02 | Palawan

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Klatschnass, weil Helsinki unsere Mitfahrgelegenheit im Meer versenkte, statt draußen zu parken, kletterte ich an Bord des kleinen Bootes, auf dem die restliche Truppe schon versammelt stand.

,,Das hat Spaß gemacht, Helsi!", Nairobi steckte sich sie Sonnenbrille ins Haar und half dem dritten im Bunde, an Bord zu klettern.

Mein schneeweißes Sommerkleid klebte nun durchsichtig an meiner Haut, die Schuhe zog ich sofort aus. Der Fahrtwind war etwas kalt, aber das Adrenalin von unserer spontanen Badeaktion raste immer noch noch meine Adern. ,,Huii, mit euch wird es nie langweilig."

,,Das machen wir nochmal", verkündete Nairobi inbrünstig.

,,Wenn du tauchen gehst und unser Fahrzeug wieder aus dem Wasser holst...", sagte Helsinki grinsend.

Wir widmeten uns unseren Freunden. Denver umarmte mich zuerst, Tokyo sprang an Nairobi hoch und Helsinki zerquetschte den Professor fast mit seiner Umarmung. Ich begrüßte alle und gesellte mich als letztes zu Monica, an die ich nicht richtig rankam, weil sie ein Kleinkind auf dem Arm trug. ,,Verdammt, er ist ja schon riesig! Wie heißt er?"

Monica lächelte und strich sich eine blonde Locke aus dem Gesicht. ,,Das ist Cincinnati."

Cinci... was?

Den außergewöhnlichen Namen versuchte sie gerade zu erklären, als Nairobi aussprach, was mir aufgrund der umfangreichen Wiedersehensfreude erst nachträglich auffiel. ,,Wo ist Rio? Ich muss den kleinen Mann auch noch in den Arm nehmen!"

Aus irgendeinem Grund sank die Laune an Bord plötzlich erheblich. Tokyo starrte erstaunlich ruhig auf ihre Füße und der Professor räusperte sich nervös. ,,Das erkläre ich euch später."

Später. Damit meinte er das Essen, bei welchem palawanische Spezialitäten serviert wurden. Seit wann kochte der Professor? Es schmeckte jedenfalls köstlich, aber neben der ausgelassenen Stimmung am Tisch hing immer noch die Frage im Raum, wieso ein Platz unbesetzt blieb.

,,Also Tokyo, wo ist Rio? Hast du ihn abserviert?", mir fiel keine andere plausible Erklärung für seine Abwesenheit ein als die offensichtliche: Dass Tokyo ihn nach ein paar gemeinsamen Jahren stehenließ.

,,Rio wird nicht kommen", Tokyo stocherte lustlos in ihrem Essen herum und verhielt sich ungewohnt still.

,,Warum nicht?", stellte Nairobi als erste die Frage, die sich die anderen nicht zu stellen trauten.

Rio gehörte zu meinen besten Freunden, weil wir nur wenige Jahre auseinander lagen und er einem das Gefühl gab, über alles sprechen zu können. In Argentinien dachte ich oft an ihn. Innerlich hatte ich gehofft, dass seine Liebesgeschichte entgegen der Erwartungen der anderen funktionierte.

,,Sie haben ihn erwischt. Und seit über zehn Tagen gab es kein Lebenszeichen, nichts in den Nachrichten. Wahrscheinlich wird er gefoltert."

Schockiert ließ ich meine Gabel ins Teller fallen. Gefoltert? Das gute Essen schmeckte plötzlich nicht mehr und lag schwer im Magen. Automatisch suchte ich Nairobis Hand unter dem Tisch und drückte sie leicht. Ich wollte mir nicht vorstellen, dass der arme Rio gefoltert wurde. Und warum wurde er überhaupt erwischt?

,,Warum sind wir hier?", sprach Denver schließlich den Gedanken aus, den alle hatten. Dass es nicht nur ein fröhliches Widersehen war, war spätestens jetzt allen bewusst geworden.

,,Zuerst einmal aus Sicherheitsgründen. Ich konnte nicht sicher sein, ob es noch mehr Handys gab", erklärte der Professor erstaunlich ruhig und fasste die Geschehnisse zusammen. Rio und Tokyo schalteten die Handys an, von denen sie glaubten, sie seien sicher. Rio und Helsinki erwarben sie auf dem Schwarzmarkt, bevor wir uns auf alle möglichen Kontinente verteilten. Nur zur Sicherheit.

Criminal Passion [2] ˡᵃ ᶜᵃˢᵃ ᵈᵉ ᵖᵃᵖᵉˡWhere stories live. Discover now