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Sicht Kai

Die letzten zwei Monate waren die reinste Hölle für mich. Zwei Monate haben Jule und ich uns nicht mehr gesehen, geschrieben oder miteinander telefoniert. Seit seiner Hochzeit hörte ich nichts mehr von ihm. Er war glücklich und hatte mit mir abgeschlossen, doch ich konnte es nicht. Ich konnte nicht abschließen. Ich konnte nicht vergessen, was zwischen uns passiert war. Ich konnte einfach dieses Leben nicht mehr weiterführen. Ich begann wieder weniger zu essen, verletzte mich selbst und mein Alkoholkonsum stieg. Alles war so, wie bevor Jule und ich wieder bei der Nationalmannschaft aufeinander getroffen hatten. Nur diesmal war es noch schlimmer. Ich sah diesmal keinen Grund mehr weiterzumachen. Ich spürte nur noch Leere und Schmerz. Jeden Tag weinte ich wegen ihm, das Training schwänzte ich und meine Verabredungen sagte ich alle ab. Timo sah ab und zu nach mir, aber was sollte er machen? Er konnte mich nicht zwingen zu essen oder zum Training zu erscheinen. Er versuchte es, doch er konnte nicht.

Jule hatte mir Hoffnungen gemacht. Er hat mich fühlen lassen, als ob ich ihm wichtig wäre, nur um mein Herz dann in Stücke zu zerreißen. Doch das würde ich nicht mehr lange mitmachen. Bald sollte alles ein Ende haben. Ich hatte keine Angst mehr, da selbst der Tod nicht schlimmer sein könnte, als dieses Gefühl in mir. Ich vermisste Julian so sehr, dass ich kaum noch atmen konnte. Jeden Abend sah ich mir unsere gemeinsamen Bilder und die Edits von den Fanpages an und weinte mich in den Schlaf.

Mein Körper war schwach und kraftlos. Mein äußeres glich meinem inneren. Ich sah einfach schrecklich aus und genau so fühlte ich mich. Ich wünschte, ich hätte nie mit ihm geschlafen.

Tausend Fragen schossen durch meinen Kopf. Wieso hatte er mich geküsst? Wieso hatte er mit mir geschlafen? Wieso hatte er mir das Herz gebrochen? Wieso hat er Timo gesagt, er solle sich um mich kümmern? Es macht keinen Sinn. Es macht absolut keinen Sinn.

Ich wusste schon immer, dass Jule mein Ende sein würde. Für diesen Mann würde ich alles tun. Oder vielleicht eher wegen ihm. Wegen ihm kam ich nach London, um meine Gefühle zu ordnen. Wegen ihm habe ich eine Essstörung und Depressionen bekommen, welche mittlerweile sogar diagnostiziert wurden, nachdem Timo mich zum Arzt schleifte. Wegen ihm hatte ich aber damals auch wieder angefangen zu essen und aufgehört mich selbst zu verletzen. Wegen ihm habe ich damit aber auch wieder angefangen. Wegen ihm weinte ich mir jeden Tag die Seele aus dem Leib. Wegen ihm war ich nicht mehr glücklich. Wegen ihm lag mein Herz in tausenden von Scherben. Wegen ihm, würde es keinen Kai Havertz mehr nach diesem Tag geben.

Würde es ihn interessieren? Würde er ein schlechtes Gewissen haben? Würde er mein Grab besuchen? Würde er mich vermissen? Würde er wegen mir weinen? Wahrscheinlich nicht. Er hatte mich seit zwei Monaten überall blockiert, sodass ich ihn nicht mehr kontaktieren konnte. So kamen auch meine Nachrichten nicht an, in welchen stand:

„Können wir reden?"

„Bitte Jule, ich will dich nicht verlieren."

„Bitte melde dich, ich kann ohne dich nicht leben."

„Ich brauche dich. Selbst wenn es nur als mein bester Freund ist. Ich komme damit klar, aber ich komme nicht ohne dich klar."

„Wo bist du? Du hast versprochen für mich da zu sein, wenn es mir schlecht geht. Wo bist du jetzt, wo es mir wirklich schlecht gehst?"

„Du bist ein Lügner."

,,Hat es dir Spaß gemacht mich auszunutzen und mit meinen Gefühlen zu spielen?"

„Ich hasse dich. Wieso spielst du so mit meinen Gefühlen? Ich hasse dich. Ich hasse dich. Ich hasse dich."

„Es tut mir leid, natürlich hasse ich dich nicht. Das könnte ich nie."

,,Du wirst für immer der Einzige für mich bleiben. Vergiss das bitte nie."

„Ich liebe dich Jule. Ich werde dich immer lieben..."

Keine dieser Nachrichten hatte er empfangen oder gelesen. Vermutlich besser so, denn sie waren meist das Resultat von zu viel Alkohol. Ich wusste, er würde die Nachrichten nicht bekommen, weshalb ich ihm einen Brief schrieb. Einen letzten Brief. Ich schrieb ihn schon seit 5 Stunden, fing immer wieder neu an und versuchte, all meine Gedanken und Gefühle hineinzuschreiben. Er sollte erfahren, warum ich es getan hatte. Nicht um ihm Schuldgefühle zu machen. Er sollte mich nur verstehen. Ich will nicht, dass er wütend auf mich ist, weil ich mein Versprechen gebrochen hatte. Das Versprechen, mir nichts anzutun. Ich musste es ihm ausführlich erklären.

Nach langer Zeit standen all meine Emotionen auf dem Stück Papier, welches ich in einen Umschlag steckte und diesen mit seinem Namen beschriftete.

Jetzt würde alles gleich ganz schnell gehen. Es würde nicht lange dauern und nicht weh tun. Gleich wird es vorbei sein. Also nahm ich die Packung mit den Schlaftabletten, welche ich gegen meine Schlafprobleme verschrieben bekommen hatte, und nahm mir eine Hand voll heraus. Nur noch einmal mutig sein. Dann wäre es vorbei. Dann wäre ich frei. Für immer.

Ohne zu zögern nahm ich die Tabletten mit einem großen Schluck Wasser ein. Ich spürte erst nichts, doch nach wenigen Minuten überkam mich Panik. Ich begann zu zittern und zu schwitzen. Meine Atmung ging schneller und ich spürte, wie ich immer müder wurde. Ich konnte mich kaum noch bewegen. Sollte es so enden? Sollte ich jetzt wirklich sterben? Nein, ich will das nicht. Jedoch war ich zu schwach um aufzustehen, also rief ich mit letzter Kraft Timo an.

,,Kai alles gut?" Begrüßte er mich, worauf ich nur schluchzte.

,,Ich will nicht sterben." Flüsterte ich.

,,Sterben? Was redest du denn da?" Fragte er verwirrt.

,,Timo bitte. Hilfe. Ich will es doch nicht, hilf mir." Schrie ich verzweifelt, bevor ich mein Telefon fallen ließ und um mich herum plötzlich alles schwarz wurde. Auf einmal fühlte sich alles leicht an. So unbeschwert. Ich fühlte mich einfach frei.


Heyy, hier ein neues Kapitel. Hättet ihr Lust, heute noch eins zu lesen oder erst morgen? Die Geschichte neigt sich langsam dem Ende zu 👀 Und was denkt ihr, wird Kai überleben? Bekommen die zwei ihr Happy End noch? Oder ist es dafür zu spät? Bald erfahrt ihr es🫢 Schreibt wie immer gern eure Meinungen in die Kommentare :)

-M <3

We can go through it, together!Where stories live. Discover now