„Irgendetwas Gr–"

„Du weißt, worauf ich hinauswill, nicht wahr? Zuerst kommen die Lichtalben hierher, zwei Jahre nachdem die ganze Sache mit der Akademie vorbei ist, und dann einigen sich Caellis und Zephael auch noch darauf, dass wir ihnen bei der Inspektion entgegenkommen?"

Stille trat zwischen uns ein, während der fahle Nachtalb nachdachte. Ich konnte beinahe die Zahnräder hinter seiner Stirn arbeiten sehen.

„Du hast die Älteren doch bei der Versammlung gehört", hielt Yven schließlich gegen meinen Verdacht. „Ruhe zu bewahren ist der einzige Weg, auf dem wir überleben können. Reicht das nicht als Grund aus?"

„Denkst du wirklich, das ist alles?"

Aus seinem Zögern schloss ich, dass Yven sich nicht so sicher war, wie er sich gab. Ihn musste die milde Reaktion des Kreises genauso überrascht haben wie mich.

„Hat dein Bruder vielleicht etwas gesagt? Würde er mit mir reden, wenn du ihn daru–"

„Erys, er wird nicht auf mich – geschweige denn auf dich – hören." In Yvens Stimme lag ein neuer Nachdruck und ich verzichtete darauf, auf meine Idee zu beharren. Ich hatte nicht vergessen, dass die Beziehung zwischen den Brüdern angespannt war.

„Gut, dann hilf du mir."

„Selbst wenn ich etwas wüsste ... ich kann nicht. Ich darf der Gemeinschaft nicht schaden."

„Komm schon, Yven. Ich möchte nur, dass die Nachtalben sich hier sicher fühlen können. Wenn Caellis etwas gefunden hat, was sie auf gefährliche Ideen gebracht haben könnte ..."

„Hier unten gibt es nur staubige Überlieferungen und Überbleibsel vergangener Tage", protestierte Yven mit gepresster Stimme. Die Vorstellung davon, dass seine geliebte Sammlung Schuld an der Inspektion sein könnte, gefiel ihm offensichtlich nicht. „Die meisten Texte sind nicht einmal vollständig."

„Macht sie das ungefährlich?"

Seine blassen Wangen wurden noch ein ganzes Stück fahler, während er seine Fußspitzen musterte. In seiner Brust musste gerade ein Kampf zwischen Gut und Böse toben.

Hoffentlich bin ich ersteres in seiner Einschätzung.

„Bitte, Yven. Ich würde nicht fragen, wenn es nicht wichtig wäre. Wenn dir wirklich, ehrlich nichts Verdächtiges einfällt, dann nerve ich dich auch nicht weiter."

„Es ist nicht so, dass ich dir nicht helfen will", sagte er.

Ich hatte denselben Schwur wie er abgelegt und verstand seine Sorge, aber Yven hatte keinen Grund zu schweigen; er verstieß gegen keinen der drei Grundsätze des Kreises.

Außer er weiß etwas, dachte ich. Sollte er in einer Sitzung Wind von Caellis oder Zephaels Ideen bekommen haben, könnte er außerdem die zweite Regel verletzen, wenn er mit mir darüber sprach. Achte die Diskretion der Versammlung – oder in anderen Worten, erzähl nicht weiter, was hinter verschlossenen Türen besprochen wurde.

Ich seufzte.

„Mach es wie mit den Dokumenten und Mails, wenn es nicht anders geht." Meine dunklen Augen glitten über die Wandregale, in denen sich alte Pergamentrollen dicht an bunte Aktenordner schmiegten. „Sag mir nur ungefähr, wo ich suchen muss."

Womöglich gab es eine Ecke der Sammlung, die nur Caellis benutzte; einen persönlichen Tresor von Zephael; ein Protokoll darüber, was in den Sitzungen besprochen wurde. Ich schüttelte den Kopf über mich selbst. Letzteres war abwegig. Der Kreis erlaubte nicht einmal Außenseitern an seinen Sitzungen teilzunehmen.

Die Gemeinschaft der Nachtalben - Band IIWhere stories live. Discover now