Kapitel 9 - Jannicks Hobby

10 3 0
                                    

Ich konnte es mit meinen ganzen traurigen Gedanken einfach nicht mehr aushalten, weshalb ich mich dazu entschied, am nächsten Schultag ins Fitnessstudio zu gehen.
Ich schwänzte somit die Schule und ging stattdessen zum FitX, wo ich ein gratis Probetraining genoss.
Wenn mein gratis Probetraining aufgebraucht sein würde, würde ich natürlich nicht mehr dahin gehen können. Für eine Monatskarte im Fitnessstudio war ich einfach zu arm...

Auf jeden Fall ging ich am Montag zum FitX und natürlich ging ich dort mit denselben Klamotten wie immer hin, denn ich besaß überhaupt keine Sportbekleidung!
Ich ging dort zu den Hanteln und natürlich waren sie für mich eine absolute Zumutung, da ich eine absolute Niete in Sport war. Wenigstens vertrieb das Training meine stinkende Langweile…
Als ich mühselig und bereits schweißgebadet trainierte, erblickte ich ein mir bekanntes Gesicht: Andrej! Er war einfach so dort und schwänzte somit ebenfalls die Schule!
Wie dumm ich nur war. Ich dachte ernsthaft, dass niemand, den ich kannte, ebenfalls im FitX sein würde.

Doch meine Klasse konnte sich schwänzen mehr erlauben als ich.
Andrej war außerdem mit einem mir unbekannten Typen dort, der einen Boxerschnitt und dunkle Haut hatte.
Wow, natürlich ging er mit einem Freund dort hin, was denn sonst?
Und natürlich hatte er mehr Freunde außer die aus der Klasse.
Ich versuchte so weit wie möglich von den beiden zu gehen, da ich von den beiden nicht erblickt werden wollte.
Neidisch schaute ich zu, wie Andrej und sein Kumpel deutlich mehr Gewichte als ich stemmen konnten, was sich dementsprechend in ihren größeren Muskeln zeigte.

Etwas eingeschüchtert von den ganzen Hulks im Gym ging ich in eine abgelegene Ecke und trainierte dort erschöpft weiter. 
Ich rang mit der Luft und versuchte den Kopf freizubekommen, während mein ganzer Körper verschwitzt war und zitterte. 
Doch in meinem ganzen Training schaffte ich es nicht, den Kopf freizubekommen, da auch im Gym zu viele beneidenswerten Menschen waren. Allein ihre Sportbekleidung von Marken wie Nike war beneidenswert.
Selbstverständlich war auch der Fakt, dass die so viel Geld und Durchhaltevermögen hatten, um das Training durchzuziehen, beneidenswert. 
Ich bekam den Kopf überhaupt nicht frei und gab nach einer Stunde Training auf. Ich verließ sogar noch trauriger das Fitnessstudio.
Was für ein toller Tipp von Gutefrage.net!
Da ich danach noch mehr Kummer hatte, wollte ich unbedingt etwas dagegen tun. 
Ich erinnerte mich an das Instagramprofil von der Klassenpsychologin Yena zurück. 
Auf ihrem Profil gab es vieles über solche Themen, weshalb ich dieses aufrief, als ich mich in meine Matratzen fallen ließ.

Auf ihrem Profil wurde ich schnell fündig aber natürlich auch neidisch. Sie hatte einen Betrag, wo sie folgende Tipps gegen Stress und Kummer gab:
- In die Natur gehen
- Urlaub an ruhigen Orten machen
- Musik/Kunst/Sport ausüben
- Ausruhen/schlafen
- Viel Wasser trinken

Ich dachte mir nur, was für schlechte Tipps das waren! Urlaub machen war wohl der bescheuertste Tipp! Wie sollte sich ein armes Schwein, wie ich Urlaub leisten?
Viel Wasser trinken? Wenn ich zu viel trinken würde, dann würde ich niemals genug Geld für einen Gucci Gürtel haben!
Auch die anderen Tipps überzeugten mich nicht. In die Natur gehen machte mich schon immer aggressiv, da selbst die Tiere ein besseres Leben als ich hatten.
Ausruhen und schlafen war auf meinen Matratzen leider nicht möglich und etwas wie Sport ausüben ging nicht, da ich hobbylos war.

Nein, das war ich gar nicht...
Ein Hobby hatte ich: stalken!
Doch beim Stalken bekam ich nur noch mehr Kummer, was mir in dem Moment egal war.
Ich rannte zum Gym zurück, da dort Andrej noch sein musste. Ich zog mir natürlich sehr lange Kleidung an, damit man mich nicht erkannte.
Wie immer eine extrem weite Kik Jeans und irgendeinen gebrauchten Pullover, der eigentlich in der Müllhalde hätte landen sollen.
Ich wartete am Eingang des Gyms, bis er rauskam, damit ich ihm folgen konnte.
Lange dauerte es nicht, bis er und das afrikanische Halbblut das Gym verließen. Er verabschiedete sich von seinem Kumpel und ging dann in etwas schnellerem Tempo in seinen verfluchten Nike und Adidas Klamotten nachhause.
Ich kämpfte mühselig mit meinen Beinen, um mithalten zu können.

Andrej ging in sein leicht abgelegenes Haus rein und ich versteckte mich hinter einer Mülltonne.
Das Stalking fühlte sich so gut an.
Mit einem Fernglas ausgerüstet, beobachtete ich jeden Zentimeter, der sich an Andrejs Haus rührte. Ich sah durch sein Fenster, wie er entspannt einen frischen griechischen Bauernsalat aß. Der Salat sah so genüsslich aus, der war zum Anbeißen.
Ich beobachtete jeden Bissen ganz genau, denn ich bekam leider nie so gesunde und genüssliche Nahrung.
Ich aß nämlich immer Tiefkühlpizza, Fischstäbchen, gekochte Kartoffeln, Wurst, Dosenfutter, selten Pommes, ab und zu Fertiggerichte und natürlich restliche Tiefkühlkost; zu einem blöden Leben gehörte halt eine blöde Ernährung.
Mehrere Stunden blickte ich mit dem Fernglas durch sein Fenster und sah größtenteils nichts. Danach kehrte ich zurück nachhause, um dort mein minderwertiges Mittagessen in mich reinzuschaufeln.
Es gab an diesem Tag irgendein Dosenfutter, was eigentlich nur Astronauten aßen. 
Mein Futterneid war während des Essens so groß, dass sich mein Magen verkrampfte.

Da mir so extrem langweilig war, entschloss ich mich, nachts definitiv zu Andrejs Haus zurückkehren.
Ich wollte einfach weiter stalken.
Also tat ich dies auch.
Als meine Eltern schliefen, schlich ich mich auf meinen Zehenspitzen aus meiner schäbigen Wohnung heraus.
Ich konnte mir zwar nie Sachen gut merken, doch ich behielt direkt im Kopf, wo Andrejs Haus lag.
Als ich am Haus war, wollte ich unbedingt ans Fenster klettern, um Andrej zu beobachten...
Ich hatte glücklicherweise ein Seil mit mir, welches ich nutzte, um hinaufzuklettern. Natürlich war es für mich als unsportliche Person eine sehr schwere Tätigkeit, fast so wie Leistungssport.

Ich blickte durch Andrejs Fenster, welches breit geöffnet war.
Für einen Februar war es ziemlich warm, aber trotzdem war das eine Dummheit von Andrej.
Er lag in seinem Bett und ich stalkte diese verwöhnte Göre in ihrem Bett, wo sie bestimmt süße Träume hatte.
Ich träumte leider fast nie, da mein Schlaf nicht sehr angenehm war.
Ich stand wenige Minuten dort und beobachtete ihn. Selbst im Schlaf sah er glücklich aus und ich sah bei hellstem Tage so aus wie eine todtraurige Mumie!
Auf einmal rührte er sich ruckartig vom Fleck und stand auf!
Er ging zum Fenster und starrte mich mit einem provokanten Blick an.
Mein Herzschlag raste und mir blieb der Atem stehen, bis mir einfiel, dass er mich aufgrund der Dunkelheit nicht erkennen konnte.

»Dieser Alptraum ist nicht gruselig genug, komm in mein Zimmer rein, du böse Gestalt an meinem Fenster!«, murmelte er müde in meine Richtung.

Ich erschrak mich zu Tode und rutschte von der Fensterbank ab. Furchterfüllt schloss ich wie ein Feigling meine Augen.
Ich rechnete schon damit, dass mein Kopf auf hartem Stein aufprallen würde und in tausende Teile zerfallen würde. Ich stellte mir vor, wie mein Kopf wie eine Wassermelone zerquetscht werden würde.
Wie meine Wirbelsäule einmal in der Mitte durchbrechen würde.
Natürlich schrie ich dabei die ganze Zeit, jedoch fand ich es ehrlich gesagt nicht so schlimm zu sterben. Es war zwar nie mein Ziel, zu sterben, aber wenigstens endete damit das blöde Leben. Tschüss, blödes Leben!

Doch was dann passierte, konnte ich nicht glauben. 
Einmal im Leben hatte ich Glück.
Ein einziges Mal, und dann auch noch im Moment, der mich erlöst hätte.
Ich landete nämlich auf einem Trampolin.
Mir ging es natürlich scheiße, aber wenigstens waren meine Knochen unversehrt. Ruckartig stand ich auf und rannte so schnell wie möglich nachhause. Das alles war mir unendlich peinlich.

Hättet ihr gedacht, dass Jannick sterben wird?
Wenn es euch gefallen hat, dann freue ich mich auf eure Votes und Kommentare☺️🙏🏻

Blödes LebenWhere stories live. Discover now