7. Nathan

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Vor mir sah ich endlich die schöne, grosse Villa, die mitten im Wald stand und als unser Rudelhaus diente. Hier konnten sich alle Wölfe meines Rudels zusammenfinden und miteinander Zeit verbringen. Wenn jemand ein Problem hatte, kam er ebenfalls hier her und ihm wurde geholfen. Mein Büro befand sich auch hier, im ersten Obergeschoss. Ja, als Alpha musste ich auch langweiligen Papierkram erledigen. Eindeutig ein Nachteil meines Jobs. Naja, da musste ich durch. Das Rudelhaus war jedenfalls der Dreh- und Angelpunkt jedes Rudels.

Ich kam gerade wieder nach Hause. Ich musste für eine Woche zurück in unser altes Revier. Mein Dad schaute dort, dass alles nach Plan lief, doch als ihr Alpha musste ich auch manchmal vorbeischauen und nach dem Rechten sehen. Ich hatte gehofft, dass ich nur für zwei, drei Tage dort bleiben musste, doch es gab dann doch mehr zu regeln, als ich gedacht hätte. Eigentlich komisch. Ich hatte mich dort irgendwie nicht so heimisch gefühlt. Dabei war es doch immer noch mein Rudel und bis vor ein paar Wochen hatte ich selbst noch dort gewohnt. Aber irgendwie ist mir dieser Ort hier ans Herz gewachsen und ich hatte ihn wirklich vermisst. Aber nun war ich ja wieder zurück. ‚Hoffentlich haben meine Jungs keinen Ärger gemacht...'

Ich parkte meinen schwarzen Sportwagen vor dem Haus und ging schnellen Schrittes zum Eingang. Ich öffnete sie freudig... und war erstmal verwirrt...

Ich roch den deutlichen Geruch von Blut und hörte das laute Gefluche meiner Kameraden. Ich ging Richtung Aufenthaltsraum, aus dem die Geräusche kamen. Ich trat in den offenen, grossen und sehr gemütlichen Raum und war geschockt. Was zum Teufel ist in meiner Abwesenheit passiert? Sind wir angegriffen worden? Warum hat mich Daimon dann nicht benachrichtigt?

Ich war vollends verwirrt. Im Aufenthaltsraum befanden sich um die zehn Leute. Ich konnte meinen Beta und seine Gefährtin ausmachen, ausserdem noch vier weitere meiner Kämpfer und einige ihrer Partner. Und dann war da noch unser Rudelarzt, der zwischen meinen verletzten Kämpfern hin und her huschte. Das war es, was mich so verwirrte. 5 meiner besten Wölfe sassen verletzt hier herum. Sie hatten Biss- und Kratzwunden an Armen, Beinen, Rücken und Bauch. Einer hatte sogar gut sichtbare Krallenspuren im Gesicht. Hatten diese Vollidioten sich gegenseitig herausgefordert und dabei verletzt? Wäre nicht das erste Mal, dass so etwas passiert, aber in diesem Ausmass? Oder sind wir wirklich angegriffen worden?

„Was ist denn hier passiert?" knurrte ich, bevor ich mir weiter den Kopf zerbrach. Erschrocken drehten sich alle zu mir um. Daimon erholte sich am schnellsten von dem kurzen Schreck und fragte mit einem leichten Lächeln auf den Lippen: „Auch mal wieder da, Nate? Hat ja ganz schön lange gedauert, nicht?" Während er sprach löste er sich sanft von Eve, stand auf und humpelte auf mich zu. ‚Moment! Humpelte?!' Tatsächlich, mein Beta humpelte und verzog dabei schmerzhaft das Gesicht, wenn auch nur ein klein wenig. Mein Blick fiel auf eine grosse, ziemlich tiefe Bisswunde an Daimons linken Bein. Woher hatte er denn eine solche Wunde? Er war unser bester Kämpfer! So leicht konnte ihn niemand verwunden! Und doch hatte er diesen Biss. Als ich ihn mir genauer ansah, entdeckte ich auch noch einige feine Kratzer, die vermutlich von bereits beinahe vollständig verheilten Wunden stammten.

Ich sah ihm in die Augen und verlangte erneut von ihm zu wissen, was um Himmels Willen hier geschehen war, während ich weg war. Daimon stiess einen Seufzer aus, bevor er mir meine Frage beantwortete. „Du erinnerst dich doch sicher noch an den unbekannten Geruch, den wir vor ein paar Wochen entdeckten? Nun ja, wir haben den Eindringling vor wenigen Stunden gefunden." Ich starrte ihn mehr als überrascht an. An den unbekannten Wolf konnte ich mich erinnern, doch es roch nach einem einzelnen Wolf und der hätte doch niemals so viele Verletzungen verursachen können. „Und wieso weiss ich noch nichts davon? Wie viele waren es? Und was habt ihr mit ihnen gemacht?", verlangte ich zu wissen. Daimon schaute kurz über die Schulter zu den anderen und es schien ihm irgendwie fast peinlich, als er zögerlich antwortete. „Ähm, naja. Wir konnten sie besiegen und haben sie in den Kerker gebracht. Und wegen der Anzahl. Naja... Es war nur jemand!"

Kurz traute ich meinen Ohren nicht. Einer? EINER?! Das konnte doch nicht sein Ernst sein! Ein einzelner Wilder konnte doch nicht meine besten Krieger so zurichten!? Ein einzelner?
„Einer?" fragte ich sicherheitshalber noch mal nach. Daimon nickte nur. Ich schaute zu den anderen und auch sie nickten betrübt.

Okay ich hatte mich nicht verhört. Einer... Wer auch immer das war, ich musste dafür sorgen, dass dieses Monster mein Rudel nicht weiter bedrohte. Ich musste zu ihm und dafür sorgen, dass er uns in Frieden lassen würde. Und wenn er das nicht tat, würde ich ihn selbst aus dem Weg räumen. Ganz einfach.

Und so schritt ich zügig in Richtung des Kellers, in dem die Verliese waren. Ich bekam noch mit, wie Daimon mir folgte und stieg dann die Treppe nach unten. Zu den Verliesen, um diesem Eindringling zu zeigen, was ich mit solchen wie ihm tat...

My wolfWhere stories live. Discover now