13. The way you make me feel

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Wir sitzen noch lange Zeit in der Baumkrone, reden über dies und das und lachen viel. Plötzlich wird mir klar, dass ich mich in Megan echt getäuscht hatte.
Sie war lieb, witzig und ich glaube, allein in dieser kurzen Zeit sind wir echte Freundinnen geworden.

"Ich muss jetzt leider gehen, Claire! Ich hab Theater-AG", verkündet Megan plötzlich und rutscht von ihrem Ast, um leichtfüßig im Gras zu landen.
"Okay, viel Spaß dabei! Ich schau mich hier noch ein bisschen um und warte dann auf dich im Zimmer. Wir können ja dann zusammen zum Abendessen gehen?" Ich setze mit Absicht ein Fragezeichen hinter meinen Satz.

Im Davonlaufen dreht sie sich noch um, grinst fröhlich und schreit: "Ja!"
Dann erreicht sie die Tür und schon ist sie einfach im Gebäude verschwunden und lässt mich alleine in dem wunderschönen Garten zurück.

Auf dem Ast sitzend lehne ich mich nach hinten und schließe genießerisch die Augen, als mein Rücken den Stamm berührt.
Die warme Herbstsonne scheint durch die Blätter auf mein Gesicht und kitzelt mich leicht an der Nase.
Ich lächle mit geschlossenen Augen und langsam,ganz langsam, schweifen meine Gedanken ab.

Das erste Mal seit Stunden denke ich an meine Eltern und Marcus. Ob sie mich wohl suchen? Oder ist es ihnen völlig egal, dass ich verschwunden bin? Ich weiß nicht, warum, aber ich hoffe irgendwie, dass sie weinend zuhause sitzen und sich fragen, wo ich bin, ob mir etwas passiert ist oder wie sie mich retten können.

Dann wandern meine Gedanken weiter. Zu Luca und zu...Chase? Warum zur Hölle denke ich an seine wundervollen eisigblauen Augen? Und warum finde ich sie wundervoll?
Ich runzele verwirrt über mein hämmerndes Herz die Stirn.
Dann dachte ich an Lucas freches Grinsen und die kleinen Grübchen, die er dabei bekommt. Die giftig grünen Augen und das Schimmern darin, wenn er lacht.

Ich meine, dass ich Luca am schlechtesten von den drei Leuten kenne, die ich hier als eine Art Freunde bezeichnen würde. What? Ich bezeichne wirklich gerade Chase Blight, diesen unverschämten Badboy, als einen Freund.
Himmel, langsam drehe ich echt völlig durch!

Schließlich fällt mir dann endlich wieder ein, was ich eigentlich vorhabe.
Ich reiße die Augen auf und blinzele verstört in das grelle Sonnenlicht.
Immer noch an den Baum gelehnt Strecke ich mich und kann ein Gähnen einfach nicht unterdrücken.
Ohne es zu wollen, muss ich wieder lächeln, während ich langsam mein rechtes Bein über den Ast schwinge, auf dem ich sitze.

Dann sehe ich vorsichtig nach unten und das erste Mal wird mir klar, sie verdammt hoch der Baum ist. Angst breitet sich langsam in meinem Brustkorb aus.
Ja, ich habe Höhenangst. Nicht immer irgendwie, aber wenn, dann heftig.
Ich kralle mich völlig panisch in die Rinde des Baumes und zittere so heftig, dass das Risiko herunterzufallen wahrscheinlich noch um einiges steigt.

Ich spüre, wie mir plötzlich auch noch Tränen in die Augen steigen.
Warum konnte ich nicht einfach Megan sein, die da ohne zu zögern runtergesprungen ist?
Mir wird übel und ich kann die Angsttränen einfach nicht länger zurückhalten. Ich beginne leise vor mich hin zu schluchzen.

Meine Beine baumeln nach unten und ich traue mir nicht mal mehr zu, mich auch nur irgendwie zu bewegen.
Weinend sitze ich auf dem Baum und weiß überhaupt nicht mehr, was ich tuen soll.
Mein einziger Gedanke: Weg von diesem abnormal tiefen Abgrund.

Also mache ich etwas, was so ungefähr das blödste ist, was man in so einer Situation überhaupt noch machen kann. Es gibt keinen einzigen klaren Gedanken mehr in meinem Kopf. Ich fühle mich wie aufgefressen von meiner eigenen panischen Angst.
Also klettere ich höher.

Gleichzeitig wische ich mir die salzigen Tränen aus den Augen und unterdrücke weitere Schluchzer.
Mein linker Fuß tastet nach einem Ast und ich ziehe mich mit aller Kraft weiter nach oben. Was tue ich da? Warum höher, ich muss doch hier runter!
Doch mein Körper arbeitet einfach von allein.

Und dann passiert das schlimmste was überhaupt passieren kann.

Eine Stimme ruft von unten her meinen Namen. "Claire!? Süße!? Was machst du da?!"
Und ich bin so unfassbar dämlich und blicke hinunter, um zu sehen, wer mich da ruft.
Das letzte, was ich sehe, ist ein Paar eisblaue Augen, bevor mein linker Fuß abrutscht und ich völlig den Halt verliere.

Ich fliege durch die Luft und spüre kurz darauf einen stechenden Schmerz im Rücken. Dann wird alles schwarz.

Ich sag mal nix dazu und überlasse es euch ;)

A little bit Incredible♥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt