17. Alex

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Tatsächlich erreichte ich das Zimmer kurz vor dem Professor und setzte mich schnell auf einen freien Stuhl mittig im Vorlesungssaal. Der Professor begab sich nach vorne zu seinem Pult und begann uns etwas über irgendwelche Theorien zu erzählen.

Am Ende der zweistündigen Vorlesung war ich noch genau so schlau wie vorher. Obwohl ich mir wirklich Mühe geben wollte, mitzuarbeiten und aufzupassen, musste ich wohl irgendwann eingenickt sein. Ich war einfach zu müde. Jedoch ging es mir nach diesem Schläfchen tatsächlich besser.

Mit neuer Energie verlies ich den Vorlesungssaal und begab mich in die Kantine. Ich holte mir ein Sandwich und setzte mich an einen der noch freien Tische bei den Fenstern. Ich hatte gerade die Hälfte meines Essens gegessen, als sich eine fröhliche Liz auf den Platz vor mir fallen lies. Wie immer begann sie sofort drauf los zu plappern und hörte erst wieder auf, als es Zeit wurde in die Vorlesungen zu gehen.

Um 13 Uhr endete der Unterricht dann endlich. Erleichtert trat ich aus dem Gebäude, um direkt in eine kräftige Umarmung gezogen zu werden. Erst erschrak ich ziemlich, entspanne jedoch wieder, sobald ich den bekannten Geruch nach Veilchen erkannte, der immer an Liz haftete. "Hey Alex. Ich hab schon auf dich gewartet", strahlte sie mich an. "Was machst du denn hier? Hast du jetzt nicht einen Kurs?", fragte ich sie grinsend. "Ich habe eine Freistunde. Unser Schauspiellehrer ist Krank und die Vertretung kann erst in einer Stunde hier sein. Also dachte ich mir, ich gehe zu meiner besten Freundin und frage sie, ob sie nicht Lust hat, mal wieder einen Kaffee mit mir zu trinken und etwas zu quatschen." Ich muss dank ihrer aufgeweckten Art grinsen und antworte: "Das würde sie tatsächlich sehr gerne tun." Erfreut strahlt sie mich an und hackt sich bei mir unter. Lachend gingen wir in Richtung des kleinen Cafés, welches nur wenige Minuten entfernt war. Um dorthin zu kommen mussten wir den Parkplatz überqueren.

Dabei entdeckte ich das graue Auto von Finn. Er selbst stand daneben und unterhielt sich mit einer grossen, schlanken Frau, die ebenfalls nach Werwolf roch. Finn schien mich als erster zu bemerken und blickte lächelnd in meine Richtung. Ich hob bloss kurz grüssend die Hand und eilte dann Liz nach.
Wenn Finn mir folgen wollte, sollte er das machen. Ich werde mich jedoch sicher nicht anpassen!

Kurz darauf sassen Liz und ich mit jeweils einer Tasse Kaffee in den gemütlichen Stühlen des gemütlichen Cafés. Liz war gerade dabei sich über einen ihrer Professoren zu beschweren, als die Eingangstüre sich öffnete und Liz verstummte.

„Mein Gott, Alex! Erinnerst du dich an den super heissen Typen, von dem ich dir letztens erzählt habe? Der, der mir meine Tasche gebracht hat", flüsterte mir meine beste Freundin plötzlich aufgeregt zu. Ich musste kurz überlegen, doch dann erinnerte ich mich wieder an ihre Schwärmerei.
„Dort ist er! Er ist gerade in dieses Café gekommen!" Liz schien völlig begeistert und beobachtete etwas, vermutlich den Typen, hinter mir mit einem schmachtenden Blick.

Bevor ich mich umdrehen konnte, um mir diesen, wie Liz ihn nannte, unglaublich gut aussehenden Kerl anzuschauen, nahm ich plötzlich einen Geruch wahr. ,Bitte nicht!', dachte ich nur noch bevor ich meinen Kopf drehte. Sobald ich den Kerl sah, der kurz zuvor das Café betreten hatte, wollte ich Liz sagen, dass sie sich von ihm fernhalten sollte. Doch dazu kam ich überhaupt nicht mehr, denn Finn kam bereits auf uns zu.

"Guten Tag, meine Damen", ertönte seine fröhliche Stimme direkt hinter mir. Ich drehte mich wieder zu ihm um und erkannte, dass er ein charmantes Grinsen aufgesetzt hatte und seinen Blick starr auf Liz gerichtet hielt. "Hey", entgegnete diesem ihm schüchtern und wurde sogar etwas rot. Was war denn jetzt los? Sonst ist Liz doch immer so unglaublich selbstbewusst, wenn es darum ging sich mit Typen zu unterhalten.

Verwirrt schaute ich von meiner besten Freundin zu dem grinsenden Werwolf und wieder zurück. Nach einer Weile, in der die beiden sich einfach angestarrt hatten, ohne irgendetwas zu sagen oder zu machen, wurde es mir zu blöd. Ich mochte es nicht, wie Finn Liz anschaute. Er wirkte fast wie ein Raubtier, welches soeben seine Beute gefunden hatte. Und Liz sah nicht so aus, als hätte sie etwas dagegen seine Beute zu sein. Aber ich werde nicht zulassen, dass er ihr zu nahe kommt oder sie sonst wie verletzt. Zumal sie keine Ahnung hat, wer oder was er ist.

"Was willst du hier, Finn?", fragte ich ihn mit einem warnenden Unterton. Er blinzelte kurz verwirrt und es schien, als wäre ihm erst jetzt wieder bewusst geworden, dass ich ebenfalls da war. "Ähm... ach ja. Ich wollte mal schauen, was du so machst und mich deiner reizenden Freundin vorstellen", erklärte er, nachdem er sich wieder gesammelt hatte und schaute schon wieder in Richtung Liz. Ich konnte bei diesem Blick, den er ihr zuwarf, nicht verhindern, dass mir ein leises, bedrohliches Knurren entwich. Daraufhin schaute er verwirrt wieder zu mir und legte fragend den Kopf schief.

Liz bekam von meinem kurzen Aussetzer glücklicherweise nichts mit. Sie blickte nur verwundert zu mir und fragte: "Ihr kennt euch?" Ich schüttelte verneinend den Kopf, doch Finn war da scheinbar anderer Meinung. "Klar wir sind richtig gute Freunde. Nicht wahr, Alex?", dabei wandte er ausnahmsweise mal den Kopf in meine Richtung und grinste mich schelmisch an. Ausserdem schien er beschlossen zu haben, dass er sich zu uns setzen würde und zog sich einen Stuhl an unseren Tisch und liess sich darauf nieder.

Liz warf mir einen verwirrten Blick zu, der eindeutig nach einer Erklärung verlangte. Ich seufzte ergeben. "Wir haben uns erst vor kurzem kennengelernt. Finn hat mich angesprochen und scheint jetzt der Meinung zu sein, dass ein paar kurze Wortwechsel uns zu Freunden machen und er sich einfach dazusetzen kann, wenn ich in Ruhe mit meiner besten Freundin reden will." Den letzten Teil richtete ich an den Störenfried und liess ihn klar hören, dass ich keine Lust auf seine Gesellschaft hatte.

"Ach tatsächlich, dass ist ja ein Zufall. Schliesslich haben wir uns ja auch erst vor ein paar Tagen gesehen. Erinnerst du dich?", wollte Liz von ihm wissen und lächelte ihn weiter schüchtern an. "Aber natürlich", kam auch direkt Finns Antwort, "Wie könnte ich eine solche Schönheit vergessen?" Ich konnte genau sehen, wie Liz knallrot anlief und hörte, wie sie leise kicherte. Ihr schien es zu gefallen, dass Finn sich zu uns gesetzt hatte und scheinbar war ich nun nur noch zweitrangig. Die beiden unterhielten sich und flirteten miteinander, ohne sich dabei von mir verwirren zu lassen.

Irgendwann gab ich es auf, mich dazwischen zu stellen und begann für meine nächsten Kurse zu lernen. Die zwei bemerkten es gar nicht. Finn ist ja ein richtig guter Wachhund. Ich könnte einfach aufstehen und irgendwo hin gehen und er würde nichts davon mitbekommen.

Nach einiger Zeit fiel mir auf, dass Liz so langsam losgehen müsste, um noch rechtzeitig in ihren Kurs zu kommen. Das sagte ich ihr auch, woraufhin sie fluchend aufstand und sich verabschiedete. "Alex hat recht, ich muss leider los. Es hat mich gefreut dich wieder zu sehen. Alex kann dir ja noch meine Nummer geben, dann können wir vielleicht mal essen gehen oder etwas in der Art." Damit drehte sie sich um und stürmte aus dem Café.

My wolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt