24. Kontrollverlust

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Fest umklammerst du dein Handy und bist froh, dich aufgrund deiner Arbeit für ein stabiles Gerät entschieden zu haben. Es ist zerkratzt genug, funktioniert allerdings noch einwandfrei. Am liebsten würdest du alles mit deinem Hippogryph kurz und klein schlagen, nur wäre dies das Dümmste, was du momentan machen könntest. Deine Gedanken drehen sich im Kreis und hüpfen zwischen Ryuga, deinem Vater und der dunklen Macht hin und her. Du bist verletzt – nicht nur physisch – und die Wut könnte die Finsternis nähren. Irgendwie musst du dich beruhigen, nur wie? Ziggurat hat die benötigten Daten, Ryuga will nicht mehr mit dir reden und dein Vater zieht Macht weiterhin seiner Familie vor und das ist alles deine Schuld.

Zittrig atmest du aus und wischst dir über dein Gesicht. Tränen bringen dich nicht weiter und du willst niemals wieder das schwache Mädchen von früher werden, das nichts tut und mit ihren eigenen Emotionen nicht klarkommt. Aus dem Alter bist du raus und du bist als Agentin der WBBA unterwegs. Da ist Stärke wichtig und keine fragwürdige Gestalt wird auf deinen Gemütszustand Rücksicht nehmen.

Harsch schüttelst du den Kopf und probierst, damit die nervigen Überlegungen zu vertreiben. Gerade kannst du dich nur an eine einzige Person wenden und diese ist zum Glück nicht weit weg. Das Schicksal hasst dich nicht gänzlich; da GanGan Galaxy ins Finale eingezogen ist, befinden sie sich momentan ebenfalls in Amerika. Tsubasa wird das mit der dunklen Macht nachvollziehen können und dir zuhören. Er hat dir seine Hilfe angeboten und du benötigst sie dringend.

Deine Finger beben, als du seine Nummer wählst und du lehnst dich kraftlos an einen Baum. „Bitte geh dran", murmelst du leise.

Es tutet mehrmals, bis endlich Tsubasas weiche Stimme ertönt: „Hey. Schön, dass du dich meldest."

Dein „Hi" klingt viel zu heiser und du rutschst mit dem Rücken den Stamm entlang. „Sorry, ich hätte euch nicht so ignorieren dürfen, aber –" Der Satz bleibt unvollendet, denn es gibt keine passende Begründung.

„Ist alles in Ordnung?" Du siehst förmlich vor dir, wie er die Stirn runzelt und sein Ton wird sogleich sanfter.

Selbst am Telefon kennt er dich viel zu gut und du kannst das nicht mehr überspielen. Nichts ist in Ordnung. Alles ist eine Katastrophe und du hast diesmal einen großen Teil dazu beigetragen. Plötzlich fühlst du dich unfassbar hilflos und hast keine Ahnung, was du tun kannst, um das Unheil zu stoppen. Es ist deine Aufgabe, Menschen zu helfen und nicht, sie anzugreifen, in Gefahr zu bringen und zu belügen.

Schutzsuchend winkelst du die Knie an und schlingst deine Arme um jene. „Nein. Ich war in Hades City."

„Bist du verletzt?" Ausnahmsweise redet er alarmiert deutlich zu schnell und greift wahrscheinlich seine Sachen. „Ich kann dir Hilfe schicken und dir entgegenkommen."

„Nein, nein", beschwichtigst du ihn eilig. „Okay, ein bisschen. Nur eine Schramme am Arm, ist versorgt."

Dass du aus einem Fenster gesprungen bist, erwähnst du bewusst nicht. Tsubasa würde das nicht gutheißen, sich Sorgen machen und er müsste mit Vorwürfen kämpfen, weshalb er nicht zur Unterstützung da war. Eigentlich solltest du ihn gar nicht erst belasten. Das Finale ist deutlich wichtiger und er sollte sich auf jenes konzentrieren. Es ist egoistisch, ihn jetzt mit deinen Problemen zu belasten und du warst in den letzten Tagen schon eine schlechte Freundin.

„Vergiss es. Es ist alles in Ordnung und –"

Ungewohnt unhöflich unterbricht Tsubasa dich: „Dann hättest du nicht angerufen. Du störst mich nicht und ich habe dir mehrmals angeboten, dass du jederzeit mit mir reden kannst."

Kindheitsträume - II. Entfache das FeuerWhere stories live. Discover now