Es war der eiskalte Boden. Die Fliesen am Badezimmer. Das Knarzen meines Fensters und die Stille meines Atems, die in der nächsten Nacht mich zum Albtraum verführten. Ein Albtraum der nichts anderes repräsentiert als mein einsames Leben. Ein Albtraum in dem ich aufwache, wenn ich weiter schlafen möchte. Ein Albtraum, wo mir die Wunden ins Gesicht gehalten werden. Wo die Narben nie verblassen. Wo die Liebenden dich verlassen und die toten dich heimsuchen. Es ist mein Leben, mein Alltag, meine Bestimmung und mein Herz welches mein Albtraum widerspiegelt. Meine Seele die sich nach meinen Träumen sehnt und meine Tränen, die um sie weinen. Ich bin gefangen zwischen Träumen und kann nicht mehr unterscheiden, was Real und was Illusion ist.

»Das ist nicht so wichtig.«, murmle ich nachdenklich. Das ich diese Mietwohnung langsam nicht mehr zahlen kann ist nebensächlich. Ich fahre mir durch die Haare schüttle unmerklich mein Kopf. »Der Kaffee ist das Einzige, was Sie zu mir führt?«, frage ich mit einem belustigen Unterton und Frau Köhn schüttelt ihren Kopf. Sie legt ihre Tasse auf den Tisch und sieht mich ernst an. Was ist denn jetzt los? Habe ich irgendetwas getan? Sie verschränkt streng ihre Arme. »Wegen dem Vorfall ...« Ich verspanne mich. Ich möchte an alles anderen denken, aber nicht an das. Sowohl Adem als auch Agon haben mir geraten die Therapeutin auf der Visitenkarte anzurufen, doch irgendwie traue ich mich nicht. In der letzten Woche hagerte ich oft am Telefon, tippte die Ziffern ein und löschte sie wieder. Etwas hindert mich und ich weiß nicht was es ist. Es würde mir gut tun, aber vielleicht möchte ich gar nicht, dass es mir gut geht. Sie seufzt.

»Odesa, mein Kind.« Mit geweiteten Augen sehe ich in ihre. Mein was? Ihre Augen strahlen eine Ruhe aus, die ich von der verhassten Dame nicht gewohnt bin. Eine Gänsehaut bildet sich auf meinem Oberarm. Große Fältchen befinden sich unter ihren Augen. Sie hat nicht geschlafen. »Ich spreche über den anderen Vorfall, über die Nacht.« Ich zucke leicht zurück. Schnell blinzle ich. »Was soll damit sein?«, kommt es schrill von meinem Hals. Sie schnalzt mit der Zunge. »Es ist nicht üblich für mich, dass eine junge Frau nachts vor meiner Haustür auftaucht und um eine Bleibe bittet.« Ich beiße mir auf die Zunge, bevor ich etwas sage was ich bereue. »Ich habe mich mehrmals dafür entschuldigt.«, setze ich leise an. Plötzlich übertrifft mich ein großes Schamgefühl. Meine Haut fängt an zu jucken bei dem Gedanken an diese Nacht. »Darum geht es nicht.«, sagt sie harsch und ich zucke zusammen.

Unwohl verkrampfe ich mich. Ich sehe wie Frau Köhn versucht sich zusammenzureißen, sanft zu sein um in Ruhe mit mir darüber zu sprechen. Doch das ist nicht ihre Art. »Die Sachen, die du in dieser Nacht von dir gegeben hast, die waren besorgniserregend.« Ich balle meine Hände zu Fäusten. »Das ist über zwei Monate her. Ich verstehe nicht warum wir diese Sache noch thematisieren?« Ich stehe auf. Ich muss mich ablenken. Frau Köhn wirft mir ein harten Blick zu. »Hinsetzen und zuhören, sofort!« Genervt beiße ich mir auf die Lippe. Ich erwidere Frau Köhn's harten Blick, doch erkenne mich schnell niedergeschlagen. Widerwillig setze ich mich wieder hin. »Ich habe Bedenken.« Bedenken, die ich nicht hören möchte. Ich seufze. »Welche?«, frage ich. Ich bin müde von diesen Gesprächen. »Du hast die ganze Zeit gemurmelt, dass er weiß wo du wohnst und wo du arbeitest.« Meine Augen verengen sich.

Was möchte Frau Köhn mir damit sagen? Sarkastisch pruste ich auf. »Das meinen Sie doch nicht ernst?«, erwidere ich ungläubig. Frau Köhn zieht ihre Augenbrauen zusammen. »Ein Monat später und jemand überfällt ihre Bäckerei. Halten Sie das für ein Zufall?« Völlig entrüstet lehne ich mich leicht zurück. Das kann nicht wahr sein. Das kann nicht stimmen. Sie möchte mir nur noch mehr Angst machen. Mehr Paranoia wie Gas in ein Auto füllen. Ich schüttle hart den Kopf. Warum sprechen wir noch darüber? »Ich möchte kein Wort mehr hören.« Abrupt stehe ich auf und Frau Köhn folgt meiner Tat. »Odesa, seien Sie doch realistisch. Sie wissen ich habe recht.« Wütend knirsche ich mit den Zähnen. »Ich denke Sie sind meine Kundin, nicht mehr und nicht weniger. Verlassen Sie meine Wohnung.«, platzt es mir raus. Frau Köhn hält sich bestürzt an die Brust. »Odesa, ich—«  »Sofort!«, schreie ich. Meine Unterlippe zittert und meine Brust bebt. Sie versteift sich. Für wenige Sekunden ist es still. Ich kann das alles nicht mehr! »Na schön.«, blafft sie. Mit eiligen Schritten läuft auf sie auf die Tür zu und dann klingelt es plötzlich.

TränenblindWhere stories live. Discover now