Kapitel 4 - Die Party

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Mitten in der Nacht konnte ich einfach nicht mehr. Ich stand auf, zog mir meine Kik-Latschen an und schleppte mich ins Wohnzimmer, wo mein Asthmaspray lag. 
Mein asthmatischer Anfall war einfach viel zu schlimm. Ich rang um Luft und mein Gesicht färbte sich allmählich blau. Mit meinen geröteten Augen und meiner Atemnot stürmte ich zu meinem Asthmaspray. Ich griff schnell danach, nutzte es und ging dann in mein Zimmer zurück. 
Dort ließ ich mich auf meine Matratzen fallen.
Auf einmal kam mein Vater in mein Zimmer, da ich zu laut war.

»Jannick, warum benutzt du wieder dein Asthmaspray? Was soll das?«, sagte Walter enttäuscht.

»Mein asthmatischer Anfall war einfach viel zu schlimm...«, konterte ich traurig.

»Asthma gibt es nicht, das ist eine Einbildung!«, fluchte er.

»Nicht schon wieder... Asthma gibt es, das bestätigt jeder Arzt«, entgegnete ich.

»Ärzte arbeiten mit der Pharmaindustrie zusammen und wollen nur Geld machen! Asthmaspray ist nur Geldmacherei. Schlaf jetzt mit deinem eingebildeten Asthma!«, sagte mein Vater wütend.

Er verließ mein Zimmer und ging schlafen. Was für ein blöder Verschwörungstheoretiker. 
Er gehörte auch zu denen, die davon überzeugt waren, dass unsere Welt von Reptilienmenschen regiert wird.
Was für ein Idiot, wenigstens konnte er gut schlafen, da er im Gegensatz zu mir ein Bett hatte.
Doch ich konnte nicht schlafen, denn es zerstörte mich einfach innerlich, dass meinem Vater meine Gesundheit egal war! Er sagte ständig, dass Asthma eine Einbildung sei, damit ich kein Asthmaspray benutzte.
Mit Tränen im Gesicht versuchte ich einzuschlafen. Nebenbei angemerkt auf provisorischen Matratzen, wie ich bereits ein Mal geschrieben habe. 
Ich weinte mich schlussendlich in den Schlaf.

Am nächsten Morgen realisierte ich, dass ich sehr schlecht geschlafen hatte, entschied mich aber trotzdem dazu, in die Schule zu gehen.
Als ich mir was anziehen wollte, suchte ich auf meinem Boden nach geeigneten Sachen.
Ihr müsst nämlich wissen, dass meine spärliche Kleidung verstreut auf dem  Boden meines Zimmers lag. 
Mein Kleiderschrank war nämlich viel zu klein und darüber hinaus die Heimat der Spinnen und des Staubes. 
Niemals würde ich ihn öffnen!
Nach wenigen Minuten fand ich die beste Kleidung vom minderwertigen Zeug, was auf dem Boden lag. Natürlich war diese Kleidung auch minderwertig sowie verstaubt. 
Was sollte man tun - Blödes Leben.
In der Schule angekommen vorbereitete ich mich auf alles: Prügelei, Streit, Beleidigung, Mobbing; einfach alles.
Doch mit dem, was dort passierte, hatte ich überhaupt nicht gerechnet. 
Alle ignorierten mich einfach.
Als wäre ich zu minderwertig, um mit mir einen Streit zu klären. Es war so, als wäre ich Luft für meine Klasse. Nichtmal Anastasiya schenkte mir einen bösen Blick, als ich an ihr vorbeiging. Naja, vermutlich war es auch besser so.

Der Mittwochmorgen startete mit einer Stunde Geschichte, mit unserem Klassenlehrer. Ich habe euch bis jetzt nur unsere Klassenlehrerin Frau Vodaskaya vorgestellt, doch nun lernt ihr auch meinen Klassenlehrer Herr Bänkers kennen.
Die Geschichtsstunde war so totlangweilig, unser Thema war der Zweite Weltkrieg - wie immer.
Tot langweilig, aber wenigstens besser als Biologie bei Frau Vodaskaya. Die Stunde verging im Schneckentempo und danach hatten wir Englisch, ebenfalls mit Herrn Bänkers. Unser Thema in Englisch war der Klimawandel.
Ich hasste Englisch. Eigentlich hasste ich jedes Fach, auch Sport.
Doch Englisch hasste ich mit Mathe wohl am meisten. Was für eine ekelhafte Sprache!

Herr Bänkers hielt seinen Vortrag und meine Mitschüler haben so gut mitgemacht, während ich einfach nichts verstanden hatte.
Ich guckte mir einfach neidisch die Klamotten meiner Mitschüler an und sah die modischsten Sachen: Gucci Taschen, Adidas Schuhe, Nike Socken, die schönsten Schmuckstücke aus echtem Gold und Silber und Ellesse T-Shirts. Mein Blick wanderte an Andrejs hellbraunen, gut gestylten Haaren vorbei und fixierte sich direkt auf seine schwarze Lederjacke, die er im Moment sogar trug. Flüchtig las ich irgendeinen Markennamen.
Purer Neid überkam mich. 
Oh mein Gott! Warum hatte diese Englischstunde kein Ende?

Eine gefühlte Ewigkeit später hatte ich es endlich geschafft mich durch den stinklangweiligen Unterricht zu kämpfen.
Es klingelte: Das Geräusch der Klingel hörte sich in meinen Ohren so an wie ein Siegesschrei, obwohl ich wusste, dass nach der kurzen Pause die Schule weiter gehen würde.
Ich ging zum Pausenhof und hörte gerade eben wie Ekaterina zu Davor irgendetwas sagte.
Sie klang glücklich und betonte alle Töne total quietschend hoch. 
Da mich das Gespräch von Davor und Ekaterina interessierte, blieb ich in der Nähe von ihnen stehen, und hörte auch endlich etwas Verständliches aus Ekaterinas Mund:

»Ich freue mich auf die Party!« 

Die hatten ja ihren Spaß! 
Während ich mein langweiliges, blödes Leben führte, feierte Ekaterina eine private Party und ich wollte unbedingt dabei sein. 
Ich verfolgte Ekaterina, da sie Davor verließ und sich in die Richtung von Dimitra, Nevena und Anastasiya bewegte. Ich versuchte dabei so unauffällig wie möglich zu sein.
Bei meinem geringen Selbstbewusstsein und dem Streit zwischen mir und Anastasiya konnte ich mir keinen weiteren Skandal leisten. Zum Glück war ich mehr oder weniger gut im Stalken, da stalken eines meiner wenigen Hobbys war. Neben Stalking war auch zur Schule gehen mein Hobby - Ein Hobby, welches keinen Spaß machte.
Ekaterina laberte ihre drei besten Freundinnen Anastasiya, Nevena und Dimitra voll. Ich ging etwas näher zu den vier Mädels, da ich sie überhaupt nicht verstehen konnte. Als ich nah genug an sie ran ging, belauschte ich sie und konnte endlich etwas verstehen:

»Ich freue mich auf Freitag!«, sagte Ekaterina fröhlich.

»Ja Süße, das wird ein schöner Tag!«, antwortete Dimitra.

Was konnte denn an einer normalen Party so besonders sein? War es etwa mehr als das? Auf jeden Fall freuten sich die Mädels und ich schaute ihnen mit einem gesenkten Blick zu, während ich ein ungewöhnliches Kribbeln im Bauch spürte. 
Um mehr über die Party herauszufinden, musste ich Ekaterina weiter stalken.
Da ich jedoch auf Toilette musste, konnte ich das nicht mehr.
Ich versuchte es so schnell wie möglich zu machen und ging auf Toilette. Als ich fertig war und wieder raus auf dem Pausenhof ging, merkte ich, dass Ekaterina außerhalb meiner Sicht war!
Sie war bestimmt irgendwo auf der anderen Seite des Pausenhofs und redete dort mit anderen über ihre tolle Privatparty.
Ach wie sehr ich mir wünschte, dort eingeladen zu sein. Ich musste unbedingt herausfinden, worum es in dieser privaten Party ging!

Doch schon klingelte es.
Diese Pause fühlte sich so kurz an, der Englischunterricht dagegen, fühlte sich so lang an, wie die ganze Menschheitsgeschichte. 
Was sollte man tun: blödes Leben.
Die nächsten zwei Stunden verliefen stinklangweilig. Ich konnte die ganze Zeit nur an diese Party denken.
Danach war Pause und ich konnte bestimmt mehr herausfinden. 
Nachdem ich den Pausenhof betrat, suchte ich direkt Ekaterina. Doch leider konnte ich sie nirgendwo erblicken. 
Dafür sah ich dort Bekim und Davor. 
Vielleicht würde Davor Bekim etwas von der Party erzählen. 
Deswegen schlich ich mich schon mal an und hörte ihnen genau zu. Bestimmt waren sie auch eingeladen, da sie ebenfalls zu den Beliebten in der Klasse gehörten.

»Ey, hast du gehört, Ekaterina feiert Freitag Geburtstag?«, fragte Davor.

»Ja, wir sind bestimmt alle eingeladen? Freue mich schon«, sagte Bekim.

Ach so war das? Ekaterina schmiss eine Geburtstagsparty und ich war nicht eingeladen? Diese blöde Russin!
Der restliche Schultag verging ganz normal und um 16 Uhr, wo wir schulfrei hatten, kam Ekaterina auf einmal zu mir und drückte mir einen Briefumschlag in die Hand.
Wortlos wandte sie sich von mir ab und ging danach.
Ich machte mich, wie jeden Schultag, auf den Weg zur Bushaltestelle. 
Zuhause angekommen, öffnete ich den Briefumschlag. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, warum ich ihn nicht früher geöffnet hatte. Jedenfalls öffnete ich den Briefumschlag. Darin befand sich ein gefalteter Zettel, welchen ich öffnete:

Hallo, du gruseliger Stalker,

denkst du, mir fällt nicht auf, dass du mich beobachtest? Ich bin nicht dumm, im Gegensatz zu dir. Bitte hör auf mich zu stalken oder mach es wenigstens dezenter!

Liebe Grüße,
Dein Stalkingopfer

Mein Herz pochte und mir blieb der Atem stehen. Mit aufgerissenen Augen schaute ich mir an, was da stand und überdachte alles dreimal. Sie hatte mich erwischt! Ich war verloren!

Wenn es euch gefallen hat, dann freue ich mich auf eure Votes und Kommentare🙏🏻☺

Blödes LebenWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu