Ich hatte Angst meine Augen zu schließen. Angst davor, dass mich die Dunkelheit wieder einholen würde. Zwei weitere Gesichter drängten sich um mich herum. Rubys Blick war verwirrt und ihre Hand lag in der Luft, als würde sie ausholen. Die Innenfläche war verdächtig rot. Der Weißhaarige trug tatsächlich eine Art Ausdruck auf seinem Gesicht, dabei erkannte ich jedoch nicht, was sie zu vermitteln versuchte. Ich verdrängte ihn aus meinen Gedanken.

Jungkook presste sich so dicht an mich, dass mir die Luft beinah erneut wegblieb. Seine Lippen tasteten sich unabsichtlich meinen Rücken entlang. Stoff lag dazwischen, dennoch spürte ich seine Nähe so deutlich.

„Was ist passiert?", hauchte der Zweiundzwanzigjährige. Meine Augen hatten endlich aufgehört zu tränen. „Ich weiß es nicht.", murmelte ich als Antwort. Es war nicht gelogen, ich hatte tatsächlich keine Ahnung. Ich kannte den Ursprung, doch Jac hatte nie erwähnt, dass sowas passieren konnte. Und für lediglich einen Traum war es zu lebhaft.

Er raunte: „Du hast aufgehört zu atmen." Diesmal antworte ich nicht. Er drückte mich noch ein Stück näher an sich. Sein Kopf war auf der Höhe von meinem und seine Arme umschlungen einmal meine Taille. Leicht kitzelte mich sein dunkles Haar an meiner glühenden Wange. Sie pochte regelrecht, sodass ich sie mit meiner Hand festhielt.

Abermals sah ich auf und erfasste Rubys schuldbewusst Miene. „Hast du mich geschlagen?", leichte Empörung schwang in meiner Stimme mit. „Womöglich." Sie blickte in die Ferne mit einem unlesbaren Gesichtsausdruck. „Ruby.", warnte ich. Sie verdrehte ihre Augen. „Ja habe ich und ich würde es jeder Zeit wieder machen. Hast du ziemlich verdient gehabt für die Aktion von gerade eben.", brummte sie missmutig und verschränkte ihre Arme. Leise hörte ich sie in der Entfernung fluchen.

Leicht lächelte ich. Den ganzen gestrigen Tag war sie unfassbar abwesend gewesen, gar nicht wie sie selbst. Ich war erleichtert über ihre so typische Reaktion.

„Du hast mir Angst gemacht.", flüsterte der Dunkelhaarige an mein Ohr. Die anderen beiden hatten sich bereits abgewandt und gingen irgendwelchen Dingen nach. Ich hoffte, er würde nicht bemerken wie mir eine Gänsehaut den Rücken runterlief. „Tut mir leid.", hauchte ich mit belegter Stimme zurück. Mein Herz schlug noch immer tendenziell zu schnell. Ich wusste jedoch nicht, ob es an meinem Albtraum oder an dem Mann hinter mir lag.

Ich wollte von ihm geküsst werden. Ich wollte das er mich verzerrte.

Meine Gedanken ließen mich zittern, besonders als mir auffiel, wie nah wir uns waren. Trotz dieser Nähe überfiel mich die Sehnsucht.

Ich entspannte mich ein wenig in seiner Anwesenheit. Langsam umgriffen seine Hände meine. Er spielte mit meinen Fingern. Hin und wieder kreiste sein Daumen über meinen Handrücken. Das Lagerfeuer spendete genügend Licht, um zu erkennen, wie sich sowohl Ruby als auch Evin wieder hinlegten und sich dem Schlaf hingaben. Vermutlich war es mitten in der Nacht und ich hatte sie alle geweckt.

Ich hatte Angst einzuschlafen, auch wenn mein Körper vor Erschöpfung schrie. Ohne Vorwarnung begann der Dunkelhaarige hinter mir leise zu summen. Daraus entstand eine sanfte Melodie. Aus dem Summen formten sich hin und wieder Worte. Er flüsterte das Lied mehr, als dass er tatsächlich sang.

Ich verstand ihn durch den Nebel meiner Müdigkeit kaum. Zu Beginn kämpfte ich gegen die Klauen der Müdigkeit, doch je länger er mich in seinen Armen hielt, desto machtloser wurde ich. Schließlich schlief ich mit Jks Stimme und seinen Händen in meinen ein.

„Ich lass dich nicht los, Taehyung. Niemals."

Das Geräusch von fließendem Wasser ließ mich aus meinem Schlaf schrecken. Verwirrt blickte ich mich um. Ich war nicht mehr bei dem Lagerfeuer. Es musste mittlerweile kurz vor Sonnenaufgang sein, doch bisher bleib der Himmel dunkelblau. Er färbte auch alles andere in dunklere Farben. Ein halber Mond schien hinab und beleuchtete den Fluß vor mir.

𝐅𝐨𝐮𝐫 𝐒𝐲𝐥𝐥𝐚𝐛𝐥𝐞𝐬 (𝖳𝖺𝖾𝗄𝗈𝗈𝗄)Where stories live. Discover now