28. Alex

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"Sagen dir die Namen Sabrina und John etwas?"

Es war eine ganz einfache und völlig harmlose Frage, die mir Nates Vater da stellte. Nur zwei Namen. Nichts weiter. Aber mich liessen sie erstarren. Ich konnte nichts weiter tun, als Harry mit grossen Augen anzustarren. Wahrscheinlich sah ich völlig geschockt aus. Ich konnte auch Nates besorgten Blick auf mir spüren. Aber ich konnte mich nicht bewegen oder meine Gefühle verstecken.

Sabrina und John. Zwei Namen, die meine Welt ins Schwanken brachten. Die unzählige Erinnerungen und Gefühle hervor riefen. Ich sah die beiden vor mir. Der grosse, kräftige und meist ernste Mann mit dunklen Haaren und blauen Augen, die mich immer liebevoll und stolz anstrahlten. Die schöne, rothaarige Frau mit ihren leuchtenden grünen Augen, welche immer lächelte und fröhlich war. Die beiden Menschen, die für mich die Welt bedeuteten und meine grössten Vorbilder waren. Die zwei, die mich mit meinen Geschwistern allein gelassen hatten. Meine Eltern.

Die Erinnerungen und Gefühle überschwemmten mich und ich bekam kaum noch Luft. Ich sah nicht mehr, was um mich herum geschah. Die Bilder meiner Vergangenheit herrschten vor und versperrten mir die Sicht auf die Gegenwart. Erst durch eine tiefe, aber sanfte Stimme, welche ziemlich besorgt klang und eine warme Hand auf meiner Schulter wurde ich wieder ins Hier und Jetzt gezogen.

"Hey Alex! Was ist los? Geht's dir gut?" Mein Blick fiel auf das besorgte Gesicht von Nathan. Ich konnte nur schwach nicken und lehnte mich anschliessend an ihn. Ich braucht gerade seine Nähe und die Wärme, die von ihm ausging. Das beruhigte mich zumindest ein klein wenig. Nate reagierte schnell und schlang seine starken Arme um mich. Er strich mir sanft über den Rücken, was mich noch weiter beruhigte.

Nach einer Weile, während der ich einfach an Nate gekuschelt da sass und versuchte, mich etwas zu beruhigen, richtete ich meinen Blick wieder auf Harry. Dieser blickte mich mitleidig und traurig an. Als er meinen Blick bemerkte, schenkte er mir ein schwaches Lächeln, in dem ich deutlich Trauer erkennen konnte.

Als ich meiner Stimme wieder soweit traute, dass ich mir sicher war einen Satz sagen zu können, ohne dass sie brechen würde, fragte ich leise: "Woher kennst du sie?" "John war mein bester Freund." Daraufhin nickte ich bloss und lehnte mich weiter in Nates Umarmung. Wieder war es eine Weile still. Doch eine Frage brannte mir schon seit drei Jahren auf der Zunge und endlich hatte ich jemanden, den ich fragen konnte.

"Weisst du, wo sie sind?" Meine Stimme zitterte bei dieser Frage und ich wusste nicht, ob ich die Antwort wirklich wissen wollte. Ich hatte Angst. Natürlich hatte ich eine Vermutung, weshalb sie nicht zurückgekommen waren. Aber noch hatte ich die Hoffnung, dass sie noch lebten und es irgend einen guten Grund für ihr Verschwinden gab. Auch wenn ich mir keinen vorstellen konnte. Aber Harry wird mir vielleicht endlich sagen können, wo sie sind, was sie machen und wieso sie nicht zu uns zurück gekommen sind.

Noch immer etwas unsicher schaute ich zu ihm. Doch er hatte den Blick abgewandt und starrte auf den Boden. Er wich meinem Blick aus. Aber was genau hatte das zu bedeuten? Ich musste endlich wissen, wo sie waren. Ich hielt die Ungewissheit nicht mehr aus. "Bitte. Wenn du es weisst, musst du es mir sagen! Ich muss es endlich wissen!", forderte ich mit stärkerer Stimme.

Harry schaute mich aus traurigen Augen an und schien zu überlegen, ob er es mir wirklich sagen sollte. Ich schaute ihn entschlossen an und wandte meinen Blick nicht einen Moment von ihm ab. Nach einem kurzen Starrwettkampf gab sich Harry schliesslich geschlagen. "Sie sind vor drei Jahren auf dem Weg zu ihrem Rudel überfallen worden. Dabei wurden sie beide getötet." Den letzten Teil murmelte er nur leise vor sich hin, aber ich hörte ihn trotzdem. 

Ich schaute ihn geschockt an und krallte mich an Nates Arm fest. Ich brauchte etwas, an dem ich mich festklammern konnte, um nicht in der Trauer zu versinken, die mich gerade zu verschlingen drohte. Ich hatte es ja schon geahnt. Sonst gab es keine Erklärung dafür, dass sie uns ganz alleine liessen. Aber es jetzt von jemandem bestätigt zu bekommen, haute mich völlig aus der Bahn. Es machte es real und liess absolut keinen Raum mehr für Hoffnungen. Ich wusste jetzt, dass mich meine Mutter nie mehr in den Arm nehmen würde. Mein Vater würde mir nie wieder den Wald zeigen und mit mir und Nick tagelange Wanderausflüge machen. Ich würde keinen von ihnen je wieder sehen. Und wie sollte ich das Nick, Ben und Maja bitte erklären?

My wolfDonde viven las historias. Descúbrelo ahora