23. Hexenhammer | Robin/Miki

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Es war ein komisches Gefühl wieder hier zu sein, nach all den Jahren.

„Unfassbar, dass dein Onkel hier wirklich mal gelebt hat", flüsterte Marlon und ließ seine Handykamera über die massive Fronttür wandern. „Ganz allein."

„Er war nicht allein", widersprach ich etwas genervt. „Ich war schließlich auch hier."

Und Keno, erweiterte ich gedanklich und mein Magen zog sich unangenehm zusammen.

„Außerdem war er immer nur ein paar Wochen im Jahr hier."

„Und wir kommen wir jetzt rein?", fragte Marnie bibbernd, die inzwischen meine Jacke trug und weißen Dunsthauch hervorstieß. Es war wirklich arschkalt und die Sonne würde frühestens in dreißig Minuten aufgehen. „Hast du einen Schlüssel?"

„Ja, aber nicht hier."

„Super. Und was machen wir jetzt?", grummelte Marnie, während ihr Zwillingsbruder zurücktrat, um einen besseren Überblick zu bekommen. Das Anwesen war imposant und wirkte... düster. Viel düsterer als ich es in Erinnerung hatte.

„Was wohl? Wir schlagen ein Fenster ein und verschaffen uns so zutritt", sagte ich.

„Ist das denn sicher? Ich meine, das Gebäude ist nicht einsturzgefährdet, richtig?", erkundigte Marnie sich zweifelnd.

„Ihr könnt gerne draußen warten", bot ich ihnen an, bevor ich mir einen der schweren Blumentöpfe schnappte und damit die Scheibe einschlug. Sorgfältig fuhr ich anschließend mit dem Tonbehältnis den Rahmen ab, um die Restsplitter zu beseitigen.

„Vergiss es", knurrte Marlon hinter mir. „Du gehst da auf keinen Fall alleine rein. Ich bin schließlich nicht Geisterjunge und sehe überall Gespenster."

Nach diesen abfälligen Worten schob er sich an mir vorbei und kletterte als Erstes durchs zerbrochene Fenster ins Innere.

Ich ballte meine Hand zur Faust, ohne etwas darauf zu erwidern. Marnie, die mich beobachtete, seufzte.

„Was?", fragte ich verstimmt.

„Es geht hier also um Keno."

„Nein, tut es nicht. Es ist eine Sache zwischen mir und meinem Onkel."

„Red dir das ruhig ein, Schatz. Aber so sauer reagierst du halt nur, wenn jemand deinen ehemaligen besten Freund beleidigt."

„Kommt ihr jetzt endlich?", dröhnte es aus dem Gebäude, aus dem nun das Licht von Marlons Handytaschenlampe drang.

„Es ist manchmal nicht leicht für ihn, dein Platzhalterfreund zu sein", behauptete Marnie als sie nach meiner dargeboten Hand griff, um ihr beim Einsteigen zu helfen.

„Was redest du denn da? Marlon ist genauso mein bester Freund wie damals Keno für mich war."

Marnie verharrte einen Augenblick in gekauerter Position am Fensterbrett und schaute mich ungläubig an. „Denkst du das wirklich?"

„Ja", betonte ich genervt und Marnies Lippenenden kräuselten sich spöttisch. „Soso. Na, wenn du meinst..."

Elegant hopste sie ins Hausinnere und ich folgte ihrem Beispiel. Abgesehen von Marlons Handystrahl, war alles in absolute Dunkelheit getränkt. Meine Augen benötigten einen Moment, um sich daran zu gewöhnen.

Es sah aus wie immer und irgendwie auch überhaupt nicht. Als hätte jemand einen deprimierenden Graufilter über alles gelegt.

„Robin, wo lang?", fragte Marlon drängend und ließ den Lichtstrahl unruhig wandern, streifte das Treppengeländer.

Nur in meinem Kopf - Eine GeistergeschichteWhere stories live. Discover now