26

668 28 6
                                    

DAS GERÄUSCH DER HAUSTÜR, DIE ZUGEKNALLT WURDE LIEß DAS ÄLTESTE CORT MÄDCHEN HOCHSCHRECKEN. Spätestens als sie das familiäre Klacken von Designerschuhen auf dem edlen Marmorboden hören konnte, wusste Jennifer, dass sie in Schwierigkeiten war. Sie setzte sich aus ihrer liegenden Position auf der Couch im Wohnzimmer auf und richtete schnell ihre zerzausten Haare, bevor sie nach der Fernbedienung griff, und die Liebeskomödie, die im Fernseher vor sich hinlief, stumm schaltete. 

„Kannst du mir erklären, warum zur Hölle ich auf meiner Geschäftsreise von deiner Schule angerufen werde und mir erzählt wird, dass meine Tochter seit drei Tagen nicht mehr zum Unterricht erschienen ist?", hallte Frankie Corts aufgebrachte Stimme durch das Haus, bis sie schließlich unmittelbar vor dem Sofa zum Stehen kam, auf dem ihre Tochter lag, von dutzenden Kissen und Decken umgeben. „Weißt du wie demütigend es ist, sowas über das Telefon von einer fremden Person zu erfahren und sich dann da raus reden zu müssen? Was hast du dir dabei gedacht, verdammt?"

„Ich bin krank", erwiderte Jennifer gleichgültig und ließ sich wieder zurück in die bequemen Kissen fallen. Ihre Mutter ließ ihren Blick einmal über sie wandern und hob dann tadelnd eine Augenbraue in die Höhe. Das Cort Mädchen seufzte tief und versuchte ihre Augen nicht vor ihrer Mutter zu verdrehen.

„Trägst du deswegen den Schal?", spottete Frankie und verschränkte ihre Arme vor der Brust, ihre Geduld bereits am Ende. „Hast du eine Grippe? Du siehst aber gar nicht krank aus."

„Keine Ahnung", antwortete Jennifer und hoffte, ihre Mutter würde sie einfach in Ruhe lassen, wenn sie den Ton des Fernsehers wieder einschalten würde. „Kann auch Krebs sein."

„Jetzt reicht's", murmelte Frankie unter ihrem Atem, woraufhin sie um den ausladenden Couchtisch herumlief und ihrer Tochter die Fernbedienung aus der Hand riss, um den Fernseher auszuschalten. Entsetzt beobachtete Jennifer ihre Mutter dabei, wie sie ihr die Decken vom Körper riss und sie dann an ihren Handgelenken in eine sitzende Position zerrte.

„Dir scheint es ja blendend zu gehen, wenn du noch deine blöden Witze reißen kannst", fauchte Frankie und begann, nach den Kissen und Decken zu greifen und diese dann achtlos auf den Boden zu werfen. „Dann bist du auch in der Lage zur Schule zu gehen. Los. Wenn du dich beeilst schaffst du es noch pünktlich zur dritten Stunde."

„Was ist dein Problem?", keuchte Jennifer, als sie sich an ihrer Decke festkrallte und ein Stück zur Seite rutschte, um Abstand zwischen ihr und ihrer Mutter zu schaffen.

„Du wirst dich jetzt umziehen und zur Schule gehen", wiederholte Frankie ihre Aussage, ihr Ton immer ungeduldiger. „Keine Widerrede. Los jetzt!"

Als Jennifer keinen Anstand machte sich zu bewegen und ihre Mutter nur entsetzt anstarrte, riss Frankies Geduldsfaden endgültig. Sie umfasste ihre Tochter bei beiden Handgelenken und zerrte sie gewaltvoll vom Sofa. Schmerzhafte Erinnerungen von der Szene in der Jungsumkleide brannten sich in Jennifers Gehirn. Doch die Frau zeigte keine Skrupel und zog das sichtlich panische Mädchen in Richtung des Flures, während dieses versuchte die Finger ihrer Mutter von ihrem Arm zu entfernen.

„Lass mich los", rief Jennifer immer wieder, doch ihre Mutter war stärker als sie und schaffte es, sie bis zu den Treppen zu zerren, bevor Michael Cort in der Haustür erschien, zwei schwere Koffer in seinen Händen. Er brauchte eine Sekunde um die Szene vor seinen Augen zu realisieren, bevor er zwischen die beiden Frauen ging und sie voneinander löste.

„Was zum Teufel ist hier los?", donnerte seine dunkle Stimme durch das Foyer und ließ Jennifer zusammenzucken. Frankie legte ihre Haare zurecht und räusperte sich, bevor sie ihren Ehemann anfunkelte.

„Sie simuliert", warf sie ihrer Tochter vor und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust, die sich immer noch schwer hob und senkte. „Sie ist nicht krank und deswegen wird sie sich jetzt anziehen und zur Schule gehen."

JENNIFER'S BODY [BILLY HARGROVE]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt