Wem bist du treu?

3.3K 228 129
                                    

Triggerwarnung: Selbstzweifel 

-----------

Seungmins Pov:

„Das gibt es einfach nicht", murmelte ich und blickte verdrossen auf die Notizzettel vor mir, die ich beschrieben und mit Anmerkungen ergänzt hatte. Auch einige farbige Markierungen stachen ins Auge und mein Handy plus Tablet lagen ebenso mit offenen Browserfenstern neben mir.

„So müssen sich diese Leute vorkommen, die den Neuen von ihrem Ex stalken...", faselte ich vor mich hin und las mir meine Notizen selbst nochmal durch. Dann sah ich zurück zu einem der wenigen Bilder, die ich gefunden hatte. Auch dieses war nur eine Malerei, die wohl wenig mit der realen Person an sich zu tun hatte. 

Je länge ich es betrachtete, desto dümmer fühlte ich mich. Meine Finger schlossen sich wie von selbst fester um das Papier und knitterten es langsam.

Auf dem Zettel prangte der Titel meiner Recherche. Jeanne d'Arc. Genau... ich versuchte wirklich mehr über Chans ehemalige Gespielin und Mutter seines Sohnes herauszufinden. Und es fühlte sich für mich tatsächlich so an, als würde ich sie stalken, obwohl sie längst tot war und weder Einfluss auf mich noch meine Handlungen nehmen sollte. Ich wusste noch nicht einmal, was ich ihr gegenüber empfand.

Ich war weder wütend noch eifersüchtig. Dennoch wollte ich wissen, wer sie war. Irgendwie kam es mir einschüchternd vor, dass eine so historische Persönlichkeit vor mir Chans Aufmerksamkeit erweckt hatte. Er konnte jede und jeden haben. 

Warum dann ausgerechnet ich? Neben all den Optionen, die er wählen konnte, warum gab er sich mit mir ab? Ich war vollkommen unbedeutend. Ich war ein Niemand.

Das Blatt knitterte immer mehr unter dem Druck meiner Finger und ich merkte es nicht einmal. Erst als ein leises Reißen des Papiers ertönte, ließ ich es rasch los und lehnte mich in meinem Stuhl zurück, um tief durchzuatmen.

Ich sollte mir diese Fragen nicht stellen. Doch all die Ereignisse mit Chan, dann mit Christian und auch mit der Hölle an sich, brachten mich immer wieder zum Grübeln. Es fühlte sich so an, als sei ich winzig neben all diesen großen Figuren. Immerhin war ich an einen Prinzen der Hölle gebunden. Das war für mich, als würde eine Maus neben einem Tyrannosaurus stehen. Chan und ich nahmen unsere Welten vollkommen verschieden wahr, wir hatten ganz andere Einstellungen zu Leben und Tod... Wie sollte sich das auch nur in Ansätzen vereinen lassen?

Wahrscheinlich würde das nicht funktionieren. Und auch die Worte, die ich damals zu Christian gesagt hatte, kamen mir in den Sinn. Ich hatte ihm gesagt, dass ich die Zeit mit Chan genießen würde. Dass ich mich nicht beschweren würde, wenn es irgendwann vorbei ist. 

Ich lächelte traurig. Natürlich wollte ich nicht, dass diese Zeit endet. Für mich könnte sie gern ewig andauern. Aber ich war kein Narr. Irgendwann würde der Tag kommen, an dem Chan mich verließ. Entweder weil ihm langweilig mit mir wurde, weil wir uns nicht mehr verstanden oder er jemand besseres fand. Die Möglichkeiten waren zahlreich und ich konnte nur einen Teil davon beeinflussen.

Ich könnte mich nun rühmen und sagen, dass ich zumindest jede dieser Möglichkeiten in Betracht gezogen hatte und sie auch nicht fürchtet... doch das wäre gelogen. Ich wusste vermutlich gar nichts im Vergleich zu Chan. Und genau diese Unsicherheit nagte an meinem Verstand.

Ein leises Kläffen kam von meinem Bett und ich drehte mich zu Berry, der mich mit schief gelegtem Kopf ansah und dann nochmal ein niedliches „Wuff" hören ließ. Es schien mir, als wolle er mich aufmuntern und mich ablenken und ihm gelang es tatsächlich fast immer.

„Danke, Berry." Nun kreiste ich meine Schultern, löste die Anspannung und griff nach meinem Handy, um die anderen zu fragen, ob wir gemeinsam etwas abhängen wollten. Doch dann ertönte ein erneutes „Wuff" und als ich mich ihm erneut zuwandte, beobachtete Berry einen Punkt direkt hinter mir. Also drehte ich mich weiter und erkannte Chan, der gerade noch einen Finger an die Lippen gelegt hatte, so als hätte er dem Hund übermitteln wollen, mich nicht vorzuwarnen. Doch nun ließ er diesen wieder sinken und lächelte unverschämt hübsch.

Dancing with DemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt