17 | Kontrollverlust

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,,Nein. Ihr werdet mich umbringen!"
Nairobis ängstlich verzerrte Stimme gab mir den letzten Rest. Wir verloren wertvolle Zeit, aber sie verdiente es, selbstbestimmt über ihr Schicksal zu entscheiden. Es brach mir das Herz. ,,Schickt mich nach draußen. Ich werde freiwillig ins Gefängnis gehen. Bitte. Bitte."

,,Das kommt nicht infrage", gab Denver als Erster seine Meinung zum Besten und bot ein zugegeben gutes Argument an, um Nairobi ihren Wunsch auszuschlagen: ,,Die wollten mit einem verdammten Flammenwerfer auf uns losgehen!"

,,Wenn Nairobi nach draußen möchte, werde ich sie eigenhändig rausbringen. Es ist ihre Entscheidung", hielt Tokyo dagegen an und trat an Nairobis Seite.

Ich hörte nicht mehr zu, wie meine Komplizen miteinander diskutierten, hing in meinen eigenen Gedanken fest und hielt Nairobis Hand. Die anderen wollten mich davon überzeugen eine Pause zu machen, aber ich weigerte mich vehement, ihr von der Seite zu weichen.

Das Einrasten der Pistolen holte mich in die Gegenwart zurück. Es war ein einziges durcheinander und der Fokus war längst verloren. Ich wischte mit dem Ärmel über meine tränenverschmierten Augen und holte tief Luft. ,,Ist es schon so weit? Sollen wir uns gegenseitig bekriegen?" Aufgrund dieser Sinnlosigkeit die Gewehre auf die eigenen Komplizen, die eigene Familie zu richten, hasste ich jegliche Art von Waffen. Es brachte uns nicht voran. ,,Lasst sofort diese scheiß Pistolen fallen! Können wir nicht einmal wie zivilisierte Menschen miteinander diskutieren?"

Wenigstens hörten sie mir alle zu. Gut. Wir drehten gerade alle durch, aber damit halfen wir Nairobi nicht.

Schweren Herzens fällte ich eine Entscheidung, die ich persönlich für die Richtige hielt. Der Überfall und unsere Widerstandserklärung an den Staat gingen mir momentan am Arsch vorbei. ,,Wir werden nicht gegen ihren Willen entscheiden. Es ist ihr Leben und ihre verdammte Entscheidung. Wenn Nairobi ins Krankenhaus möchte, dann soll es so sein. Und ich... werde mit ihr gehen."

Die fassungslose Reaktion der anderen kam nicht unerwartet. Ließ ich meine Komplizen damit im Stich? Ja, vielleicht. Wenn Nairobi ausfiel war ich für das Gold verantwortlich, doch dass es wirklich so weit kam hätte ich nie vermutet. Aber ich meinte das absolut ernst und es kam keineswegs aus einer Laune heraus, die ich später bereute. Für kein Gold der Welt ließ ich Nairobi alleine ins Gefängnis gehen. Lieber saß ich für den Rest meines Lebens mit ihr in einer ranzigen Zelle, als auch nur einen Tag in Freiheit ohne sie zu verbringen.

,,Auf keinen Fall", flüsterte Nairobi schwer atmend. ,,Du bleibst schön hier und passt auf, dass diese Idioten sich nicht gegenseitig ermorden."

,,Nein. Ich lasse dich nicht allein. Nur deinetwegen - und natürlich Rio zuliebe - bin ich in dieser verdammten Bank. Bevor wir reingegangen sind habe ich mir selbst geschworen, diesen Ort nicht ohne dich zu verlassen. Niemals."

,,Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?!" Endlich kehrte Palermo nach einem Telefonat mit dem Professor zurück. Selbst in seinen Augen glitzerten Tränen und er wirkte geknickt. Das bedeutete nichts Gutes. Ich wusste nicht, ob ich heute noch mehr schlechte Neuigkeiten ertrug. ,,Glaubt ihr, die Polizei wird Nairobi mit offenen Armen empfangen, wenn wir sie rausschicken? Sie haben sie in einen Hinterhalt gelockt und ihren Sohn eingeflogen, um sie zu erschießen! Nairobi setzt keinen Fuß vor diese Tür - leitet das Betäubungsmittel ein. Sofort!"

Er legte das Funkgerät ab und fuhr durch seine kurzen Haare. Zwar redete er sich in Rage, aber die folgenden Worte verkündete er ruhig und bitter. ,,Es wird kein Begrüßungskomitee geben. Denen da draußen ist egal, ob Nairobi überlebt und wisst ihr auch warum? Während wir ihren hinterhältigen Angriff abgewehrt haben, wurde Lissabon auf ihren Knien exekutiert. Sergio hat alles mit angehört"

Criminal Passion [2] ˡᵃ ᶜᵃˢᵃ ᵈᵉ ᵖᵃᵖᵉˡHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin