Kapitel 8 - Aufräumarbeiten

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Es kam Fiona recht seltsam vor, als sie neben Pietro aufwachte, der sich dicht an sie gekuschelt hatte. Wie waren sie in diese Lage gekommen?
Doch dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Der gestrige Abend fiel ihr wieder ein und sie beobachtete Pietro nachdenklich, während er da so lag. Hatte sie ihn nicht gestern während des Fluges als jemanden abgestempelt, den sie noch nicht gut genug kannte? Wie hatte es nur dazu kommen können, dass sie nun beide so selig in ihrem Bett lagen - vollständig bekleidet wohlbemerkt. Es musste die Magie des Films gewesen sein, den sie beide am Vorabend zusammen gesehen hatten. “Codename U.N.C.L.E.”, war der Name des Films gewesen, erinnerte sich Fiona. Dabei ging es um die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland und um Spionage. Sie hatte den Film wirklich gut gefunden, war aber leider zu müde gewesen, um bis zum Ende wach zu bleiben. Das erklärte zwar, warum sie noch bekleidet war, aber nicht, was Pietro hier in ihrem Bett zu suchen hatte. War er nicht, als er zu ihr reingestürmt war, noch hellwach gewesen? Sie wollte ihn nicht wecken, vor allem da er die Ruhe brauchte, um sich vollständig zu erholen. Da fiel Fiona auf, dass sie gar nicht wusste, von was genau er sich ursprünglich erholen sollte. Sie wurde neugierig. Der enge Körperkontakt kam ihr dabei wie gerufen. Sie konzentrierte sich auf die Stellen, an denen sich ihre Haut berührte, was vor allem die Hände und einige Stellen an der Taille betraf, an denen ihr Pullover hochgerutscht war. Fiona ging gedanklich, von seiner Haut ausgehend, seine Nervenbahnen entlang, bis sie an die Stellen angelangt war, an denen die Nervenfasern geschädigt waren. Wie sie feststellen musste, gab es von solchen Stellen einige. Als sie sich seinen ganzen Körper als Gesamtbild vorstellte, kam sie zu dem Schluss, dass er wohl mehrfach angeschossen worden war.
Plötzlich zog er sie noch näher an sich heran und versteckte sein Gesicht im Kissen. Sie konnte es ihm schlecht verübeln, denn wenn jemand im eigenen Körper herum stocherte, war es nie angenehm. Aber nur so konnte sie ihm helfen. Fiona konzentrierte sich noch einmal auf die geschädigten Fasern seines Körpers und verformte deren Materie in Tinte, um daraus das fehlende Gewebe zu modellieren. Danach materialisierte sie die Tinte zurück in ihre Ursprungsform. Nach medizinischen Verständnis waren seine Wunden somit vollständig verheilt. 
Plötzlich schnellte seine Hand, die zuvor an Fionas Taille geruht hatte, vor und ergriff ihre Hand, von der sie gar nicht bemerkt hatte, wie sie sie in Richtung seiner wuscheligen Haare gehoben hatte. Etwas erschrocken starrte sie auf die Gesichtshälfte, die er aus dem Kissen gedreht hatte, um sie anzusehen. Doch genauso schnell, wie er sie ergriffen hatte, ließ er Fionas Hand auch wieder los, nachdem er bemerkte, dass es nur sie war und er nicht angegriffen wurde. “Sorry”, murmelte er verschlafen, während er sich die Hände vors Gesicht hielt, um sich vor der Helligkeit zu schützen, als er sich vollständig auf den Rücken drehte. “Alles gut, kein Grund zur Sorge”, nuschelte Fiona gedankenverloren, während sie sich ihr Handgelenk rieb, an dem Pietro sie gepackt hatte. Er hatte einen überraschend festen Griff gehabt, der vermutlich Abdrücke hinterlassen würde. Als Pietro ihre gedankenlose Bewegung an ihrem Handgelenk bemerkte, atmete er tief durch, drehte sich liegend zu ihr und lächelte entschuldigend. “Guten Morgen”, versuchte er, die doch etwas gedrückte Stimmung zu heben. “Guten Morgen”, lächelte Fiona unsicher zurück. “Und, ist mein Bett wirklich so gemütlich, wie ich es behauptet habe?”, witzelte sie und versuchte dabei anzusprechen, dass er immer noch in ihrem Bett lag. “Hm? Oh ja, ist es.”, kratzte er sich verlegen am Hinterkopf. Sie schnaubte belustigt. “Das muss wohl an dem hammermäßigen Teddybären liegen, den du bis eben gehabt hast.”, lachte sie leise, doch er sah sie nur verwirrt an. “Was meinst du?”, fragte er irritiert. “Na, bis eben hast du dich noch an mich geklammert, als wäre ich das beste Kuscheltier aller Zeiten”, erklärte sie Pietro leicht lachend. Dieser wurde dezent rot an den Ohrenspitzen und schnaubte gespielt empört. “Dabei, warst du es doch gestern abend, die mich nicht mehr loslassen wollte, während sie eingeschlafen ist.”, versuchte er, sich zu verteidigen. Ihr leises Kichern erstarb urplötzlich und nun war es an ihren Ohrenspitzen rot anzulaufen. “Was, echt?”, fragte sie leicht peinlich berührt nach. “Ja, du hattest einen total eisernen Griff und wolltest mich partout nicht loslassen. Nicht einmal Wanda hat es geschafft, dich zu wecken. Eigentlich hat sie sogar nur bewirkt, dass du dich nur noch mehr an mich angekuschelt hast.”, berichtete er ihr. Nun gewannen auch ihre sonst eher blassen Wangen einiges an Farbe. “Oh man, ‘tschuldigung! Und ich hatte mich schon gewundert.”, lachte sie nervös. “Ach, alles cool. Ich hab’ damit kein Problem”, grinste er sie an. “Ehrlich gesagt, habe ich schon lange nicht mehr so gut geschlafen”, gestand er sich selbst ein.
Plötzlich sprang Fiona fluchend auf und suchte hektisch nach ihrem Telefon. Als sie es endlich in den Händen hielt, wählte sie rasch die Nummer ihrer Chefin und drehte sich mit einem entschuldigenden Blick zu Pietro. “Ich wollte noch im Café anrufen, um zu fragen, ob alles soweit in Ordnung ist.”, erklärte sie sich. Pietro, der sich ebenso erschrocken aufgesetzt hatte wie Fiona, ließ sich nun entspannter wieder ins Bett fallen. “Du hast mir gerade einen riesigen Schrecken eingejagt”, beschwerte er sich schmunzelnd. Währenddessen saß Fiona angespannt mit ihrem Handy am Ohr auf dem Bett, bereit aufzuspringen und sich sofort auf den Weg zu machen, um so schnell wie möglich zum Café zu eilen, sollte Sophie den Anruf nicht entgegennehmen.

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⏰ Last updated: Jan 22 ⏰

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