hatte einen Unfall mit einem Reh. Seitdem liegt sie im Krankenhaus im künstlichen Koma." Justus nahm einen großen Löffel des Puddings und vernichtete dann innerhalb von fünfzehn Sekunden das ganze Dessert. Dann machte er sich über einen Kirsch-Muffin her.

„Woher weißt du das?", fragte Bob, während er beobachtete, wie der Brünette hemmungslos das süße Törtchen verschlag.

„Mr Moore", schmatzte er genüsslich. „Er hat gefragt, ob ich eine zusätzliche Schicht in der Bibliothek übernehmen kann. Als er erzählte, dass Mrs Bennett ausfällt, habe ich mich ein wenig umgehört. Hat er dich noch nicht angerufen?"

Bob schüttelte den Kopf. „Bisher noch nicht. Aber ich war vorhin auch mit etwas Anderem beschäftigt. Ich habe nämlich..." In diesem Moment brummte Bobs Handy auf dem leeren Tablett. 

„Mr Moore", vermutete Justus und öffnete eine Dose Cola.

„Du solltest nicht immer dieses ungesunde Zeug in dich reinstopfen. Du wirst es noch irgendwann bereuen", tadelte Bob und nahm dann das Gespräch an. Wie Justus vorhergesagt hatte, war es tatsächlich der Leiter der Stadtbibliothek, der um Bobs Hilfe bat. Natürlich sagte Bob zu, immerhin konnte er ein wenig Extra-Taschengeld gut gebrauchen. Als er aufgelegte, hatte Justus gerade eine kleine Chipstüte aufgerissen und knabberte eine Sorte, die sich Salt & Vinegar nannte.

Bob verzog das Gesicht. „Ehrlich mal Justus, du solltest mal weniger essen und lieber mit mir Fahrrad fahren kommen. Seit Monaten sehe ich dich immer nur noch mit deinen Kriminalromanen irgendwo rumsitzen oder beim Essen."

„Sagt der Junge, der die meiste Zeit im Observatorium verbringt", konterte Justus beleidigt.

„Ich interessiere mich neuerdings auch für Sport", verteidigte sich Bob und hob das Buch hoch.

„Ach ja, ich vergaß." Auf Justus' Gesicht zeichnete sich ein amüsiertes Grinsen ab. „Du bist ja jetzt der neuste Groupie vom Basketballteam! Wie heißt noch gleich der Große mit den roten Haaren? Ich wette, du wärst lieber mit ihm befreundet als mit dem dicken Pummelchen!"

„Das stimmt nicht!" Bob sah Justus ernst an. „Ich bin gerne mit dir befreundet, Just! Aber Peter finde ich auch nett. Ich mag euch beide."

„Und warum nimmst du mich dann nicht mit, zu den Spielen? Du hast kein einziges Mal gefragt, ob ich mitkommen möchte." Justus verschränkte die Arme vor der Brust und schmollte. Da musste Bob grinsen.

„Du interessierst dich doch gar nicht für Sport! Aber komm ruhig heute Abend mit", schlug er vor. „Wir spielen gegen die Mannschaft aus Santa Barbara. Die Bulldogs."

Justus horchte auf. „Sind das nicht diese Schläger? Ihr Trainer hat schon mal einen Verweis bekommen, weil er das Team angeblich dazu angestiftet hat, mit unlauteren Mitteln zu gewinnen." Bob zog beeindruckt eine Augenbraue nach oben. „Ich lese die Artikel der Schülerzeitung, bevor ich sie zur Veröffentlichung freigebe", erklärte Justus. „Also habe ich recht?", fragte er nach.

„Jap, genau die", gab Bob zu. „Deswegen müssen wir Peter unterstützen. Also, unser Team braucht uns."

„Schon verstanden", grinste Justus. Er war zwar manchmal schnell beleidigt, aber ebenso schnell wieder guter Dinge. „Vielleicht kann ich ja herausfinden, ob etwas dran ist an den Gerüchten...", murmelte er und knetete dabei seine Unterlippe.

„Tue, was du nicht lassen kannst", meinte Bob und packte seine Sachen zusammen. „Ich hole dich dann gegen halb sieben mit dem Fahrrad am Schrottplatz ab."

Als er aufstand, registrierte er, dass sich eine Gestalt ein paar Tische weiter ebenfalls erhob. Bob schob die Brille auf seiner Nase zurecht und erkannte nun Peter, der mit seinem halb vollen Teller auf ihn zu kam. Als er Bob bemerkte, zögerte er kurz und blieb dann stehen.

„Hey", sagte Bob und ärgerte sich, dass ihm nichts Besseres einfiel. Obwohl, er hatte ja etwas zu erzählen. „Ich muss dir nach dem Spiel etwas erzählen", sagte er leise, weil er nicht wollte, dass Justus ihn später darauf ansprechen würde. Diese Information wollte er zuerst mit Peter teilen.

„Warum flüsterst du?", flüsterte Peter neugierig zurück. Jetzt kam Bob sich plötzlich blöd vor.

„Es ist noch nicht offiziell. Ein Geheimnis, sozusagen", wich er aus.

„Okay", flüstert Peter und sagte dann in normaler Lautstärke: „Dann sehen wir uns beim Spiel."

Als er an Bob vorbei ging, berührte er kurz seinen nackten Arm mit dem eigenen und ein angenehmes Kribbeln durchfuhr seinen Körper. Er verkniff es sich, Bob anzusehen und konnte doch nicht das Grinsen zurückhalten, dass sich frech auf seine Wangen stahl.

 Er verkniff es sich, Bob anzusehen und konnte doch nicht das Grinsen zurückhalten, dass sich frech auf seine Wangen stahl

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Ein paar Stunden später stand Peter in der Umkleidekabine und knetete nervös die Hände. Die erste Halbzeit war vorbei und sie lagen vier Punkte hinter den Bulldogs zurück. Das Spiel war anstrengend gewesen, denn der Gegner war nicht nur stark, sondern auch ziemlich angriffslustig aufgetreten.

Mehr als einmal hatte Peter ‚versehentlich' einen Arm in der Seite oder einen Fuß auf seinem gehabt. Es wurde gedrängelt und geschubst und nur die Tatsache, dass er kurz vor dem Anpfiff Bob in den Zuschauerrängen erblickt hatte, gab ihm die Kraft, auch die zweite Halbzeit noch durchzuhalten.

Bobs Ankündigung, er wollte Peter nach dem Spiel ein Geheimnis verraten, motivierte den Sportler zusätzlich. Gleichzeitig machte es ihn nervös. Was es wohl war, das er ihm nicht in der Öffentlichkeit erzählen konnte?

Als Jeffrey den Kopf durch die Kabinentür steckte und Peter wieder aufs Feld musste, war er angespannter denn je. Sein Blick wanderte zu dem Platz, an dem Bob vor der Pause gesessen hatte und er war zum Glück noch immer da. Fast hätte Peter die Hand zum Gruß gehoben, doch er wollte auf keinen Fall Aufmerksamkeit auf ihn und Bob lenken. Vor allem nicht, weil neben ihm der füllige Chef der Schülerzeitung saß und seine Kamera auf ihn gerichtet hatte.

Merkwürdig, dachte er. Normalerweise sandte Superhirn Justus Jonas immer einen seiner Mitarbeiter für die Sportberichterstattung. Dass ihm Sport ein Gräuel war, wusste jeder an der Rocky Beach High. Dafür gab es in der Schülerzeitung regelmäßig Berichte über Dinge wie Schachtuniere oder Anzeigen für Knobelclubs. Dinge, die andere Zeitungen sicherlich nicht brachten.

„Träum nicht, es geht weiter", hörte er Jeff neben sich sagen. Peter nickte und schickte ein vorsichtiges Lächeln zu dem Jungen mit den blonden Locken. Und er hatte Glück: Bob lächelte zurück!

Verwünscht (ONC 2024)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt