06. Versprechen

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Nach Ryugas Auftauchen in den unterirdischen Tunneln ist alles verschwommen und du hast keine Ahnung, wie du in einer Unterkunft in gelandet bist – zumindest vermutest du, dass ihr euch dort befindet. Schläfrig richtest du dich auf und blickst blinzelnd zum Fenster. Helle Sonnenstrahlen blenden dich, demnach scheint es Mittag zu sein und du schlägst die Decke zur Seite. Das Dröhnen deines Schädels ist verschwunden und die Kälte aus deinen Gliedern gekrochen. Um deine Hand befindet sich ein frischer Verband und sie fühlt sich beinahe taub an, zumindest schmerzt und pocht sie nicht mehr. Zögerlich wackelst du mit den Fingern und spürst einen leichten Widerstand.

„Beweg sie nicht unnötig", weist dich Ryuga zurecht und geht auf dich zu. „Die Wunde wurde genäht und durch zu frühe Belastung könnte die Sehne reißen. Ich gehe davon aus, dass du demnächst noch bladen können möchtest."

Sogleich drehst du den Kopf in seine Richtung und die blanke Wut auf seinem Gesicht trifft dich unvorbereitet. Er presst seine Kiefer aufeinander und seine zusammengezogenen Augenbrauen bilden eine tiefe Falte. Seine Augen sprühen förmlich Funken und seine Schultern sind versteift. Mit großen Schritten steht er plötzlich vor deinem Bett und schaut auf dich herab.

Zu deiner Verteidigung öffnest du den Mund, Ryuga kommt dir aber zuvor: „Das war verdammt dumm, selbst für deine Verhältnisse. Sei froh, dass eine Narbe die einzige Konsequenz sein wird."

„Ich konnte nicht zulassen, dass Unschuldige verschüttet werden oder dass Ryuto verletzt wird!", wehrst du dich und erhebst dich, damit ihr mehr auf Augenhöhe seid.

„Herzlichen Glückwunsch, das ist dir nicht gelungen." Sein Ton ist schneidend und er packt dich grob am Arm. „Wer hat sich wohl für deine Verletzung die Schuld gegeben und konnte vor Sorge nicht schlafen? Ich musste ihn ins Nebenzimmer verbannen, weil er deine Seite nicht verlassen wollte."

Erschrocken weiten sich deine Augen und du beißt dir auf deine Unterlippe. Es ist deine Entscheidung gewesen, deine Grenzen zu ignorieren und Ryuto sollte sich deshalb keine Vorwürfe machen. Du musst dringend mit ihm reden, damit er damit aufhört und wieder glücklich sein kann – deinetwegen sollte er niemals traurig sein! Der Kratzer ist seine körperliche Unversehrtheit wert gewesen, dafür würdest du tausende in Kauf nehmen.

„Geht es ihm gut? Wo ist er? Ich muss mit ihm sprechen." Deine Stimme überschlägt sich fast und sie klingt ungewohnt rau, dass du dich mehrmals räusperst.

Ryugas Mimik verfinstert sich weiter, was du kaum für möglich gehalten hättest und er stößt dich plötzlich voller Wucht zurück, dass du dich gegen die Wand gepresst wiederfindest. Den Arm deiner heilen Hand hält er über deinem Kopf fest und er beugt sich zu deinem Ohr vor. Ein überraschter Laut entweicht dir und du guckst ihn verwundert an. In dem fesselnden Gold flackert eine Mischung aus Zorn und etwas Undefinierbarem auf und seine Iriden fixieren dich mit der unerschütterlichen Aufmerksamkeit eines Raubtieres. Trotzdem wirkt er dabei nicht so bedrohlich wie früher in der Dark Nebula und du verspürst keine Angst, er würde dir nichts antun.

„Was?", fragst du kurz angebunden und du versuchst, die von ihm ausgehende Wärme zu ignorieren.

Das letzte Mal hat er dich bei eurem Kuss gegen den Baumstamm gedrückt und seine Hand auf deiner Hüfte platziert. Dir wird bei der Vorstellung heiß und bewusst verhinderst du, dass dein Blick zu seinen Lippen abschweift, indem du seine Augen fokussierst. Ryuto wird sich wahrscheinlich im Nebenzimmer befinden und der Gedanke bringt dich vorerst von einer Dummheit ab.

„Dein verdammtes Helfersyndrom bringt dich irgendwann noch ins Grab und ich habe keine Lust, das Ryuto erklären zu müssen." Ryuga hört sich beherrschter als zuvor an und sein Griff wird lockerer.

Kindheitsträume - II. Entfache das FeuerWhere stories live. Discover now