Kapitel 6 - Helden im Café

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Pietros Augen öffneten sich schlagartig. Er blinzelte verschlafen. Ein lautes Geräusch hatte ihn aus seinem, zugegebenermaßen sehr merkwürdigen, Traum gerissen. 
“Buff”
Da war es wieder.
Es schepperte heftig und gereiztes Fluchen folgte.
Pietro setzte sich ruckartig auf. Irgendjemand war in der Küche.
Gähnend folgte er den Geräuschen und entdeckte Minerva, die inmitten auf dem Boden verteilten Salatzutaten stand und sich immer noch leicht grummelnd die Hand schüttelte.
Er kicherte. Sie sah mit ihrem viel zu großen T-Shirt aus, wie ein Kind, doch ihre Flüche bewiesen das Gegenteil. Mittlerweile schien sie ihn bemerkt zu haben, denn sie hatte aufgehört, ihre Hand zu schütteln und sah ihn entschuldigend an.
"Oh man. 'Tschuldigung, dass ich dich geweckt hab'."
Sie hielt ihm eine Tasse Kaffee entgegen.
"Ach, alles gut. Ich wollte sowieso wieder mit dem Joggen anfangen", grinste er und nahm die koffeinhaltige Droge an.
Sie sah ihn überrascht an. "Hatte Dr. Cho nicht ausdrückliche Bettruhe angeordnet?", fragte sie besorgt. Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Das stimmte zwar, aber er brauchte unbedingt Bewegung. Man hatte ihm schon vor einem Monat Bettruhe angeordnet und er hätte nur noch zwei Tage durchhalten müssen. Doch mit diesem Vorfall konnte er sich das baldige Ende seiner Sportbefreiung wohl abschminken. Dabei hatte er sich so gefreut. Pietro fühlte sich unglaublich nutzlos. Wenn er nicht laufen durfte oder konnte, was sollte er sonst tun? Laufen war seine Sache - Schnelligkeit das einzige, in dem er gut war.
Er seufzte. "Eigentlich schon, aber vielleicht ist es ja nicht so schlimm, wenn du mitkommst." Er sah sie flehend an.
Sie hob eine Augenbraue und schlürfte den Kaffee, den sie sich wenige Sekunden zuvor eingeschüttet hatte. "Also eigentlich muss ich gleich zur Arbeit, auch wenn ich mir noch nicht ganz sicher bin, ob ich das Gebäude überhaupt verlassen darf, geschweige denn kann."
Pietros Gesicht hellte sich auf. "Ich könnte dich begleiten. Auch wenn wir erst Steve fragen sollten. Nicht, dass alle denken, du bist einfach geflohen.", merkte er an.

"Nein.", stellte Steve knallhart klar. "Du stehst immer noch unter Bettruhe", er zeigte auf Pietro,  "Und über dich wissen wir noch nicht genug, um dich einfach so unbeabsichtigt laufen zu lassen.", nun deutete Steve auf Fiona. Diese seufzte frustriert. Es war ein Wunder gewesen, überhaupt jemanden um 6 Uhr morgens anzutreffen und sie hatte wirklich gehofft, ohne Probleme zur Arbeit zu kommen. "Soweit ich weiß, habt ihr nichts außer einem Video gegen mich in der Hand. Es gibt keinen Haftbefehl gegen mich. Ihr habt kein Recht mich hier gegen meinen Willen festzuhalten. Und außerdem gehe ich arbeiten - von 8 Uhr morgens bis 6 Uhr abends; in einem öffentlichen Café. Ich glaube, wenn ich etwas anstelle, bekommt euer Tanzverein das ganz sicher mit.", warf sie ihm jedes rettende Argument an den Kopf, dass ihr einfiel.
"Und außerdem wäre ich ja auch da", ergänzte Pietro. "Eigentlich dürftest du hier gar nicht stehen", ermahnte Steve ihn, woraufhin er den Kopf einzog.
Steve seufzte und musterte Fiona nachdenklich. "Kannst du mir die Adresse des Cafés aufschreiben? Ich glaube, wenn wir wissen, wo du bist, ist es nur noch halb so schlimm. Und jetzt verschwindet, bevor ich's mir anders überlege.", gab Steve endlich nach. Fiona strahlte und entschuldigte sich für die Störung von Steves Training, bevor sie sich mit Pietro auf den Weg machte. Dieser war unglaublich froh, sich endlich mehr als fünf Schritte zum Fahrstuhl bewegen zu können.

Ein kleines Glöckchen läutete, als Fiona und Pietro durch die Eingangstür des Sweeties traten. Fiona blickte verwirrt zur Glocke. Die war neu. Sie sah skeptisch zur Theke, an der Sophie die ersten Kuchen in der Glasvitrine platzierte.
"Ist das nicht genau das Modell, das du immer für den Laden haben wolltest?”, begrüßte Fiona ihre Chefin, die sie trotz Klingel nicht gehört zu haben schien. Sophie sah überrascht auf und grinste Minerva überglücklich an. “Jupp! Ich dachte, es wäre an der Zeit, das Café endlich zu vervollständigen.", lächelte sie. Sophie hatte Fiona in einer langen Nachtschicht während ihrer Einstiegszeit von ihrem großen Wunsch erzählt, dass Sweetie in ihr Traumcafé zu verwandeln. Fionas Chefin hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie dieser Traum auszusehen hatte. Dazu gehörte auch eine kleine Glocke, die mit vielen kleinen Mustern verziert war und dem Café mit ihrem hohen, klaren Ton seine Magie verleihte.
Sophie lugte an Fiona vorbei, um zu sehen, wer sie zum Café begleitet hatte. “Sind Sie ein Kunde oder ihr Freund?”, fragte sie, bereit, Pietros Bestellung aufzunehmen. Dieser kratzte sich verlegen am Hinterkopf. “Ein bisschen von beidem, schätze ich.” teilte er der Chefin mit. Diese lächelte. “Gut. Dann setzten sie sich einfach. Minerva ist gleich fertig, denke ich.” Sophie deutete auf die Umkleide, in die Fiona vor wenigen Sekunden verschwunden war.
Als diese hinter den Tresen trat, wurde Pietro von John förmlich ausgequetscht, der wohl von der Chefin Wind bekommen hatte, dass dieser Kunde romantisches Interesse an Minerva hatte. Sie wollte schon eingreifen, doch bevor es dazu kommen konnte, klopfte der Ire Pietro etwas kräftiger als nötig auf die Schulter und drehte sich zu ihr um. “Er ist in Ordnung”, lächelte John ihr mit einem gehobenen Daumen entgegen. Sie seufzte. Diese Situation wurde ihr langsam offizieller, als ihr lieb war. Dabei kannten sie und Pietro sich eigentlich immer noch nicht wirklich. Sie fand ihn nett, aber das machte noch keine Beziehung aus, nicht, dass sie in einer wären. Die Chefin musste Pietro missverstanden haben. Sie glaubte vermutlich, dass sie und Pietro bereits ein Paar waren. Sie würde Sophie in der Pause darauf ansprechen.

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