4 - Ausweichmanöver

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„Guten Morgen, Romina", begrüßte ich meine beste Freundin Montagmorgen, als sie bei mir an unseren Spinden ankam.
„Hey, Veda", sagte sie und wirkte dabei etwas zerknirscht.
„Was ist, Romina?", fragte ich sie skeptisch, „Ich merke, wenn du was auf der Seele hast".
„Okay...Also du darfst mir nicht böse sein, ja?", fing sie an, „Ich habe Jason aus Versehen daran erinnert, dass ihr auf der Party miteinander rumgemacht habt".
„Du hast was?", fragte ich geschockt und sauer.
„Sorry...", sagte sie, „Aber ich glaube, er wusste es schon davor".
„Boah, Romina!", sagte ich sauer.
„Entschuldige", sagte sie ehrlich bedauernd.
„Wo hat er jetzt Unterricht?", fragte ich sofort.
„E42", sagte sie und sah mich nachdenklich an.
„Gut, dann gehen wir wohl den langen Weg zu Englisch!", sagte ich entschlossen, packte meine Lehrbücher in meinen Rucksack und lief zum Treppenaufgang.
„Boah, Veda", sagte Romina genervt, „Du machst da echt nen viel zu großes Ding drauß".
„Finde ich nicht!", sagte ich und lief zielstrebig die Treppe hoch, „Ich will ihm auf gar keinen Fall über den Weg laufen!".
Allein schon bei dem Gedanken daran, dass er sich noch an mein Stöhnen und an seine Hand auf meiner Brust erinnerte, wurde ich rot im Gesicht.
„Wenn du nicht meine beste Freundin wärst", sagte Romina sauer und folgte mir dann die Treppe hoch.
„Was wäre dann?", fragte ich und sah sie mit erhobenen Brauen an.
„Dann würde ich das hier auf jeden Fall nicht für dich tun", sagte sie entschieden und hielt oben mit mir an, um kurz durchzuatmen, „Du solltest echt mal deine Unsicherheiten überwinden, meine Liebe".
„Was soll denn das nun heißen?", fragte ich und verschränkte sauer meine Arme vor der Brust.
„Dass du dich benimmst wie ein Kind, nur weil er mit dir im Schrank war", sagte sie und schüttelte den Kopf.
„Dir ist es also nicht unangenehm, jemanden zu treffen, mit dem du etwas hattest, aber zu dem du keinerlei Kontakt hast?", fragte ich und lief mit ihr den Gang im oberen Stock unserer Schule entlang.
Hier waren die Fachräume für die Naturwissenschaften und überall standen die Türen offen. Als wir daran vorbeigingen und uns viele aus den Räumen anstarrten, nahm ich meine Hand in die andere und begann, mit meinen Fingern zu knacken.
„Erstens kennst du meinen Bruder seit wir elf sind und zweitens hör endlich auf, deine Finger zu knacken!", sagte sie und zog meine Hände auseinander, „Ich verspüre außerdem kaum Beschämtheit, wenn ich mit jemandem rumgemacht habe. Das habe ich mal, aber inzwischen nicht mehr".
„Siehst du!", sagte ich sofort, „Du hattest auch Unsicherheiten am Anfang".
„Aber die gingen nicht so weit, dass ich dich zwei Treppen hoch und wieder runter geschickt habe, nur weil ich einem Typen nicht über den Weg laufen wollte", sagte sie, als wir endlich am zweiten Treppenaufgang auf der anderen Seite des Schulgeländes ankamen.
Wir hatten jetzt in E13 Englisch. Dieser Raum befand sich nur zwölf Zimmer vom Treppenaufgang entfernt. Da Romina und ich jedoch meist von der anderen Seite der Schule kamen, gingen wir durch den Eingang, der bei Zimmer E50 war.
„Hat dieser Typ an einem Abend deinen kompletten nackten Oberkörper gesehen und dich trocken gefickt und ist mit dir zusammen gekommen?", fragte ich, zog die Brauen hoch und stemmte die Hände in die Hüften.
„Boah, Veda!", sagte meine beste Freundin, „Das möchte ich nicht wissen!".
„Dann hör auf, meine Unsicherheiten und meinen Umgang damit infrage zu stellen!", sagte ich und ging in unser Englischzimmer.
Sie setzte sich neben mich an unseren Stammtisch und schüttelte nur mit dem Kopf.
„Manchmal bist du echt eine Drama Queen", sagte sie und konnte sich dabei aber kein Lachen verkneifen.
Ich konnte ihr nicht lange böse sein, weshalb ich nur sehr kurz schmollte und dann sagte: „Danke, dass du mich trotzdem erträgst".
„Bitte", sagte sie und lächelte, „Wann hast du heute Schluss?".
„Erst halb drei", sagte ich und atmete genervt aus.
„Ich habe schon um eins Schluss", sagte Romina lächelnd, „Französisch fällt zum Glück aus".
„Kannst du nicht auf mich warten?", fragte ich quengelig, „Der Bus kommt erst um drei und du hast ein Auto".
„Nein, so leid es mir tut", sagte sie, „Ich muss zu meiner Mutter, damit sie mir ein paar neue Sachen kaufen kann".

Zehn Minuten im HimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt