Ich meide den Blick meiner Mutter während ich langsam über mein Handrücken streichle. Agon's dunkler Blick mustert mich kurz aber auch unfassbar intensiv. Von Kopf bis Fuß und wieder zurück zu meinen Augen. Doch ich habe das Zögern auf meiner Brust bemerkt, egal wie subtil aus sein gewesen mag. Ich lecke mir über die Lippen und meine Augen flattern. Am liebsten würde ich mein Körper und mein Herz dafür bestrafen, wie es sich in seiner Gegenwart benimmt. Ich möchte diese unfassbare Sehnsucht nicht spüren, wenn unsere Herzen gegeneinander schlagen, statt füreinander zu toben. Ich betrachte den schönen Dieb vor mir. Agon hat seine dunkelblonden Haare nach hinten gekämmt und gegelt. Seinen Dreitagebart hat er abrasiert. Daher sieht er jünger aus und dadurch kommt sein markanter Kiefer mehr zur Geltung. Er trägt ein schlichtes weißes Hemd mit einer lockeren schwarzen Jeans, die wirklich angegossen sitzt. Sein Hemd spannt sich über seinem Bizeps und seiner Brust an, welches mir die Feuchtigkeit aus dem Mund wegweht. Agon hat über die Jahre an Masse gewonnen und jenes nicht auf einer ungesunden Art und Weise. Alles was ich an ihm noch als Jugendlich bezeichnet hätte, hat heute ihre wachsende Männlichkeit angenommen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass seine elektrisierende Haut und seine überspannte Aura mich nicht anziehen würde.

Ein kindliches Husten ertönt und meine Augen landen sofort auf das schüchterne Mädchen, was sich hinter Agon's Bein versteckt. Dea. Die kleine Dea trägt schöne Locken in ihren blonden Haaren und eine pinke Barbie-Haarspange an ihrem Scheitel. Das passend zu ihrem pinken Kleidchen. Ein großes Lächeln legt sich auf meine Lippen. Dea's Kleid ist vom Hals bis zur Taille mit Blumen verziert. Ab der Taille fällt ihr Kleid wie ein großer Rock bis zu ihren Schienbeinen. Über dem Kleid trägt sie eine weiße und dünne Strickjacke, passend zu ihren schönen Ballerinas. Der Gedanke das Agon sie gekleidet hat versüßt meine Seele. »Du bist bestimmt Dea.« Meine Wangen erröten sich und aus dem Blickwinkel erkenne ich wie Adem sich ein Lächeln verkneift. Dea nickt langsam und beobachtet meine Mutter mit großen Augen, genauso wie sie Frau Köhn damals beobachtet hat. Eine Hexe die sich durch Körper von Körper hext. Ich beiße mir auf die Lippen. Das ist meine Mutter, so sollte ich nicht von ihr denken. Agon drückt Dea leicht nach vorne und sie murmelt leise. »Po.« Ganz leise ertönt die Bejahung des fünfjährigen Mädchens und meine Mutter strahlt über beide Ohren.

Meine Mutter möchte Dea gerade mit liebkosenden Worten bombardieren, doch ich weiß es besser, als ein schüchternes Kind zu überfordern. »Hallo, Dea.« Mit einem großen Lächeln reiche ich ihr die Hand, doch sie weigert sich und versteckt ihre Hände hinterm Rücken. Sie ist heute ganz schüchtern. Was ein süßes Kind! Agon brummt unzufrieden. »Dea, schäm dich nicht.« Ich winke lächelnd ab. »Lass sie, als Kind war ich genauso.« Meine Mutter stimmt mir grummelnd zu und ich unterdrücke das Bedürfnis meine Augen zu verdrehen. »Babi.«, murmelt sie aufgeregt. Agon schubst Dea leicht nach vorne und meine Augen weiten sich, als sie plötzlich ein Blumenstrauß mit weißen Petunien aus ihrem Rücken zieht.

»Per ty.«, murmelt sie mit roten Wangen und süßen kindlichem Akzent.

Ich erstarre. Für mich? Das passiert gerade nicht wirklich? Die Worte bleiben mir im Hals stecken und mein Herz macht viele kleine Saltos. Unfassbares Glück küsst meine Seele und das Atmen fällt mir schwer. Tränen sammeln sich in meinen Augen, die ich schnell weg blinzle. »Faleminderit.«, flüstere ich lächelnd. Dea strahlt übers ganze Gesicht und umarmt mich fest, was ich ebenso fest erwidere. Mein Herz tobt in meiner Brust. »Woher wusstest du das Petunien meine Lieblingsblumen sind?«, frage ich tränenlächelnd und drücke sie enger an mich. »Geheimnis.«, flüstert sie.

Meine Augen finden Agon's.

Er ist der Einzige der weiß, dass ich weiße Petunien liebe. Es war früher eine kleine Tradition, dass er mir jeden Sonntag eine Petunie schenkt. Abgesehen davon hat er mir immer eine einzelne Petunie geschenkt, wenn er wusste, dass ich sauer war. Es war seine Art sich zu entschuldigen. Damals fand ich es unfassbar niedlich. Ich habe seine Liebessprache verstanden und wertgeschätzt. Heute aber trifft es ein wunden Punkt in meinem Herzen, ein Punkt, der im Schatten verborgen lag.

TränenblindWhere stories live. Discover now