Tag der Toten

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Donnerstag, 19. Oktober 2000

Abulea benimmt sich seit ein paar Tagen komisch. Immer, wenn ich sie anrief, klang sie so beschäftigt. Heute hielt ich es nicht aus. Ich wollte einer einsamen Frau Gesellschaft leisten und sie wimmelt mich schon wieder ab?! ,,Ähm, Abuela, ist alles ok?"
,,Oh ja, Josuke, tut mir leid. Ich stecke in Vorbereitungen für Dia de los muertos."
Gesundheit... I guess.
,,Sorry, was?"
,,Oh hat Okuyasu dir nichts davon erzählt? Dabei hat er es als Kind geliebt. Wir sind zu meiner Schwester nach Cancún geflogen und haben dort gefeiert. Okuyasu war Feuer und Flamme, aber Keicho hat es gehasst. Cancún war ihm zu heiß und zu laut. Einmal hat er sich auf dem Spielplatz versteckt, weil er nicht fliegen wollte", Abuela lachte leise, ,,mittlerweile bin ich zu alt für solche Reisen, also feier ich hier in Tokio. Die Vorbereitungen fangen immer Mitte Oktober an."
Während ich den Hörer noch zwischen Ohr und Schulter geklemmt hatte, griff ich nach meinem Handy, um Dia de los muertos zu googlen. Tag der Toten. Mexikanischer Feiertag, Halloween ähnlich, zelebriert verstorbenen Verwandte. Vorbereitungen beginnen mitte Oktober. Die Feierlichkeiten beginnen Allerheiligen und Enden am 2. November.
,,Ich wusste nicht, dass Okuyasu schon in Mexiko war."
,,Oh doch, einige Male. Als Keicho sein Vormund wurde ist die Tradition leider im Sand verlaufen, aber der Junge konnte halt nie was mit diesen Reisen anfangen."
Mein Google Suchverlauf be like: "Last Minute Flug nach Cancún von Tokio aus billig" lol. Das sind aber auch so Sachen, die mich richtig abf*cken. Wieso muss ich erst seine Oma anrufen um sowas zu erfahren? Talk to me, du dummer, gutaussehender Bastard.

,,Oh, meine Empanadas müssen aus dem Ofen. War nett mit dir zu plaudern, Josuke. Sag Okuyasu er kann auch Mal gerne anrufen, besonders zu dieser Zeit."
,,Wie meinst du das?"
,,Na, Dia de los muertos. Das Fest der Toten. Er hat nicht viele noch lebenden Verwandte, weißt du?"
Ja das weiß ich. Danke für die Erinnerung.
Ich schluckte und nickte, als ob sie mich sehen könnte. ,,Gut, dann lass die Empanadas nicht anbrennen. Bye!"
Ich legte auf und holte tief Luft.
,,OKUYASU, RATE WER ZU ALLERHEILIGEN IN TOKIO SEIN WIRD. WIR!"
Okuyasu streckte seinen Kopf aus dem Wohnzimmer und nahm seine Kopfhörer ab. ,,Was?"
,,Du, ich, Abuela, Allerheiligen, Tokio."
,,Kannste knicken." Dann setzte er sich seine Kopfhörer wieder auf und ging zurück ins Wohnzimmer. Süß. Er denkt er hätte Mitspracherecht

Und was tat ich? Ich lief in den Keller und knipste erst Mal das Licht an. Nijimura-san fauchte mich an wie so ein zurückgebliebener Vampir. ,,Ich hab gesagt du machst dir die Augen kaputt, wenn du immer im Dunkeln sitzt. Aber egal, deshalb bin ich nicht hier. Ich hab gerade mit deiner Mutter telefoniert."
Seine Augen blitzten auf. Manchmal war ich mir nicht sicher wie viel er von dem Verstand was wir sagten, aber einige Schlüsselwörter schienen definitiv da oben anzukommen.
,,Sie sagte ihr wärt früher manchmal nach Cancún geflogen. Hast du zufälligerweise Bilder davon?"
Als Antwort bekam ich ein verständnisloses Grunzen. Wohl doch nicht so viele Schlüsselwörter die da oben ankamen.
,,UR-LAUBS-BIL-DER!"
Das schien er wohl zu raffen. Zumindestens nickte er, raffte sich von seinem Ohrensessel hoch und watschelte zu einer riesen Box rüber. Eine der Boxen mit Okuyasu und Keichos Kinderbildern. Die, die er noch nicht in Fotoalbem einkleben konnte. Er öffnete die Box und leerte sie auf dem Fußboden aus.
Woah.
Das waren eine menge Bilder.

Also gut, damit werde ich bis morgen beschäftigt sein AHHHH.

Josuke schreibt dummes ZeugsWhere stories live. Discover now