A Stranger In My Livingroom

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Ich ließ stumm die Tür hinter mir zufallen, legte meinen Beutel vor mir auf die Kommode, bevor ich mich wieder umdrehte und den Eingang zu meiner Wohnung verriegelte. Heute hatte ich nicht nochmal vor in die Kälte zu Stapfen. Kaum war ich drinnen angekommen, zog sich die Wärme durch meinen ganzen Körper. Ich erschauderte leicht und streckte mich einmal. Es war ein längerer Tag als mir lieb war. Ich beeilte mich die Jacke und Schuhe loszuwerden und wickelte den Schal ab.

Meine Beine trugen mich automatisch voran, im Vorbeigehen schnappte ich den Beutel und lief direkt ins Wohnzimmer. Ich ließ mich nach hinten auf das weiche Sofa fallen und griff mit beiden Händen in den Stoffbeutel auf meinem Schoß. Ganz vorsichtig legte ich die Schachteln eine nach der anderen auf den Tisch vor mir. Geschickt öffnete ich die erste Box, in welcher ein kleiner geschnitzter Holzbaum lag. Langsam drehte ich ihn in meinen Händen herum und lächelte leicht.

Ich hatte heute einen kleinen Laden entdeckt, der kleine Schnitzereien verkaufte und da in einigen Tagen Weihnachten war, hatte ich beschlossen ein bisschen Dekoration zu besorgen. Schließlich wollten ein Paar Freunde vorbeikommen und da durfte meine Wohnung nicht aussehen, als wüsste ich nicht, was Weihnachten war. Natürlich hatte ich schon einen Baum besorgt, an dem jedoch nichts weiter als eine Lichterkette hing, da ich den anderen die Chance geben wollte die Tanne zu Schmücken.

Ich stellte den kleinen Baum zu den Boxen auf den Tisch und griff nach der Nächsten. In ihr kam ein Stern zum Vorschein, welchen ich vermutlich an die Lampe über mir hängen würde. Er wurde in einem hellen Gelb bemalt und man konnte eine Glühbirne in eine Öffnung oberhalb der Zacken stecken.

Die nächste Schachtel war sehr schmal. Sie beinhaltete einen Holzbogen, in welchem Figuren ihrer Arbeit nachgingen. Zwei Bergmänner standen im Zentrum, zur Rechten saß eine Weberin in ihrem Webstuhl und zur Linken arbeitete jemand an kleinen Figuren, in seiner Hand hielt er ein Räuchermännchen oder einen Nussknacker, hinter ihm stand eine weitere kleine Figur und in der Luft schwebte ein Engel. Entlang des Bogens waren kleine Lämpchen geschraubt. Für den Schwibbogen hatte ich schon den passenden Platz ausgewählt.

Ich stand auf und lief Richtung Fenster, wo ich kurz die Pflanzen zur Seite schob, um das Holzwerk auf dem Fensterbrett aufzustellen. Den Stecker steckte ich direkt in die Steckdose neben dem Fenster und ich klippste probehalber den Schalter am Kabel, woraufhin jede der Lämpchen strahlte und den Raum in ein warmes Licht hüllte. Fröhlich tapste ich zurück zum Sofa und griff im Fall nach einer vierten Box.

Diese Schachtel war im Gegensatz zu den anderen nicht einfach braun, sondern wurde in einem dunklen Grün bemalt. Die Ränder zierte ein schimmerndes Gold, welches ein Herz in die Mitte der Box zeichnete. Verwirrt zog ich eine Augenbraue in die Höhe. Ich hatte nichts besorgt, was irgendwie besonders war. Alles wurde in braunen Schachteln verpackt, also wie kam das in meinen Beutel?

Ich hatte diese Box schließlich weder ausgesucht, noch bezahlt. Zögernd löste ich den Klebestreifen, der den Deckel der Schachtel daran hinderte, ungewollt aufzugehen. Ich klebte ihn, ohne ihm weiter Aufmerksamkeit zu schenken, an die Tischkante, bevor ich die dunkelgrüne Box langsam öffnete.

Vorsichtig schob ich das Packpapier zur Seite und legte den Gegenstand darunter Schicht für Schicht frei. Das letzte goldene Papier faltete ich sorgfältig in der Mitte und betrachtete den Inhalt der Schachtel mit geweiteten Augen.
Sie enthielt eine Holzfigur, fein geschnitzt und mit hellen Farben bemalt. Ich hob sie achtsam aus ihrer Hülle und hielt sie nachdenklich vor mir in die Höhe. Irgendetwas ließ diese Figur beinahe... lebendig wirken.

Die Gesichtszüge wurden bedacht herausgearbeitet und die Kleidung schlug Falten um den schmalen Körper. Auf dem Kopf thronte eine Weihnachtsmütze, ein Rot-Weiß gestreifter Schal lag locker um seinen Hals und fiel fast bis zu seinen Füßen hinunter. Sein beigefarbener Pullover sah beinahe schon gemütlich aus, es schien, als ob der Junge sich richtig in ihn hereinkuschelte.
In Gedanken versunken ließ ich mich nach hinten fallen, bis mein Rücken auf die Lehne traf. Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass ich diese Figur niemals zuvor gesehen hatte. Die Frage, wie sie in meinen Beutel gekommen war, blieb also nach wie vor bestehen. Irgendjemand musste sie mir untergeschmuggelt haben, aber wieso?

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