Kapitel 17 - Das Ende des blöden Leben

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Das blöde Leben zog seinen Lauf durch die Sommerferien und ich schaute ihm hinterher.
Natürlich war ich nicht im Urlaub und sonst habe ich auch nichts Aufregendes erlebt.
Ich schaute mir neidisch die Instastories meiner ehemaligen Klassenkameraden an und badete in meinem Selbstmitleid.
Die Zeit verging zwar wie im Schneckentempo, doch irgendwann nahte das Ende der Sommerferien und mir würde die Berufsschule drohen.

Am vorletzten Tag meiner äußerst langweiligen Sommerferien ging ich frühmorgens raus, da es mir etwas Spaß bereitete, spazieren zu gehen.
Außerdem wollte ich ein bisschen Abstand von meinen Eltern nehmen, die in letzter Zeit noch nerviger und sparsamer geworden waren.
Abgesehen von meinen Eltern hatte sich meine Lebensqualität in den letzten Wochen jedoch gesteigert. Beispielsweise fing ich an, Minecraft PE zu spielen, was mir ziemlich viel Unterhaltung bot und mir eine Flucht aus dem blöden Leben ermöglichte.

Jedenfalls ging ich frühmorgens spazieren und genoss das gute Wetter.
Ich ging durch die Straßen meiner Stadt und beobachtete Tauben, wie sie auf Nahrungssuche waren.
Auch ging ich kurz zum Park meiner Stadt, wo es einen Weiher mit Enten und Gänsen gab. Die Natur war sehr schön und genüsslich, doch die Präsenz der Enten machte mich sehr aggressiv. Diese glücklichen Enten, konnten fliegen, laufen, schwimmen und frei leben, wie sie es wollten.
Mein Magen verkrampfte sich und ich bekam schlimme Kopfschmerzen, als ich diese verwöhnten Enten im Weiher beobachtete.
Ich kehrte dem Weiher den Rücken und spazierte wieder nachhause, da ich mich zuhause ausruhen wollte. 

Ich verließ den Park und schlenderte mit meinen Burgerking-Latschen über den asphaltierten Bürgersteig, als ich meinen Augen kaum glauben konnte!
Auf der gegenüber liegenden Straßenseite spazierte ein junger Mann mit einem sehr modischen Look und vor allem einem goldwerten Gucci Gürtel.
Meine Augenlider tanzten auf seiner anmutigen Präsenz, als ich mich auf einmal erinnerte.
Es war dieselbe Göre, die ich vor meiner Anmeldung an meiner ehemaligen Schule traf.
Mein ganzer Körper war angespannt und ich wackelte vor Nervosität mit meinen Händen, während sich eine gekränkte Miene auf meinem Gesicht breitmachte.
Doch ich unterdrückte meine Emotionen und ging geradlinig auf den Typen zu, während ich meinen ganzen Mut zusammensammelte. 

Ich holte tief Luft. »Ist dieser Gucci Gürtel echt?«, platzte es aus mir heraus.

Direkt nachdem ich das gefragt hatte, bereute ich es zutiefst.
Leider war er nicht so schwerhörig, weshalb er mich hörte und sich zu mir drehte.

»Ja, der ist echt! Ich kann dir auch eine Rechnung zeigen«, protzte die Bonze lachend.

Voller Stolz auf das Geld seiner reichen Eltern zeigte mir dieser reiche Schnösel die Rechnung und ich wandte mich nach meinem Schock wortlos von ihm ab.
Mir fror das Gesicht ein, während ich mit gesenktem Kopf nachhause spazierte. 
In der Wohnung angekommen, empfing mich meine Mutter mit ihrem typischen Geschrei.

»Jannick! Wie bescheuert kannst du nur sein, und spazieren gehen, ohne mich nach Erlaubnis zu fragen? Gehe in dein Zimmer und suche einen Weg mein blödes Leben zu beenden! Los, mach dich nützlich!«, brüllte sie.

»Dein luxuriöses Leben oder mein blödes Leben?«, entgegnete ich gelangweilt.

»Du hast mich klar gehört, meins! Jetzt verschwinde von der Bildfläche, ich will MC Donalds essen!«, schnauzte sie mich an.

Ich verkroch mich in mein Zimmer und spielte Minecraft.
Mein blödes Leben zog sich durch meinen Alltag und ich ging auf meinen zwei provisorisch aufeinander gestapelten Matratzen schlafen. 
Ein spannungsloser Tag wie immer.

Um drei Uhr nachts unterbrach ich meinen unruhigen Schlaf und stand auf. Alle anderen waren noch am Schlafen, doch ich hatte anderes vor.
Ich öffnete meinen Kleiderschrank, der wieder die Heimat der Spinnen und des Staubes geworden war, und zog mir einen provisorischen, schwarzen Mantel an.
In den Sommerferien hatte ich diesen Mantel aus meinen minderwertigen Klamotten zusammengestrickt.
Der Mantel reichte bis zum Boden und bedeckte mithilfe einer Kapuze selbst meinen Kopf.
Ich zog mir die Kapuze auf und schlich mich auf meinen Zehenspitzen nach draußen.
Meine erste Destination war ein Kiosk: durch die einsamen und dunklen Straßen bahnte ich mir den Weg dorthin. Glücklicherweise hatte ein Kiosk in meiner Stadt um diese Uhrzeit noch offen.
Mysteriös betrat ich den Kiosk, ohne meine Kapuze abzunehmen.

Ich legte einen Fünf-Euro-Schein auf die Theke. »Lampenöl«, sagte ich mit gesenktem Blick.

Der Inhaber nahm das Geld und überreichte mir die Flasche.

»Ein Feuerzeug«, fügte ich hinzu und legte einen Euro auf die Theke.

»Das wird nicht reichen, die Feuerzeuge hier sind extravagante Modelle, nichts für Geringverdiener«, entgegnete er.

Ich fletschte meine Zähne, versuchte jedoch, mich nicht aufzuregen. »Dann eine Streichholzpackung!«, sagte ich passivaggressiv.

Wortlos nahm ich die Packung entgegen und verließ den Kiosk, von wo aus ich weiter durch meine seelenlose Stadt marschierte. 
Nach etwa 17 Minuten erstreckte sich vor mir das Industriegelände, in der die Fabrik lag, in der mein Vater arbeitete.
Ich überquerte eine Straße, als ein Auto an mir vorbeiflitzte und mich fast überfuhr. 
Mein Herz blieb stehen und ich war verwurzelt auf der Straße. 
Einen Moment später kam ich wieder zu mir und rannte auf die andere Straßenseite. Wegen meinem mangelhaften Gehör, hatte ich dieses beschissene Auto fast nicht bemerkt, was mir mein Leben gekostet hätte. Doch ein Mal hatte ich in meinem Leben Glück und hatte überlebt.
Auf jeden Fall betrat ich das Industriegelände und ging direkt zur Fabrik, in der mein Vater arbeitete. Dort kletterte ich auf das Dach der Fabrik, indem ich eine an der Außenwand eingebaute Leiter nutzte.

Ich begab mich zum anderen Ende des Daches, an das ein Wald grenzte.
Kurz schaute ich von der schieren Höhe hinunter und Angst überkam mich. Meine Knie zitterten und ich trat ein paar Schritte zurück.
Im Vollmond der Nacht, begleitet von den Naturgeräuschen, nahm ich das Lampenöl hervor und öffnete die schwarze Flasche.
Ich schüttelte vorsichtig den ganzen Inhalt der Flasche auf meinen Mantel und somit auch Körper. Schlussendlich war ich komplett durchtränkt vom Öl.
Aus der Tasche meines Mantels holte ich die Schachtel Streichhölzer heraus und griff zu einem Streichholz. Langsam und mit zittriger Hand näherten sich meine beiden Hände; die eine Hand mit dem Streichholz, die andere Hand mit der Streichholzschachtel.
Ängstlich entzündete ich das Streichholz und steckte die Schachtel an meinen Brustbereich unter den Mantel. Wie mit einer Fackel in der Hand rannte ich mit dem Streichholz nach vorne.

Kurz bevor ich davor stand, vom Dach abzuspringen, hielt ich das Streichholz an meine Brust.
Direkt entzündete sich das ganze Lampenöl an mir und somit auch mein minderwertiger Körper.
Brennend und vor Schmerz schreiend, fiel ich hinunter und prallte auf den harten Asphalt auf. Mein erbärmlicher Schädel platzte wie eine Wassermelone auf und meine mickrigen Knochen brachen auseinander. Meine brennende Hülle war in Blut getränkt und der Schmerz war grausam, doch das Gefühl der Befreiung war stärker. 
Zuckend lag mein jämmerlicher Körper, und somit mein blödes Leben, auf dem Boden, als sich meine Sicht schwarz färbte und ich noch einen Regenschauer hörte. 
Das blöde Leben zog seinen Lauf, bis ich es beendete.

Der Regenschauer wurde innerhalb weniger Minuten zu einem Gewitter und löschte das Feuer auf Jannicks Körper, bevor dieses ihn zu Asche machte.

Ab wann habt ihr bemerkt, dass Jannick sich selbst umbringen will?
Wenn es euch gefallen hat, dann freue ich mich auf eure Votes und Kommentare🙏🏻☺

Blödes LebenWhere stories live. Discover now