Aber Rios Sicherheit schwebte nicht in Gefahr, als er das Handy benutzte. Demnach riskieren Tokyo und Rio unser aller Sicherheit für Nichts.

Denver schlug entrüstet auf den Tisch. ,,Warum sind wir hier, Professor? Wir alle haben die Regeln akzeptiert und Rio hat sie gebrochen. Das ist sein verdammtes Problem. Ich habe ein Leben, einen Sohn."

,,Wir können ihn nicht aufgeben, Denver", mischte sich Tokyo ein.

Denvers Faust sauste auf den Tisch. ,,Sollen wir schon wieder unser Leben riskieren? Für eine zum Scheitern verurteilte Rettungsmission? Wir wissen nicht, wo er ist. Wir wissen überhaupt nichts!"

,,Er wird gefoltert, verdammt!", argumentierte Tokyo.

Der Professor schob sein Teller zurück. ,,Rio ist nicht der Erste, der einen Fehler gemacht hat. Der Einsatz auf dem Dach hat dazu geführt, dass eine Geisel angeschossen wurde, Denver. Nairobi hat den Gelddruck zu spät gestoppt, Tokyo hat den Kontrollanruf nicht abwarten wollen und die Polizisten angeschossen, Helsinki hat mich bezüglich des Autos angelogen und Sydney..." An dieser Stelle sah er mich an. ,,Sydney hat uns wegen ihrer Mutter viel Ärger bereitet. Und jedes Einzige Mal haben wir zusammengehalten. Denn gewinnen können wir nur zusammen."

Alle am Tisch - Monica ausgenommen -, fühlten sich ertappt.

,,Auch ich habe einen begangen."

Unruhiges Gemurmel entstand, als Raquel Murillo aus dem Schatten trat, sich neben den Professor stellte und erhobenen Hauptes in die Runde sah.

,,Was zum...", flüsterte Nairobi fassungslos.

Ich traute meinen Augen nicht. Raquel sah ich zuletzt, als die Serben die schreiende, um sich schlagende Inspektora aus dem Tresorraum zerrten. Niemals erwartete ich, dass ausgerechnet die gesetzestreue Raquel die Seiten wechselte.

Der Professor nahm ihre Hand. ,,Ich habe meine eigene Regel gebrochen und mich verliebt."

Was er sagte, stimmte. Rio beging einen riesigen Fehler, aber er war gewiss nicht der erste von uns. Das ungewöhnliche Traumpaar vor uns lieferte den Beweis.

Der Professor wartete, bis sich die Unruhe legte und sah zu Raquel, die das Wort ergriff. ,,Mit Rios Folterung hat der Staat den Krieg erklärt. Es verstößt gegen jedes Menschenrecht und wir können nicht dabei zusehen und es geschehen lassen. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden."

,,Ich werde Rio befreien", sagte der Professor so überzeugt, dass ich es glaubte. ,,Das schaffen wir nur gemeinsam, aber ich kann von keinem erwarten, dass er sich diesem gefährlichen Plan anschließt."

Man könnte eine Stecknadel fallen hören, so still waren wir während der Rede des Professor.

Es wunderte mich überhaupt nicht, dass er anscheinend schon einen Plan in petto hatte.

,,Es wird gefährlicher werden, es wird uns womöglich mehr abverlangen als letztes Mal, aber ich verspreche euch, dass ich niemandem im Stich lassen werde. Diese Entscheidung müsst ihr heute noch treffen, denn wir müssen schnell handeln und dürfen keine Zeit verlieren."

,,Da wären wir wieder", murmelte Denver fassungslos und vergrub das Gesicht in den Händen.

Ich holte tief Luft. Die Angst existierte. Die Angst, vor dem Ungewissen. Die Rettungsmission könnte in einem Massaker enden, aber so sehr ich Kämpfe mit Waffen hasste, so sehr hasste ich die korrupte Politik, die meinen besten Freund folterte.

Trotz meiner Angst konnte ich nicht die Augen davor verschließen. Raquel hatte Recht. Es handelte sich um eine Kriegserklärung.

Bereit fühlte ich mich nicht, aber mutig genug, um als erste das Wort zu ergreifen: ,,Ich bin dabei."

Criminal Passion [2] ˡᵃ ᶜᵃˢᵃ ᵈᵉ ᵖᵃᵖᵉˡWhere stories live. Discover now