Ich verfolgte eine Weile länger den Ansturm an Gedanken. Manche blieben unbeendet andere stapelten sich auf andere und mischten sie durcheinander. Ich konnte mich an eins einfach nicht erinnern. Und je länger ich darüber grübelte, desto klarer wurde mir, dass ich es gar nicht erst hätte wissen können. Denn ich zweifelte daran dies zu vergessen. „Jac?" „Taehyung." „Jac - das ist vielleicht jetzt ein wenig spät und mhm abrupt, aber - wer genau bist du?"

Meine Hand verfing sich in seinem Shirt und hielt ihm vom Weiterlaufen ab. Auch ich blieb stehen, weshalb Jimin beinah in mich prallte, so sehr war er versuchte, jedem Zweig auszuweichen. Jac drehte sich zu uns um. Der Blonde hinter mir schien Interesse für unser Gespräch entwickelt zu haben, blieb jedoch still. „Jimin würdest du uns die Ehre erweisen, nach Holz zu suchen?" Dieser sah ihn missgünstig an. „Es ist noch nicht mal nahe Abend und ihr wollt schon ein Lager eröffnen?" Beide beäugten wir ihn mit dem selben Ausdruck, der ihm vermitteln sollte, einfach Jacs Anweisungen zu folgen. Schlussendlich ließ er sich klein kriegen. „Tz wenn ihr etwas 'Alleinzeit' haben wollt, könnt ihr das doch einfach sagen", murmelte der Kleinere, während er sich davon machte. Mit genervten Hieben hielt er die Pflanzen von seinem Gesicht fern. Es war ein ulkiger Anblick.

Sobald er außer Reichweite war, setzte sich Jac auf einen umgekippten Baum. Ich tat es ihm gleich. „Nun. Ich hatte bereits seit einer langen Zeit vor, dir das mitzuteilen, doch nach all dem was geschah-" „Schon gut.", unterbrach ich seine Erklärung. Ich war die Geheimnisse andere gewohnt. So sehr, dass ich mich einfach nur freute, wenn jemand mir etwas anvertraute, ohne mich ins offene Messer wandern zu lassen. Vielleicht nannte man das Erfahrung.

„Ich verstehe deine Gründe" Sein Blick wirkte unsicher. „Wirklich.", versicherte ich ihm. „Und ich bin ebenfalls sehr dankbar für deine Sorge um mich." „Du bist ganz schön gewachsen in den letzten Monaten." Ich sah an mir herab. Mir war keine Veränderung aufgefallen. „Innerlich", erweiterte er seine Aussage. Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln mit halb geschlossenen Augen. „Ich bin ein entfernter Verwandter von dir. Deswegen die Ähnlichkeit in unseren Fähigkeiten." Ich starrte auf einen Fleck auf den Boden, bevor ich antwortete: „Hah, gut zu wissen." Enttäuscht sprangen seine Augen über mein Gesicht. Ich war nicht ganz so überrascht, wie ich hätte sein sollen. Jac war in meinem Gehirn immer so etwas gewesen, wie ein Schatten - immer da doch, sollte man nicht explizit danach Ausschau halten, lief man der Gefahr aus, ihn zu übersehen. Ich hatte ihn einfach akzeptiert und nie seine Interesse für mich hinterfragt. Er war einfach irgendwie da.

„Meine Familie stammt von der Königsfamilie ab. Seit langem stehen wir treu zum Königshaus. Ich habe, wie alle anderen, die Ausbildung zum Knaben beendet und bin anschließend in den Ritterstand eingetreten. Durch meine Verbindung bin ich zum obersten Kommandanten des Königs aufgestiegen. Er schickte mich auf die Suche nach dir. Ich wusste also von Beginn an über dich Bescheid, entschuldige mein Schweigen."

Ich lächelte nur benommen. Er kannte den König. Er ließ nach mir senden. „Es gibt nichts das deine Entschuldigung wert ist. Erzähl mir mehr.", forderte ich. „Der König ist eine sanfte Person. Er hatte deine Mutter mit Herzen geliebt und sich gegen jede Geliebte entschieden. Auch wenn sein Land dringend einen Erben brauchte. In dem Moment als er von dir erfuhr, schickte er mich." „Warte." Ich hielt meine Hand in die Luft. „Wie konnte er so plötzlich von mir erfahren?! Meine Mutter ist seit Jahren tot."

Jac atmete tief ein und aus. „So sicher weiß ich das auch nicht. Eines morgens erhielt er einen Brief, in der Schrift deiner Mutter. Sie schrieb ihn zu der Zeit als sie mit dir schwanger war, zumindest dem Datum nach, doch schien ihn nie abgeschickt zu haben. Dass er erst jetzt versendet wurde, ist also entweder im Sinne des Zufalles oder durch die Hand eines Unbekannten geschehen."

Mein Mund verzog sich beim Grübeln. Wie seltsam. Meiner Erfahrung nach, waren beide Möglichkeiten gleich wahrscheinlich. Doch was hätte ein jemand daran, diese Nachricht zu schicken, so plötzlich nach all der Zeit? „Wer würde so etwas tun?", fragte ich, um meine Gedanken zu mit Jacs zu erweitern. „Vielleicht ein Mitglied der Revolution?" „Ich bezweifle, dass es die innerhalb der Schlossmauern gibt. Damian ist zu mächtig dafür."

„Man weiß nie.", meinte Jac Schulter zuckend. „Auch wenn er mächtig ist, es gibt immer Seratra, die besonders gut geschult im Verstecken sind."

Es raschelte im Gebüsch und ein Blick in diese Richtung erinnerte uns an die Existenz eines gewissen Jimins. Dieser stand in weiter Entfernung. Haare zerzaus, leichte Kratzer überall und voller Blättern. Die Entfernung überbrückte er mit seinem lauten Geschrei: „Kann ich jetzt wieder zurückkommen? Ich glaube, ich habe da hinten ne Schlange gesehen!" Jac verdrehte die Augen, während ich ein weiteres unbekanntes Tier als real abstempeln musste. Ich sprang von meinem unbequemen Sitz auf. Schnell huschte ich durchs Gebüsch und erreichte kurz darauf Jimin. „Wo, wo, wo? Kann ichs sehen?!" Mit aufgeregten Blick kam ich ihm für kurz viel zu nahe. Dann machte ich Anstalt einfach an ihm vorbei zu marschieren und mir selbst ein Bild zu verschaffen.

Jimin sah meinen Versuch kommen und griff ohne Vorwarnung nach mir. Kurz darauf lag ich über seinen Schultern. „Absolut nicht Taehyung. Ich weiß nämlich, wie das Ende: Du merkst das diese lieben Kreaturen furchteinlösende grausame Wesen sind und zudem noch teilweise sehr gefährlich und ich muss kommen und dich retten. Diesmal nicht mein lieber Prinz, bei Schlagen bin ich raus."
Ich schnitt eine Schnute, ließ mich aber abtransportieren.

Als ich langsam immer weiter von seinen Schultern rutschte, versuchte er mich zurück auf meine Postion zu heben, berührte dadurch jedoch meinen Hintern ungünstig. „Hey!", rief ich aus, als mir Röte in die Wangen schoss. „Ach komm, wir sind Freunde. Kein großes Ding." Empört drehte ich halb meinen Kopf, doch als mein Hals ihn nicht mehr tragen konnte, ließ ich ihn herabfallen. „Tz das glaubst du vielleicht! Dabei bist du derjenige, der ständig mit mir flirtet!"

„Also denkst du, ich wäre interessiert an dir Prinz? In den Typen, der mir am ersten Tag unserer Bekanntschaft auf die Schuhe gekotzt hat?" Von der Erinnerung getroffen, vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Endlich waren wir bei Jac angekommen, doch noch ließ er mich nicht runter. Jac gab uns einen interessierten Blick. „Sollte ich fragen, worum es bei eurem Gespräch geht?" „Nein!", riefen ich und Jimin lachte. Ich immer noch hinter meinen Fingern. Ein wenig spähte ich hervor.

Jimin umgriff mich an der Hüfte und zog mich auf die Füße. Endlich wieder meines kleinen Größenunterschieds sicher, strauchelte ich ein paar wenige Schritte nach links, um mich zu entfernen. „Also dann, wollten wir weiter?", fragte ich mit einem beschämten Unterton. Sowohl Jac als auch Jimin mussten darüber lachen. Und so traten wir unsere Reise weiter an.

Wie wir so durch die Bäume traten, beobachteten wir die Natur und seine Bewohner. Alles schien zu verlaufen wie gewohnt, nur wir waren Fehl am Platz. Doch allen entging dieses zweite Detail, das ebenfalls aus der Reihe fiel.
Wir alle bemerkten es nicht, den Schatten, der von Baum zu Baum sprang. Nie nah genug um das Gefühl festzuhalten, das wir alle womöglich verdrängten: Das Wissen von dem vierten paar Augen zwischen dem Grün und Braun.
Und so lachte eine weitere Person über die Witze für drei.


Freigeschaltet von "Uzevia"

𝐅𝐨𝐮𝐫 𝐒𝐲𝐥𝐥𝐚𝐛𝐥𝐞𝐬 (𝖳𝖺𝖾𝗄𝗈𝗈𝗄)Where stories live. Discover now