08 | Tag X

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TAG X

Die Stille verantwortete, dass ich das Pochen meines eigenen Herzens hörte. Mein Atem war erstaunlich kontrolliert und ruhig, aber beim Anziehen der schweren Militärsuniform zitterten meine Hände und das beklemmende Drücken in meiner Brust, war nicht zu ignorieren.

Es ging los.
Heute.

Ich betrachtete mich im Spiegel, legte ein besonderes Augenmerk auf den funkelnden Ring an meinem Finger und schob das Bild unserer Hochzeit in meine Hosentasche.

,,Für Rio", murmelte ich entschlossen.

,,Bist du fertig?"
Nairobi klappte den Koffer zu und vergewisserte sich, dass alles gut verstaut wurde.

Ich nickte. ,,Ich bin bereit."

•••

Unten erwarteten uns ein Haufen Nervenbündel. Tokyo ging mit starrem Blick den Flur auf und ab und führte leise Selbstgespräche. Der Professor las die Materiallisten durch und fragte jeden, ob alles dort war, wo es sein sollte und Denver und Stockholm diskutierten angeregt über Cincinatti.

Die Autos, die uns zum Flugzeug brachten, parkten schon vor dem Haus. Darunter auch der Wohnwagen für den Professor und Lissabon, die uns nicht in die Bank begleiteten, sondern draußen die Stellung hielten.

Die wichtigsten Geräte, die Pumpe zum Beispiel, stand schon seit etwa einer Woche in einem Lagerraum in Madrid, von wo wir auch die Mission starteten.

,,Kommt alle zusammen", bat der Professor und wartete, bis wir einen Kreis bildeten. Ich blickte jetzt in angespannte, aufgeregte, aber sehr entschlossene Gesichter.
Nairobi forderte uns zu einer letzten Gruppenumarmung auf, also legte ich die Arme um ihre und Denvers Schultern. Der Professor sah in die Runde. ,,Wir sind den Plan viele Male durchgegangen. Die Regierung ist davon überzeugt, dass niemand dazu in der Lage ist, das Gold zu stehlen. Ich behaupte das Gegenteil. Wir schon. Wir sind dazu in der Lage."

Der Professor legte Überzeugung in seine Worte. Er besaß die einzigartige Gabe, Unmögliches so einfach wie Radfahren klingen zu lassen.

,,Ich bin stolz auf jeden Einzelnen von euch", fuhr er fort, ein zuversichtliches Lächeln zierte seine Lippe. ,,Mein Bruder hat einst gesagt, dass eine Mission nur gelingen kann, wenn man daran glaubt. Ich habe seine Idee perfektioniert und geglaubt, dass es reicht, einen meisterhaften Plan zu haben, aber er hatte Recht. Der Überall auf die Banknotendruckerei ist uns gelungen, weil wir nie aufgegeben haben. Ein Plan ist nur so gut wie die Menschen, die ihn ausführen."

,,Also ich bin überzeugt davon, dass wir es rocken werden", brach Nairobi als Erste das darauf folgende Schweigen.

,,Ich auch", Ich folgte ihrem Beispiel.

,,Scheitern steht außer Frage", meinte Helsinki nickend.

Tokyo, die neben dem Professor stand, lächelte ihn breit an. ,,Erinnern Sie sich daran, was ich vor ein paar Tagen zu Ihnen gesagt habe, wieso wir alle mitmachen? Wir vertrauen Ihnen. Wenn drinnen alles zusammenbricht wissen wir, dass Sie draußen sind und uns nicht aufgeben."

,,Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um euch da rauszuholen", stimmte der Professor ihr zu. ,,Vergesst nicht: Wir sind der Widerstand."

Nacheinander verabschiedeten wir uns vom Professor und Raquel. Tatsächlich fiel mir der Abschied von Raquel schwerer, als ich erwartete. Sie war zu einer wichtigen Bezugsperson geworden. Die einzige aus dem Team, mit der ich ohne schnippische Kommentare über mein altes Leben und meine Eltern sprechen konnte.

Jetzt trennten sich unsere Wege, ungewiss, wann und ob wir uns wiedersehen.

,,Wir sehen uns, Professora", verabschiedete ich mich nach einer letzten Umarmung und stieg hinter Nairobi ins Auto.

Criminal Passion [2] ˡᵃ ᶜᵃˢᵃ ᵈᵉ ᵖᵃᵖᵉˡWhere stories live. Discover now