22 Könnt Ihr mal an was anderes denken ?

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Tom suchte sich eine Zugverbindung zum Düsseldorfer Flughafen heraus und musste feststellen, dass er schon am Samstagnachmittag losfahren musste, wenn er den Flieger nach Paris am Sonntagmorgen nicht verpassen wollte. Kleinlaut fragte er seinen Vater, ob er ihn nicht vielleicht hinbringen könnte, zumal er so den Politiker Przybilski treffen könnte.

„Natürlich fahre ich Dich zum Flughafen," sagte Toms Vater. „Das lasse ich mir doch nicht entgehen, den Herrn Przybilski kennenzulernen."

So kam es am Sonntagmorgen um neun in der Düsseldorfer Abflughalle zu dem denkwürdigen Treffen der Väter. Nach der Begrüßung nahm Bilski Tom beiseite:

„Wenn Ihr zurückkommt, lasse ich Euch in Köln abholen. Wir treffen uns dann im Kanzleramt mit dem Mann vom Geheimdienst, und am Abend bringt Dich jemand nach Hause."

„Ich würde gern in Bonn bleiben, ich hab ja nichts mehr zu tun. Dann kann ich einen alten Bekannten treffen. Gelegentliche Besuche erhalten die Freundschaft."

„Kein Problem, dann bringen wir Dich eben am Mittwoch zurück."

Als die beiden jungen Männer dem Aufruf ihres Fluges nach Paris nachkamen, meinte Przybilski:

„Ich habe Hunger. Hoffentlich gibt's hier ein anständiges Frühstück. Kommen Sie mit, Sie sind bestimmt auch hungrig."

In einem überteuerten und vielleicht deshalb fast leeren Restaurant bestellten der Politiker und der Sauerländer Buchhalter ein englisches Frühstück und Kaffee.

„Ich war etwas erstaunt, dass Sie sich von meinem Sohn duzen lassen," eröffnete Toms Vater das fällige Gespräch.

„Wir haben mal lange zusammen im Flugzeug gesessen," antwortete Bilski nebulös.

„Haben unsere Kinder es nicht gut? Ein Wochenende in Paris! Ich war noch nie in Paris."

„Wieso Paris? Da steigen sie ja nur um."

Tom Vater schaute den Poltiker entgeistert an:

„Umsteigen? Wohin?"

„Nach Libyen, wissen Sie das nicht?"

„Libyen? Was macht Tom schon wieder in Libyen? Und dann für ganze zwei Tage! Mich würden da keine zehn Pferde hinkriegen."

Bilski ahnte, dass sein Gegenüber viel weniger über seinen Sohn wusste als er. Er benutzte die Standardausrede:

„Ich kann Ihnen dazu nicht viel sagen – die Reise unterliegt der Geheimhaltung. Tom hat ein erstaunlich enges Verhältnis zu Oberst Gaddafi. Er fliegt im Auftrag der Bundesrepublik."

„Wie bitte? Wir haben vor ein paar Monaten erst erfahren, was da in Griechenland abläuft. Hätte die Mutter von einem Jungen aus Nürnberg nicht mit meiner Frau telefoniert, wüssten wir wahrscheinlich noch nicht einmal von Toms Verlobung. Manchmal glaube ich, mein Sohn führt ein Doppelleben."

„Wenn's nur ein doppeltes wäre...," seufzte Bilski. „Ich verrate Ihnen mal was, von Vater zu Vater. Ich habe alles versucht, Tom statt zur Bundeswehr als Aushilfslehrer nach Griechenland zu schicken. Wir hätten dafür gesorgt, dass seine Kriegsdienstverweigerung anerkannt wird. Nein, macht er nicht. Ich mache mir Sorgen um ihn. Und neuerdings um meinen Jüngsten auch. Da haben sich zwei gesucht und gefunden."

„Moment mal, wieso wollen Sie nicht, dass er zum Bund geht?"

„Weil ich Angst habe, Tom meint allen Ernstes, er könnte mit unseren Geheimdiensten Katz und Maus spielen."

Einige Minuten lang kehrte Schweigen ein. Das Frühstück war sehr original englisch: es kam fast kalt an. Der Kaffee war auch keine Offenbarung.

„Was die einem für zwölfachtzig zumuten, ist eine Frechheit," beschwerte sich Bilski. „Da lob ich mir doch das Frühstücksbuffet auf dem Schiff nach Ägypten."

Die richtigen Leute Band 5: Nikos ToursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt