Kapitel 8

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Die Luft im Raum war dicker als Haferbrei, den jemand im Kühlschrank vergessen hatte. Mit einem Löffel hätte ich ein Stück aus der eiskalten Masse rausbrechen können – um es direkt in Zephaels Gesicht zu katapultieren, der die Stimmung zu großen Teilen zu verantworten hatte. Obwohl die Solskin-Zwillinge auf ihren Sitzen herumrutschten und Vinthis Gesicht einer unbeweglichen Steinmaske glich, waren es Zephael und Caellis, die mit jeder Bewegung und jedem Blick Gift versprühten.

Verstärkt wurde Caellis heute von ihrer Tochter. Der blonde Sukkubus klebte in einem mauvefarbenen Überwurf an ihrer Seite, als müsste irgendwer an ihre überschäumende Loyalität erinnert werden.

Trotz meiner offensichtlichen Musterung würdigte mich Valencia keines Blickes. Stattdessen fixierte sie Zephael, wann immer sie in unsere Richtung sah.

„Wir haben es lange vorausgesagt", donnerte Zephael. Der Inkubus hatte sich für den heutigen Tag in Schale geworfen. Sein weißes Hemd leuchtete förmlich unter dem dunklen Mantel hervor und die Lederschuhe waren frisch geputzt. „Aber nun ist der Tag gekommen, an dem ihr mit eigenen Augen sehen könnt, welches Misstrauen man uns von deren Seite entgegenbringt."

Caellis nickte; aber während mich ihre Zustimmung nicht weiter überraschte, besorgte mich, dass auch Tandriel Dorndrau und die Meadows mitmachten.

„Diese Behandlung ist respektlos", murmelte Jolana Meadow.

Ihre Tochter Isae fügte weitaus lauter hinzu: „Als Nächstes verlangen sie, dass wir zu ihrer Sicherheit die Gemeinschaft auflösen. Dann wäre es ein Leichtes für sie uns einzeln zu jagen!"

Ich beobachtete die hitzige Diskussion, während ich mich fragte, ob niemand die Friedensverträge verstand. Es waren Lichtalben gestorben, ermordet durch Caellis Grimlores Marionette. Gleich wie viele Perlenreihen oder Kaschmirpullover Valencia auftrug, sie konnten ihre Verbrechen nicht verstecken. Wenn ich die blonde Nachtalbin ansah, roch ich den metallischen Gestank der Blutlachen und sah Lysander mit geschlossenen Augen im Krankenbett liegen.

Diesmal reagierte Valencia auf mein unverhohlenes Starren. Mit einem kleinen Schmunzeln verengte sie die dunkelblauen Augen und sah mich herausfordernd an. Fast als wollte sie sagen: Mach doch was dagegen, wenn dich meine Anwesenheit stört.

Mein Magen verkrampfte sich bei der stummen Herausforderung.

„Aber wieso denken sie überhaupt, dass wir die Verträge gebrochen haben?", fragte Grima leise in das aufgebrachte Stimmenwirrwarr hinein.

Die Lautstärke senkte sich, während Zephael und Caellis einen langen Blick austauschten.

„Sie müssen Valencia immer noch für die Todesfälle an der Akademie verfolgen", sagte der Inkubus schließlich.

„Und wieso sollten sie das nicht?" Ich konnte nicht länger stillsitzen und zuhören, während der Kreis die gesamte Gemeinschaft in Gefahr brachte.

„Epher–"

„Wieso nicht?", wiederholte ich lauter, ohne Zephaels Ermahnung zu beachten. „Es ist kein Geheimnis, dass Valencia zwei Schüler der Akademie getötet hat. Beinahe wären es noch mehr Opfer geworden. Es wäre merkwürdiger, wenn die Lichtalben keine Delegation schicken würden."

Während ich sprach, fiel mir selbst auf, dass meine Argumentation eine nicht zu ignorierende Lücke besaß: Wieso kamen die Lichtalben erst jetzt in die Gemeinschaft? Seit Valencias Verbannung von der Akademie waren gut zwei Jahre vergangen, in denen man die Untersuchung starten hätte können.

Eisige Stille hatte sich inzwischen über den Raum gelegt. Ich spürte wie Zephaels Blicke sich winzigen Messern gleich in meine Seite bohrten.

„Pass auf was du sagst. Meine Tochter hat aus Notwehr gehandelt", sagte schließlich Caellis mit säuerlicher Miene.

Die Gemeinschaft der Nachtalben - Band IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt