Kapitel 5

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Ich war heute bereits eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn in der Schule. Ich musste noch in paar Sachen für meine erste Stunde ausdrucken und ich wollte mich außerdem noch eine Weile mit Veronika und Robert unterhalten.

„Wollen wir noch auf den Hof rausgehen ein wenig chillen?", fragte Veronika, „wir könnten noch ein wenig frische Luft schnappen und ich könnte noch eine Zigarette vertragen. Außerdem können wir da nicht von unserer Majestät dem Direktor unterbrochen werden."

„Gute Idee, lasst uns gehen, ich hole noch eine Runde Kaffee", antwortete ich.

Zum Glück hatten wir Lehrer unseren eigenen Hof, zu dem Schüler keinen Zugang hatten. Am Hof angekommen zündeten wir uns alle eine Zigarette an, die Robert und ich wie immer von Veronika schnorrten.

„Man, ich hab so gar keine Lust auf die erste Stunde. Diese Klasse ist einfach immer so unmotiviert und nie bei der Sache. Ich komme mit dem Stoff gefühlt gar nicht weiter", stöhnte Robert, „warum mögen so wenige Schüler meinen Gegenstand?"

Ja, das wundert mich bei Mathematik auch sehr.

„Ach komm, was regst du dich eigentlich auf!", sagte Veronika, „alle Mädchen in der Schule sind doch heimlich in dich verliebt. Als ob du irgendwelche Probleme hast, die Aufmerksamkeit der Schüler zu gewinnen. Ich hingegen kann ein noch so spannendes Experiment im Unterricht durchführen und es würde sie nicht interessieren." Während Veronika wild gestikulierend ihren Standpunkt vertritt, stieß sie immer wieder energisch den Rauch ihrer Zigarette aus.

„Tja, ihr hättet euch eben ein beliebteres Fach auswählen sollen, wie Sprachen", erwiderte ich grinsend.

„Ja, gib an mit deinem tollen Spanisch" rief Veronika und boxte mich spielerisch in den Arm.

Wir lachten noch eine Weile rum als Robert meinte: „Wir sollten uns wohl besser auf den Weg rein machen. Es läutet in zehn Minuten und wir wollen doch vom Chef nicht als abwesend gemeldet werden."

„Nein, natürlich nicht!", antworteten Veronika und ich sarkastisch.

„Habt ihr ihn heute überhaupt schon gesehen?", fragte Veronika.

„Nein, eigentlich nicht ...", antwortete Robert.

Zum Glück, dachte ich mir nur. Einmal einen Tag Dean nicht über den Weg zu laufen wäre ein Traum. Wir drückten alle unsere Zigaretten aus und gingen wieder hinein Richtung Lehrerzimmer.

Wir gingen gerade am Büro des Direktors vorbei, als Dean auf einmal in der Tür auftauchte und sagte: „Katelynn, komm bitte in mein Büro, ich will dich sprechen." Dann ging er auch schon zurück in sein Büro, ohne auf eine Reaktion meinerseits zu warten. Ich blickte Hilfe suchend zu Veronika und Robert. Sie formten leise ein „Viel Glück" mit ihren Lippen, bevor sie selbst weitermussten, um sich auf ihren Unterricht vorzubereiten.

Ich stöhnte innerlich auf. Ich wollte eigentlich keine Privataudienz beim Chef haben. Was konnte er nur jetzt schon wieder wollen. Vielleicht war ich ihm ja wieder zu unpünktlich oder schlampig.

Da ich es nur schnell hinter mich bringen wollte, drückte ich die angelehnte Tür auf und betrat den Raum. Er stand mit dem Rücken zu mir gedreht an seinem Schreibtisch.

„Wo warst du?", fragte er gleich direkt.

„Wie bitte?" Ich konnte mein Staunen nicht verbergen. Ein Staunen, das fast in Empörung umgeschlagen hätte, aber zum Glück konnte ich mich beherrschen. Aber was sollte das denn jetzt schon wieder werden. Wo sollte ich schon gewesen sein und vor allem, was ging es ihm an.

„Bist du wieder zu spät gekommen?", hackte er weiter nach.

„Nein, ich war die ganze Zeit da, wir waren nur kurz draußen", antwortete ich bemüht ruhig, aber innerlich loderte es bei mir, „außerdem bin ich noch nie zu spät gekommen."

„Du solltest deine Zeit vor Unterrichtsbeginn sinnvoller nutzen. Und aufhören ständig zu kiffen."

„Ich kiffe nicht ...", ich brauch mitten im Satz ab, denn es hatte sowieso keinen Sinn mit ihm zu diskutieren.

Er war gerade dabei Formulare auf seinem Schreibtisch zu sortieren und diese zusammenzulegen. Er ging mit dem ganzen Papierkram durch den Raum zu einem Schrank, der an der Wand auf der anderen Seite stand. Ich blieb nichts anderes zu tun, als weiter an seinem Schreibtisch stehen zu bleiben.

„Jeder weiß, wie du bist und wie du drauf bist. Genauso wie ich es weiß."

Ja natürlich, als ob er mich in und auswendig kennen würde. Ich verspürte wieder diesen Brechreiz im Hals, wie immer, wenn ich ihn sah oder auch nur an ihn dachte. Ich wollte einfach nur raus hier.

„Hast du mich nur hierher bestellt, um mir das zu sagen, oder gibt es auch einen wichtigen Grund. Ich hätte nämlich in nur wenigen Minuten Unterricht."

„Ich wollte nur noch einmal fragen, ob du bereits einen Termin gefunden hast, an denen du die Lernstandserhebungen durchführen kannst."

„Tut mir leid. Ich musste mich um viele andere Sachen kümmern. Es stehen jetzt alle Klassenarbeiten an, für die sich die Schüler vorbereiten müssen und sie sollten zwischendurch auch einmal eine Pause haben."

„Wie bereits erwähnt: Finde einen Termin und trage ihn so schnell wie möglich ein. Du weißt ich brauche auf meiner Schule nur die besten Lehrer. Für alle anderen ist hier kein Platz", sagte er, während er immer näher auf mich zukam, bis er direkt vor mir stand. Ich spürte schon den Schreibtisch in meinem Kreuz.

Er kam noch einen Schritt näher und nun trennte es nur mehr ein Centimeter. Nun wäre ich am liebsten schreiend aus dem Fenster gesprungen. Was sollte das. Und dann streckte er auf einmal seine Hand aus und strich seitlich an meiner Hüfte entlang. An einer Stelle, an der etwas nackte Haut hervorschaute, an der mir meine Bluse hochgerutscht war. Als ich dachte es könnte nicht schlimmer werden, bewegte sich seine Hand immer weiter nach unten, bis sie meinen Hintern berührte.

Das war der Moment, in dem ich es nicht mehr länger aushielt. Das Einzige, was ich noch rausbrachte war: „Ich werde einen Termin finden. Ich muss jetzt in den Unterricht." Dann rannte ich raus aus dem Büro, ohne mich noch einmal umzusehen.

Ich musste nun leider wirklich in den Unterricht. Aber vorher ging ich noch auf die Toilette. Kotzen. Toller Beginn eines Arbeitstages.

Dear Mr. PresidentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt