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Seit dem Krieg waren nun vier Monate vergangen. Das neu aufgestellte Ministerium hatte uns schnell gefunden und leitet Verfahren gegen uns ein. Zu meinem Glück hatte Potter für mich und meiner Mutter ausgesagt, wodurch wir einen Freispruch bekamen. Mein Vater hatte einige geheime Treffpunkte der Todesser verraten und konnte sich so weit herauswinden, dass er lediglich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Da viele Stellen im Ministerium frei wurden, hatte ich großes Glück und bekam eine ansehnliche Position im Finanzwesen.

Es war komisch, nicht mehr Hogwarts zu besuchen, aber mir gefiel die Arbeit. Meine Eltern waren vor einigen Wochen wieder ins Manor gezogen, ich zog es vor in dem kleineren Ferienhaus zu bleiben. Es war in Erdtönen gehalten und machte einen friedlicheren Eindruck als das kalte Grau in unserem Anwesen. Außerdem konnte ich so meiner Mutter ausweichen. Sie hatte ständig das Gespräch gesucht, ich weiß, sie meinte es nur gut. Aber Blair war weg und ich würde sie nie wieder sehen. Wahrscheinlich war es so am besten für sie. Doch es war ein weiterer Grund, weshalb ich das Haus so mochte. Es war auf einer kleinen Böschung nahe dem Meer, und auf der anderen Seite wurde es von einem Wald umgeben. Einige Minuten zu Fuß fand man sich in einer kleinen Muggelstadt wieder.

Die Arbeit lenkte mich gut ab, doch sobald ich zu Hause war, drehten sich meine Gedanken einzig und alleine um Blair. Und je nachdem, wie die Sonne fiel, war es, als würde ich ihn ihre Augen schauen. Der grünlich schimmernde Wald oder der bläuliche Ozean. Ich musste zugeben, ich vermisste sie schrecklich. Ich hoffte nur, dass es ihr gut ging und sie wohl auf war. Schon einige Male hatte ich überlegt, nach Hogsmeade zu apparieren, in der Hoffnung sie dort zu treffen. Dabei war ich mir nicht einmal sicher, ob sie die Schule weiter besuchen würde. Auch spielte ich mit dem Gedanken, ihren Vater im Ministerium aufzusuchen. Doch was sollte ich ihm sagen?

Ich weiß, wir haben ihre Tochter das letzte dreiviertel Jahr gefangen gehalten und als Druckmittel benutzt, aber ich wollte fragen wie es ihr geht und ob ich mit ihr Mal was trinken gehen kann?

Wahrscheinlich würde er mich auf der Stelle umbringen.
Und so stürzte ich mich in die Arbeit, wo ich wenigstens für einen kurzen Moment alles Andere vergessen konnte. Dennoch ließ es mich nicht locker, das Verlangen danach zu wissen, wie es ihr ging, wuchs mit jedem Tag. Somit machte ich mich in meiner Pause auf, in die Abteilung für magische Strafverfolgung. Nervös lief ich den Gang hinunter, mein Herz pochte wie verrückt. Endlich sah ich die Tür mit seinem Namen. Ich klopfte und eine weibliche Stimme bat mich herein. In dem kleinen Büro saß ein Mann hinter einem Schreibtisch, doch es war nicht Mr. Winters, eine schwarzhaarige Frau räumte einige Kisten aus. Er war nicht hier.

Stumm stand ich im Türrahmen. „Können wir Ihnen helfen?", auffordernd sah mich der Mann an. Ich räusperte mich kurz. „Ich hatte gehofft Mr. Winters hier anzutreffen." Der Mann nickte. „Edgar hat letzte Woche gekündigt. Die letzten Monate haben ihm. . ziemlich zugesetzt. Aber keine Ahnung, wo er hin ist, er meinte nur weit weg von hier", er zuckte mit den Schultern und wand sich wieder seinem Papierstapel zu.
„Vielen Dank und schönen Tag noch." Ich schloss die Tür. Eine Welle der Enttäuschung machte sich in mir breit. Er war weg und damit würde auch Blair weg sein - weit weg von hier, wenn es stimmte, was er sagte. Dabei konnte ich es ihm nicht einmal verübeln, ich hätte in seiner Situation wahrscheinlich ähnlich gehandelt. Doch damit war auch der letzte Funken Hoffnung in mir erloschen.
Ich hatte sie verloren - für immer.

Am Abend saß ich in der Küche, alles um mich herum war still. Mein Blick glitt aus dem Fenster zu dem Wald. Die Sonne stand tief und somit fielen nur noch vereinzelte Lichtstrahlen auf die Bäume, sie leuchteten in einem warmen grün. Sie waren so schön wie Blairs Augen. Ein Gefühl der Frustration und Verzweiflung überkam mich, ich merkte eine Träne über mein Gesicht laufen. So weit war es nun schon gekommen. Ein Klopfen weckte meine Aufmerksamkeit. Ich wischte mir übers Gesicht und machte mich auf den Weg zur Tür, mein Herz verzog sich und betete, dass es Blair war. Was komplett absurd war, sie wusste nicht, dass ich hier war und sie würde niemals auf die Idee kommen mich zu suchen. Vor der Tür stand meine Mutter, sie hielt einen Korb in den Händen. „Ich habe dir etwas Essen mitgebracht."

Ohne mich weiter zu beachten, lief sie in das Haus hinein, direkt in die Küche. Sie brachte mir öfters etwas vorbei, auch wenn es eher ein Vorwand war, um mich sehen zu können. Ich lehnte am Türrahmen, mitleidig sah sie mich an. Ich hasste diesen Blick. „Du vermisst sie." Immer wieder versuchte sie, mit mir über Blair und all das, was zwischen uns passiert war, zu reden. Ich war es leid, es laugte mich aus und vielleicht würde sie mich in Ruhe lassen, wenn ich ihr Antworten gab. „Ja, tu ich. Und?", genervt zuckte ich mit den Schultern.

„Keine Ahnung, was du dir von diesem Gespräch erhoffst, aber sie ist weg und ich habe immer gewusst, dass wir keine Zukunft haben." Es schmerzte, diesen Gedanken laut auszusprechen. Doch es war die Wahrheit und ich musste lernen, damit klarzukommen. Mutter atmete tief aus, doch sie schwieg. Wahrscheinlich wusste sie selbst nicht, was sie darauf antworten sollte. Kurz darauf verabschiedete sie sich auch wieder. „Vielleicht wird euch das Schicksal noch eine Chance geben", lächelte sie mir zu, ehe sie apparierte. Natürlich. Und morgen würde der Weihnachtsmann vor meiner Tür stehen.

Die nächsten Tage arbeitete ich wieder mehr als alle Anderen, ich verbrachte meistens zwei bis drei Stunden länger im Büro. Meine Kollegen konnten darüber nur die Köpfe schütteln, aber mittlerweile sparten sie sich ihre Kommentare. Es war schon spät, ich hatte meinen Kopf in meinen Händen abgestützt, den Antrag vor mir las ich schon zum dritten Mal. Die Worte ergaben keinen Sinn mehr, für Heute war ich durch. Müde zog ich mein Jackett an, als es an der Tür klopfte. Es war doch schon spät geworden, wer war um diese Zeit noch hier? Mit gezücktem Zauberstab öffnete ich vorsichtig die Tür. Für einen kurzen Moment blieb mein Herz stehen, ehe ch das Gefühl hatte, es würde vor Freude zerspringen. Mit offenem Mund starrte ich sie an.

Blair.

Sie stand vor mir, sie war wirklich real. Und sie war hier. Ihr cremefarbener langer Mantel passte perfekt zu ihren Stiefeln, der weiße Rollkragenpullover betonte ihre Figur und der schwarze Rock schmeichelte ihren langen Beinen. Sie war wunderschön und sie stand direkt vor meiner Nase.

„Hi", durchbrach sie schließlich die Stille, ein schüchternes Lächeln schlich sich über ihr Gesicht. „Hey." Ich konnte es immer noch nicht glauben. „Es ist schon recht spät, aber ich hatte gehofft, dich noch anzutreffen", sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Dann drückte sie mir eine Schachtel entgegen. „Die sind für dich." Die Schachtel war weiß, in dunkelgrüner Schrift verlief ein Schriftzug quer über die Oberseite - Hope, darunter stand etwas kleiner Café of Memories. Die Situation überforderte mich, ich konnte es einfach nicht fassen, dass Blair hier war. Sie sah glücklich aus, was mich nur umso glücklicher machte. Da ich nichts sagte, fing sie unentwegt an weiterzureden.

„Meine Mum hatte immer diesen Traum von einem eignen Café und da mein Dad nicht mehr für das Ministerium arbeiten will, hat er ihren Traum jetzt erfüllt. Sie haben früher oft miteinander gebacken und ihm tut das ziemlich gut, hätte nie gedacht, dass er darin so aufgeht", sie artikulierte wild mit ihren Händen, sie war nervös. Dann fielen mir die Worte meiner Mutter wieder ein.

Vielleicht wird euch das Schicksal noch eine Chance geben.

Das hier war diese Chance. Ohne weiter nachzudenken, überbrückte ich die wenigen Zentimeter zwischen uns und zog Blair in eine Umarmung. Ihr Duft umhüllte mich, ich schloss die Augen und drückte sie fester an mich. „Ich bin so froh, dich zu sehen", platzte es aus mir heraus. So viele Gefühle waren für mich immer noch ungewohnt, aber in ihrer Nähe fühlte sich alles so gut an. Langsam ließ ich sie wieder los, eine leichte Röte war auf ihrem Gesicht erkennbar. Ich musste lachen. „Ich hab dich auch vermisst . . Draco", brachte sie kleinlaut heraus. Der Klang meines Namens aus ihrem Mund war wie eine wundervolle Melodie. Für einen Moment standen wir einfach da, jetzt war alles so zwanglos zwischen uns und anscheinend wussten wir beide nicht genau damit umzugehen. „Hast du Hunger?", fragend sah ich sie an. Sie nickte und ich nahm ihre zierliche Hand in meine. „In der Nähe gibt es einen klasse Italiener." Und so verließen wir Hand in Hand das Ministerium und verbrachten einen wunderschönen gemeinsamen Abend.

HopeWhere stories live. Discover now