25 Herr Minister braucht Urlaub

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Auf dem Flug hatten Tom und Billy genug Zeit, um die Situation im Nahen Osten und Griechenland zu debattieren. In vielem waren sie sich einig, aber es gab einen Punkt, der Billy sauer aufstieß:

„Mir ist Euer Verhältnis zur Gewalt nicht ganz klar. Ich bin strikter Pazifist, und das sieht bei Euch nicht so aus. Ich meine jetzt weniger, dass Ihr Euch aus lauter Spaß in die Fresse haut, sondern mehr, dass Ihr mit der Militärdiktatur in Libyen gemeinsame Sache macht. Gerade gewaltlos sind die nicht."

„Überleg Dir das noch mal ganz genau. Ich habe Phils Vortrag letzte Nacht etwas anders verstanden. Außerdem geben wir Gaddafi nur Informationen, die ihm helfen, sich vor einem Angriff zu schützen. Und von irgendwas muss der Widerstand in Griechenland finanziert werden."

„Also, Ihr arbeitet mit einer Militärdiktatur zusammen, um eine Militärdiktatur zu bekämpfen?"

„Lass Dir mal von Deinem Vater das Wort „Realpolitik" buchstabieren. Ich kann Deine absolute Haltung nicht teilen. Erinnerst Du Dich an den Blutsonntag in Derry? Hat die IRA nicht das Recht, sich zu wehren?"

Billy mochte diesen Gesprächsverlauf nicht.

„Ist das hier jetzt der Gewissenstest? Ich habe ihn bestanden, deswegen brauchte ich nicht zum Bund. Irgendjemand wird immer meinen, er hätte das Recht, seine Wünsche mit Gewalt durchzusetzen. Gandhi sagt..."

Das war ein Fehler. Mit Gandhi war Tom vor geraumer Zeit vor die Wand gelaufen und hatte sich deshalb ausführlich informiert. Er unterbrach Billy:

„Komm mir nicht mit Gandhi. Wie vielen Menschen hat seine Gewaltlosigkeit das Leben gekostet? Seine Politik hat mehr Menschen die Heimat genommen als der 2. Weltkrieg ganz Europa."

„Das war doch nicht Gandhis Schuld. Das war eine Folge der idiotischen Regelung nach dem Kolonialismus."

„Die Gandhi vielleicht ganz gelegen kam, die er jedenfalls nicht verhindert hat, falls er das überhaupt jemals wollte. Manche sagen, er wollte lieber Indien aufteilen und Herrscher eines hinduistischen Landes sein, als die Macht über ein Gesamt-Indien, also einschließlich Pakistan, mit den Moslems zu teilen. Die Leute, die gestorben sind oder vertrieben wurden, sehen ihn vielleicht etwas anders als all die Leute im Westen, die ihn verehren."

Das Thema ließ sich in sechs Stunden nicht ausdiskutieren, und so vertagten sie es auf spätere Gelegenheiten. Um sieben Uhr abends landeten sie in Köln und wurden gleich an der Passkontrolle von zwei Zivilbeamten in Empfang genommen, die sie ohne Umschweife zu einem nah am Eingang parkenden Mercedes brachten. Eine halbe Stunde später bogen sie auf das Gelände des Palais Schaumburg, also des Amtssitzes des Bundeskanzlers, fuhren aber auf einem Kiesweg an der Villa vorbei durch den Park in Richtung auf das Rheinufer. Sie hielten vor einem Garagentor im Untergeschoss eines in der Ecke des Grundstücks versteckten Häuschens, das von hohen Bäumen überragt wurde.

Durch den Keller, in dem Gartengeräte gelagert wurden, führte man sie die Treppe hinauf in einen Raum, der eine Fensterfront zum Rhein hatte. Dunkel vertäfelte Wände, an denen einige ungelenk erscheinende Aquarelle hingen, ein großer, glänzender Edelholztisch mit sechs gepolsterten Stühlen, eine Anrichte und ein Schreibtisch mit einem Telefon schufen eine nüchterne Arbeitsatmosphäre, aber mit grandiosem Ausblick auf den Fluss und das gegenüberliegende Ufer.

Bilski, die Chefs des Inlands- und des Auslandsdienstes und der Kanzleramtsminister, den Tom aus dem Fernsehen kannte, begrüßten Tom und Billy mit Handschlag.

„Jungs, ich zeige Euch mal die Terrasse," sagte Bilski und führte sie durch einen Nebenraum auf eine Art Aussichtsplattform oberhalb des Rheinufers. Als sie außer Hörweite den Ministers und der Geheimndienstler waren, forderte Bilski Tom und Billy auf:

Die richtigen Leute Band 5: Nikos ToursWhere stories live. Discover now