Miami Days

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Der Zug hielt an dem überfüllten Bahnsteig und Kim - Alisha - griff nach ihrem Wanderrucksack. Dort war alles drin, was sie hatte. Ein paar Klamotten, eine Wasserflasche und eine kleine Tasche mit Kosmetikprodukten. Mehr brauchte sie eigentlich gar nicht. Die Fahrt war natürlich lang gewesen, sie hatte immerhin durch das ganze Land fahren müssen, und alleine war ihr schnell langweilig geworden, und so war sie froh, endlich da zu sein.

Die junge Frau zog den Rucksack auf und trat zwischen den aufgeregt schnatternden Menschen hindurch. Sie holte tief Luft und sah sich um. Da war der Ausgang. Schnell eilte sie die Treppenstufen hinauf und verließ das Bahnhofsgelände. Dort waren ihr eindeutig zu viele fremde Menschen unterwegs.
Doch nun stand sie vor dem Gebäude und fühlte sich so verloren und alleine wie noch nie. Sie hatte keinen Ort, an dem sie übernachten konnte, geschweige denn permanent bleiben konnte und sie kannte hier niemanden.

"Verflucht", murmelte sie und kramte ihr Handy raus. Wie sollte sie ihr neues Leben denn finanzieren? Sie hatte nur das Geld von den ganzen Aufträgen und weil ihr bisheriger Aufenthalt in den USA eigentlich illegal gewesen war (die Unterlagen für die Marine waren eventuell gefälscht gewesen) und sie einen sparsamen Lebensstil gehabt hatte, hatte sie noch viel von diesem Geld. Aber auch das würde ihr irgendwann ausgehen.
Und sie brauchte einen Job, was schlecht war, weil sie nie studiert hatte oder wirklich lange zur Schule gegangen war.

Die Wandlerin beschloss, die ersten Nächte in einem Hotel in Miami niederzulassen, bis sie eine permanente Unterkunft gefunden hatte. Sie buchte ein Zimmer und machte sich auf den Weg. Check-In war erst in zwei Stunden, also schaute sie sich die Stadt noch ein wenig an.
Mit Technik hatte sie nie viel am Hut gehabt, weswegen sie auch nie die Nachrichten oder ähnliches gehört hatte und dementsprechend selten etwas von Miami gehört hatte.
Noch während sie sich umschaute, kam ihr ein Gedanke. Sie rief bei Farryn García, einem Mitglied des nordamerikanischen Rat der Wandler an, der ihr ihre Nummer hinterlassen hatte, falls es Schwierigkeiten gab. Er würde ihr sicher auch einen Job vermitteln können, zumindest einen fürs Erste.

Mr. García hatte ihr versprochen, sich zu erkundigen, und mal zu schauen, was es so für Berufsmöglichkeiten für sie gab.
Alisha saß in ihrem Hotelzimmer und wartete gespannt auf eine Nachricht.
Ihr Leben musste sie nun neu organisieren. Alles würde ab jetzt anders werden. Die Sorge, dass jemand nach ihr suchen könnte, war ständig präsent, auch wenn sie wusste, wie dumm das eigentlich war. Wieso sollte irgendjemand aus ihrer Vergangenheit ihr nachstellen wollen? Okay, es könnte sein, dass jemand versuchen würde, sie ausfindig zu machen, weil sie von der Organisation Bescheid wusste. Aber sie kannte schließlich selbst kaum Namen und wenn sie irgendwas sagen würde, würde sie sich selbst ans Messer liefern.

Alisha seufzte und legte sich ins Bett. Die Gedanken wollten sie nicht in Ruhe lassen und als sie halb am Einschlafen war, kamen die Erinnerungen an ihre Vergangenheit zurück. An den anderen Kopfgeldjäger, der die Hand auf die tiefe Schnittwunde an seiner Seite gepresst hatte und verzweifelt versuchte, Alisha abzuschütteln.
Niemals könnte sie vergessen, wie sie jemanden ermordet hatte. Was, wenn das jemals jemand herausfand? Wenn das ans Licht kam, würde ihr neues Leben ebenfalls zerstört werden.

RunawayWhere stories live. Discover now