"Du willst mich scheiden und dann? Was willst du danach machen? Hör auf Dalya. Diese ganze scheiße hat dein Vater und deine Mutter abgezogen. Du bist so rein und hast mit diesen Sachen gar nichts zu tun. Wenn wir uns scheiden Dalya, wird dein Vater und Selim dich kaputt machen. Glaub mir. Ich kenne beide sehr gut und anstatt, dass sie dich kaputt machen, kannst du sie mit mir kaputt machen", sprach er und sah mir sicher in die Augen.
"Yekta, ich kann das nicht", brachte ich schwach raus. "Bestimmt hasst mich deine Tante jetzt."
"Warum sollte sie?", fragte mich Yekta.
"Yekta, ich hasse mich selber. Warum soll sie mich nicht hassen? Überhaupt du musst mich zugrunde hassen."
"Tu ich aber nicht", sagte er und sah mich an.
"Es ist alles so unglaublich ekelhaft."
"Lass dein Vater und Selim pleite machen", sagte Yekta wieder.
"Wie willst du das schaffen?", fragte ich.
"Ganz einfach. Du darfst aber dich nicht scheiden lassen, ansonsten denken sie, dass sie gewonnen haben."

Ich sah zu Yekta un merkte, wie sehr er es wollte. Wenigstens sollte er das erreichen. Ich nickte leicht und sah ihn an. Yekta näherte sich und wollte mich küssen, doch ich entfernte mich. Yekta sah mich kritisch an.

"Sag mir jetzt nicht, dass du mich immer abweisen wirst", sprach er.
"Werde ich nicht, keine Sorge. Doch ich brauche gerade Zeit, dass alles zu verarbeiten", sprach ich und setzte mich auf die Bank.
Yekta nickte knapp und setzte sich hin.
Ich fragte mich, wie seine Eltern starben und auch warum Yekta's Bruder jahrelang im Koma lag. Es gab immer noch Lücken.

Ich hatte schon unerträgliche Kopfschmerzen bekommen. Es war alles so schlimm für mich. Die Leute, die ich als meine Eltern sah, waren Monster. Schlechte Menschen waren sie. Ich wünschte mir so sehr, dass sie mich früher bemerkt hätte und nicht im 3. Monat und mich sofort abtreiben lassen sollte. Dann müsste ich die ganzen Sachen nicht miterleben. Ich sah kurz zu Yekta und sah ihm die ganze Trauer und Wut an. Mein Vater und Selim waren nur daran Schuld, dass er mit Hass gefüllt war. Kein anderer.

"Es tut mir leid", murmelte ich und schon kamen die Tränen.
"Hör auf so zu tun, als würdest du das alles gemacht haben", sprach er wütend aus und sah mich an.

Ich erwiderte nichts.
Mein Handy klingelte und ich sah drauf. Es war Aleyna. Zögernd ging ich dran.

"Ja?", meldete ich mich zu Wort.
"Yenge, wo seid ihr? Mir ist so langweilig", sprach sie und ich lächelte, da ich echt aus ihrer Stimme hörte wie sehr sie sich langweilte und Nermin Teyze hinten am meckern war.
"Wir sind mit Yekta unterwegs. Wir kommen gleich", sprach ich.
"Okey macht schnell", sagte sie und wir legten auf.

Yekta sah mich mit einem kritischen Blick an.

"Aleyna", brachte ich nur heraus. Er nickte und stand auf. Ich tat ihm dasselbe und wir liefen zum Auto. Immer noch saß der Schock tief. Im Auto sah ich in den Spiegel und merkte wie schlimm ich aussah. Ich sah weg vom Spiegel und sah aus dem Fenster raus. Während der Fahrt sprach keiner. Diese Stille war angenehm. Ich hatte echt keine Lust zu sprechen. Als wir ankamen stiegen wir aus und liefen rein. Aleyna sah ich im Wohnzimmer sitzen und begrüßte sie. Zum Glück war ich nicht mehr so rot, sodass sie nichts merkte. Ich fragte nach Nermin Teyze und sie sagte, dass sie oben im Zimmer sei. Ich nickte und sah die fragenden Blicke von Yekta, als ich das Wohnzimmer verließ. Er kam mir hinterher und packte mich am Arm.

"Was willst du bei meiner Tante?", fragte er.
"Ich möchte mich bei ihr entschuldigen."
"Warum das?", fragte er mich etwas wütend und zog seine Augenbrauen zusammen.
"Lass mich los", sprach ich und nach langem hin und her, entzog er sich von mir und sah mich wütend an. Ich lief schnell die Treppen hoch und kam am Gästezimmer an. Ich atmete noch einmal tief ein und aus und klopfte gegen die Tür. "Herein", ertönte ihre Stimme. Ich ging langsam rein und sah sie an. Sie sah mich an und lächelte leicht. Ich lief mit langsamen Schritten zu ihr und sie stand vom Bett auf. "Hat er es dir erzählt?", fragte sie mich und ich nickte. Ich sah beschämt auf den Boden und eine Träne glitt über meine Wange. "Ich... Also... Ich wollte mich entschuldigen. Wirklich. Es tut mir so leid. Ich wusste nicht, dass meine Eltern so schlechte Menschen waren. Zwar liebten sie mich nie, doch ich dachte echt nie, dass sie soweit gehen würden. Ich meine Sie haben ihr Bruder und ihre Schwägerin wegen meinen Eltern verloren. Vielleicht sogar auch ihr Neffe. Ich weiß es nicht, doch es tut mir so unglaublich Leid. Ich würde auch verstehen, wenn Sie nicht wollen würden, dass ich immer noch mit Yekta verheiratet bin. Ich würde mich auch scheiden lassen. Ich würde nie den Mut haben, gegen Sie etwas zu sagen, denn das ist ihr Recht. Ich würde es auch verstehen, wenn sie mich nicht mögen und auch den Kontakt zu ihrer Tochter verbieten. Wirklich. Ich würde alles verstehen und akzeptieren, denn das was Tarik Özcan ihrer Familie angetan hat, ist schlimm und ich sehe es nicht ein. Doch ich verspreche ihnen, dass er das alles büßen wird. Auch wenn ich kein Teil mehr der Familie Haznedaroglu wäre."

Meine Tränen hatten schon längst den freien Lauf und ich sah in das ernste Gesicht von Nermin Teyze. Sie sah mich ausdruckslos an. Ich schämte mich so sehr, weshalb ich auf den Boden sah. Auf einmal spürte ich Arme um meinen Körper. Nermin Teyze strich mir behutsam auf den Rücken und ich weinte bitterlich auf. Sie durfte doch nicht so nett sein. Sie sollte mich verabscheuen. Warum machte sie es nicht? Es war ihr Recht. Als sie sich von mir löste, sah ich sie an und merkte, dass sie auch paar Tränen verlor. "Setz dich", sprach sie und wir setzten uns auf ihr Bett. Sie legte ihre Hand auf meine Hände, die verschränkt auf meinem Schoß lagen. Sie sah mich lächelnd an und strich meine Haarsträhne hinter mein Ohr.

"Dalya, es waren deine Eltern, die das getan haben. Als sie das alles gemacht hatten, warst du noch klein und rein. Es wäre unverschämt von mir, dich auch zu beschuldigen. Du hast keine Schuld. Hör auch auf dich zu Entschuldigen. Du hast nichts falsches getan und ich bin auch froh darüber, dass du zu uns gehörst. Ich habe dich wie meine eigene Tochter ins Herz geschlossen", sprach sie und sah mich lächelnd an. "Ich würde dich gerne etwas fragen." Ich sah sie auffordernd an. "Wie ist dein Verhältnis zu deinen Eltern?" - "Schlecht. Mehr als das. Sie wissen, dass Yekta mich nicht aus Liebe geheiratet hat. Er hat mich gekauft. Wie sehr müssen die eigenen Eltern die eigene Tochter hassen, um sie zu verkaufen? Sie wollten mich schon im Bauch meiner Mutter nicht. Sie wollten mich abtreiben, doch es war zu spät. Meine Mutter hatte es erst im 3. Monat erfahren. Seit meiner Kindheit, habe ich keine Liebe von ihnen zu spüren bekommen. Meine Eltern waren nur auf das Geld fixiert. Wir hatten türkische Nachbarn. Ich war immer bei ihnen und habe mit deren Tochter gespielt. Doch als ich 13 wurde, sind sie umgezogen und ab da merkte ich eigentlich, wie schlimm es zuhause war", sprach ich und sah zu ihr.
"Und wie ist das Verhältnis zwischen dir und Yekta?", fragte sie mich. Ich zuckte nur mit den Schultern.

"Wir sind nicht wie ein normales Paar. Er erzählt mir nichts und auch keine Liebe ist zwischen uns, doch ich fühle mich hier wohler als zuhause."

Nermin Teyze sah mich traurig an und umarmte mich von der Seite.

"Seh mich wie deine eigene Mutter Dalya. Hör auf so zu tun, als wäre ich eine Fremde. Ich sehe dich auch wie meine eigene Tochter", sprach sich. Ich lächelte sie an und nickte. "Danke."

Wir liefen gemeinsam runter und eine gelangweilte Aleyna und ein genervter Yekta saß da. Ich musste lachen als ich sie dort so sah. Auch Nermin Teyze lachte. Man merkte, dass beide die Nase voll hatten voneinander. "Endlich!", schrie Aleyna. "Dein Mann ist so langweilig, Yenge. So schlimm war er nicht einmal als er ein Kind war." Ich musste lachen und wir setzten uns hin. Yekta warf ein Kissen auf Aleyna und sah sie mahnend an. "Der war so schlimm als Kind. Macht einfach keine Kinder, sonst enden sie wie er und das möchtest du nicht. Glaub mir!", sprach Aleyna und ich lächelte leicht.
"Warum das?", fragte ich.
"Aleyna, schnauze jetzt", sprach diesmal Yekta.
"Ich gebe dir mal ein Beispiel. Du musst ja wissen, was für ein Fan er von Autos ist. Und er hatte diese kleinen Spielautos. Er hatte so ein Auto, was ein etwas älteres Automodell war. Er hat damit keinen spielen lassen. Er hat so gegeizt. Er hat das sogar so in einer Schachtel aufbewahrt gehabt. Yagiz abi und ich hatten es genommen, als er mal nicht zuhause war und wollten damit spielen. Doch haben es ausversehen kaputt gemacht. Er hat Tagelang geweint und sprach mit uns Monatelang kein Wort. Er ist verrückt."

Ich lächelte leicht und sah zu Yekta, doch er stand wütend auf und verließ das Haus.

"Ist er immer noch wütend deshalb?", fragte Aleyna ahnungslos und sah geschockt zu uns.
"Aleyna, es war ein Geschenk von seiner Mutter", sprach Nermin Teyze.
"Oh", gab sich Aleyna von sich. "Das wusste ich nicht. Jetzt fühle ich mich schuldig."

Wir redeten noch eine Weile und ich lief hoch ins Zimmer mit der Ausrede, dass ich duschen gehe. Ich lief hoch und schon ging ich auf die Bettseite von Yekta und öffnete die Schublade seines Nachttischs. Dort sah ich einen etwas größeren Kasten und holte es raus. Ich öffnete es und schon erschien ein Kinderspielzeugauto. Diese Nachtschränke sind echt die billigsten Versteckplätze, dachte ich mir. Es war weiß und ein älteres Automodell, wie Aleyna schon sagte. Es war wie gesagt etwas kaputt. Ich fotografierte es schnell, da ich von unten Yektas Stimme hörte und legte sie wieder in die Schublade rein. Ich stand sofort auf und tat so als ob ich die Bettwäsche richtete. Genau da kam er rein und sah mich kurz an. "Was machst du?", fragte er komisch und ich richtete mich auf. "Nichts, habe die Bettwäsche gerichtet", sprach ich und lief an ihm vorbei. Ich dankte Gott, dass er mich nicht erwischt hatte, wie ich in seine Schublade durchgesucht hatte, sonst würde er ausrasten.

Dalya.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt