Kapitel 15

13 1 0
                                    

KIARA

Ich hatte keine Ahnung, warum Madeleine so plötzlich unsere Speisekarten wollte und woher sie wusste, dass sie kleine Bilder hatten, aber was sollte schon passieren, wenn sie eine davon hatte? Die Gäste würden uns ja wohl kaum davonlaufen, nur, weil Madeleine kleine Bilder in ihren Speisekarten hatte! Also wie viel Schaden konnte eine kleine Speisekarte schon anrichten? Sobald ich Madeleine die Karte übergab, sah sie mich an und lächelte wieder. Mein Gott, bestand diese Frau etwa nur aus Lächeln?! So langsam machte mich das irre!
"Danke dir, ihr seid die besten!", sagte Madeleine. "Ich bringe sie euch heute Nachmittag zurück, versprochen! Ich will mir nur das Design besser ansehen."
"Schon gut, kein Problem", erwiderte ich und wischte mir meine Hände an einem kleinen Tuch ab. "Mach dir keinen Stress, du hast wahrscheinlich eine Menge zu tun. Es reicht auch noch morgen."
"Alles klar, ich beeile mich trotzdem. Danke euch noch mal und bis dann!", meinte Madeleine und drückte uns kurz an sich, bevor sie durch die Tür nach draußen verschwand. Marius sah mich an und schüttelte dann den Kopf.
"Ich traue dieser Frau nicht mal so weit wie ich spucken kann", murmelte er. "Und selbst, wenn diese Karte nicht viel anrichten kann, hab ich ein komisches Gefühl dabei."
"Wieso denn? Es ist doch nichts dabei", wehrte ich schnell ab, obwohl ich nun auch ein schlechtes Gefühl bekam. Ich schüttelte es schnell ab und ging zurück zur Bar, um mir einen Kaffee zu machen. Tina wischte gerade die Theke ab.
"Wer war denn die Kleine?", fragte sie neugierig nach.
"Madeleine, sie hat das neue Hotel am anderen Ende der Stadt eröffnet. Sie fand unsere Speisekarten nur so toll und wollte sie sich ansehen, keine große Sache", antwortete ich ihr, während Marius zurück in die Küche ging, um wieder meinem Vater und Chris zu helfen. Tina sah mich an und zog eine Augenbraue hoch.
"Speisekarten? Deswegen war sie hier? Komische Frau", murmelte sie und musterte mich.
"Ja, das ist sie, aber wenn ich sie damit abwimmeln kann, ist es mir recht", erwiderte ich und zuckte die Schultern. "Ich meine, was soll schon bei einer Speisekarte passieren? Deswegen werden bestimmt keine Gäste zu ihr überlaufen!"

Eine Stunde später ging ich nach Marius sehen, der sich mittlerweile um Elsa kümmerte. Die beiden waren ins Spielzimmer gegangen, um Elsa etwas zu beschäftigen. Da im Speisesaal gerade alles ruhig war, nahm ich mir eine kurze Pause und ging zum Spielzimmer. Als ich die Tür öffnete, saßen die beiden auf dem Boden und ich musste unwillkürlich lachen. Marius hatte kleine Haarspangen in den Haaren und Elsa hatte ihn und sich mit ihrer Kinderschminke angemalt. Als ich lachend reinkam und die Tür schloss, drehte Marius sich zu mir um.
"Was habt ihr beiden denn gemacht?", fragte ich lachend nach.
"Elsa hat mich zu einer wunderschönen Prinzessin gemacht", antwortete Marius und sah mich unsicher an. Ihm gefiel das wohl nicht wirklich, aber Elsa konnte so überzeugend sein, dass man keine andere Wahl hatte.
"Ja, das sehe ich", erwiderte ich lachend, während Elsa ihm eine kleine Krone mit lila Steinchen aufsetzte.
"Oh, danke, Elsa. Jetzt bin ich wohl offiziell gekrönt", sagte Marius, während ich mich zu den beiden setzte.
"Ja, und du siehst wunderschön aus", sagte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
"Ja, hübsch", stimmte Elsa zu und kämpfte sich vom Boden auf, um zu ihrem kleinen Schmuckkästchen zu gehen. Sie holte eine kleine Kette heraus und kam damit zu mir. "Hier, anziehen."
"Oh, danke", erwiderte ich und zog mir die Kette an.
"Du auch Prinzessin", sagte Elsa. "Und ich auch. Alle."
"Na klar sind wir alle Prinzessinnen. Wunderschöne Prinzessinnen sogar", stimmte Marius ihr zu und lächelte. Doch da hörte ich plötzlich ein lautes Durcheinander aus dem Speisesaal.
"Das ist unerhört! Es kann nur an Ihrem Kaffee liegen!" Was war da draußen los? Ich sah Elsa an.
"Entschuldige uns kurz, Süße, wir sind gleich wieder da und spielen weiter", sagte ich und nahm die Kette ab, bevor ich aufstand. Marius folgte mir nach draußen und nahm sich die Klammern aus den Haaren, das Makeup konnte er sich allerdings nicht so schnell aus dem Gesicht wischen. Ein Mann stand vor meinen Eltern an der Bar und wirkte mehr als nur aufgebracht.
"Was ist hier los?", fragte ich besorgt nach, in der Hoffnung, diesen Streit vielleicht schlichten zu können.
"Ich kann Ihnen genau sagen, was hier los ist! Meine Frau hat heute Morgen nur den Kaffee von hier getrunken und ist jetzt oben und übergibt sich pausenlos!", antwortete der Mann aufgebracht.
"Und wie kommen Sie darauf, dass der Kaffee daran Schuld ist?", fragte ich weiter nach.
"Ich hab mir die Tasse noch mal angesehen! Und den Zucker! Meine Frau trinkt ihren Kaffee immer mit Zucker und als ich mir den Zucker angesehen habe, der hier angeboten wird, ist mir aufgefallen, dass das gar kein Zucker sondern Salz ist!", antwortete er und zeigte auf die kleinen Päckchen an der Bar, in denen eigentlich Zucker sein sollte. Es stand auch Zucker drauf, aber als ich eins davon öffnete und kostete, bemerkte ich, dass der Mann recht hatte. Das war wirklich Salz. "Meine Frau hat zwei Tüten in ihren Kaffee getan! Sie wollen Ihre Gäste wohl vergiften!"
"Sekunde mal! Ich verstehe Ihre Aufregung, wirklich, aber ich kann Ihnen versichern, dass das noch nie vorgekommen ist und wir unsere Gäste natürlich nicht vergiften wollen! Hören Sie, wir werden das klären und die Tütchen sofort austauschen, versprochen. Aber am besten wäre es, wenn Sie nach oben zu Ihrer Frau gehen und sich um sie kümmern. Sie sollte jetzt genug trinken", wandte Papa ein. "Ich verspreche Ihnen, dass wir uns darum kümmern werden. Es war wirklich nicht in unserer Absicht, Ihre Frau zu vergiften, auf gar keinen Fall."
"Sie werden noch von der Polizei hören, das kann ich Ihnen versprechen!", fuhr der Mann Papa an, bevor er nach oben ging. Verwirrt sah ich zwischen meinen Eltern hin und her.
"Wie kann das sein, Papa? Ich hab den Zucker heute Morgen rausgeräumt und da war noch alles in Ordnung!", sagte ich verwundert. Mein Vater seufzte und schüttelte den Kopf.
"Ich weiß es nicht, Süße. Vielleicht war es ein Fehler vom Lieferanten, ich rufe dort gleich mal an. Und ihr räumt bitte den Zucker da weg! Ich will nicht, dass noch mehr passiert!", sagte er, ich nickte. Komisch war das allerdings schon, schließlich war heute Morgen noch alles in Ordnung gewesen. Also wie war Salz in die Zuckerpäckchen gekommen?

Südtiroler Problem 5 - Trautes Heim, Glück allein? Onde histórias criam vida. Descubra agora