Seit bestimmt einer Minute hält Jake immer noch mein Handgelenk fest. Gut, ich würde mich auch nicht, vor allem kein zweites Mal, schlagen lassen. Aber was mich mehr stört ist, dass wir uns gegenseitig in die Augen sehen. Und das definitiv schon viel, viel zu lange. In seinen Augen ist nur Dunkelheit zu erkennen. Na ja, bei dunkelbraunen Augen irgendwie ja auch kein Wunder. Aber der soll mich jetzt mal endlich loslassen.

,,Lass mich endlich los.", äußere ich stumpf meine Gedanken, tatsächlich ohne meinen Blick von ihm abzuwenden. Wieso ich das nicht tue? Das weiß ich selbst nicht, aber ich will es auch gar nicht wissen. Eigentlich ist Jake für mich, nachdem er mich bloßgestellt hat, gestorben, aber funktioniert irgendwie nicht so wie ich will. Tatsächlich lässt er mich ein paar Sekunden später los, dreht sich wieder nach vorne um und sagt: „Du solltest mir einfach glauben." Diese Aussage ließ ich einfach so stehen, da ich wusste, dass es nichts bringen würde noch weiter zu diskutieren. Wieder einmal herrschte eine unangenehme Stille im Auto.

Bestimmt 10 Minuten später entschied Mike sich wohl dazu, doch mal wieder aufzutauchen. Er setzte sich auf den Beifahrersitz und Jake brachte seinen Wagen wieder in Gang. Hoffentlich sind wir schnell zu Hause, damit ich mich in meinem Zimmer verkriechen und mich von Jake erholen kann. So nah und viel Kontakt gab es zwischen uns beiden noch nie. Vielleicht fühle ich mich deswegen etwas krank. Der ist wie eine Grippe, das ist ja widerlich. Ob Tabletten dagegen helfen?

,,Kylie?", kam es plötzlich von meinem Bruder. ,,Hm?", gab ich zurück, da ich eigentlich nicht in Stimmung zum Reden war. ,,War irgendwas mit Noah?" ,,Wieso?" Warum will er denn jetzt über Noah reden? ,,Keine Ahnung, wirkte so, da er vorhin direkt verschwunden ist." Dazu sagte ich nichts mehr, da Jake mich schon wieder durch den Rückspiegel ansah. Mike stupste diesen an der Schulter an, da die Ampel wieder grün leuchtete. Irgendwas stimmt die letzten Tage nicht.

Kann mir ja aber trotzdem egal sein. Er hat mir das Leben zur Hölle gemacht, was interessiert mich das also? Plötzlich wurde ich aber durch Mikes Stimme aus meinen Gedanken gerissen. Natürlich war ich ihm sehr dankbar dafür. Eine gute viertel Stunde später konnte ich endlich aus diesem Wagen aussteigen. Die Sonne war mittlerweile schon am Untergehen und ich verschwand sofort im Haus, ohne Jake nochmal anzusehen.

Mike unterhielt sich wohl noch eine Weile mit ihm, während ich mich Bett fertig machte und dann Jackie beim Telefonieren von dem Ausflug erzählte. ,,Du hast den ganzen Tag mit Noah verbracht?" ,,Ja, ist das etwa so überraschend?" ,,Nein natürlich nicht, aber die anderen müssen doch mies eifersüchtig auf dich gewesen sein, oder nicht?" Daran hatte ich tatsächlich den ganzen Tag nicht gedacht. Es gibt so viele Mädchen, die auf Noah stehen, die müssen ja richtig eifersüchtig gewesen sein.

,,Keine Ahnung Jackie, hatte ich keine Acht drauf." ,,Na ja, wenn man so extrem in Noah verknallt ist wie du, hätte es mich auch sehr gewundert, wenn du auf andere geachtet hättest." Ich konnte es zwar nicht sehen, aber sie grinste wie eine Verrückte auf ihrem Bett. ,,Sehr lustig, wirklich.", sagte ich und verdrehte die Augen. ,,Wie gehts dir und Linus?", fügte ich noch hinzu. Ich hatte schon wieder vergessen, dass die beiden ja krank sind.

,,Ganz gut, heute Morgen war es auf jeden Fall schlimmer." ,,Bei dir oder bei Linus?", fragte ich leicht lachend, da sie ihren Bruder gerne mal vergisst, wenn sie über sich redet. ,,Keine Ahnung, was interessiert dich Linus?" So ist Jackie eben. Sie redet eher selten von ihrem Bruder und wenn sie es tut, dann will sie einen genauen Grund, warum man über ihn redet oder hält sich eher zurück. Gut, ich rede auch nicht viel über Mike. Wenn, dann nur, weil andere mit mir über ihn reden wollen.

,,Entschuldige, dass ich mich gut mit deinem Bruder verstehe.", lache ich weiter und weiß ganz genau, dass sie daraufhin die Augen verdreht. Wir sind uns einfach zu ähnlich. Unsere Eltern können wahrscheinlich froh sein, dass wir keine Geschwister sind. ,,Okay anderes Thema, was hast du mit Noah in der Freizeit getrieben, die ihr hattet." Irgendwas verriet mir das sie wusste was passiert war.

Ich konnte es aus ihrer Stimme heraushören und ich wusste deswegen ganz genau, was mich noch erwartete. Ein ganz langes und intensives Verhör, welches mindestens über eine Stunde gehen wird. Das Schlimmere daran wird aber wahrscheinlich sein, dass sie mich erst in Ruhe lässt, wenn ich ihr alles erzählt habe. Und wenn ich alles sage, dann meine ich auch alles. Eigentlich die einzige Sache, die mich an Jackie ein wenig nervt, aber seien wir mal ehrlich: Ich wäre genauso.

𝑻𝒉𝒆 𝒃𝒐𝒚 𝑰 𝒉𝒂𝒕𝒆 - Hate to LoveWhere stories live. Discover now