Das Königreich der Finsternis

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„Ok... hat einer einen Plan, wo wir so richtig anfangen sollen?", fragte Jisung in die Runde und legte den Kopf schief.

„Ähm, naja, wir sollen nach diesem Leviathan suchen oder?", gab Jeongin zurück. Seungmin seufzte genervt und zog schon sein Tablet hervor, das er mittig auf dem Tisch platzierte und dann tippte er in die Suchzeile den Begriff ein, dem wir uns widmen sollten.

Sofort ploppten die Suchergebnisse auf und tatsächlich nahm gleich der erste Treffer Bezug auf die Mythologie und unser Themengebiet.

„Das war ja einfacher als erwartet", meinte Gunhak und beugte sich weiter über das Tablet. „Seht mal, gleich darunter steht was zu diesem Typen, der das Buch verfasst hat."

„Ja, aber darum müssen wir uns gar nicht kümmern", winkte sein Stiefbruder ab und zückte seinen Stift. „Also los geht's. Was können wir als Erstes notieren?"

Seungmin tippte auf den Weblink und schon öffnete es sich in einem neuen Fensterchen.

„Der Leviathan ist ein kosmisches Seeungeheuer aus der jüdischen Mythologie. Seine Beschreibung enthält Züge eines Krokodils, eines Drachens, einer Schlange oder eines Wals. Der Leviathan soll am Ende aller Tage von Gott besiegt werden." Trug er im Flüsterton vor und setzte sich anschließend wieder gerade hin. „Das klingt gar nicht so langweilig."

Auch ich blickte nun auf und musste eingestehen, dass sich dieser Thomas Hobbes wohl doch mehr Gedanken zu seinem Werk gemacht hatte als zunächst erwartet.

Jisung drehte das Tablet weiter zu sich und murmelte dann: „Hier steht, dass der Leviathan von Gott erschaffen wurde, um mit ihm spielen zu können. Die Handhabung und Kontrolle über ein solches Wesen sollte seine Macht und Souveränität veranschaulichen. Laut anderen Bibelübersetzungen spielte nicht Gott mit dem Leviathan, sondern dieser im Meer mit den Schiffen."

Wie von allein griff nun ich nach dem Tablet und nahm mir den nächsten Abschnitt vor, den ich still überflog und dann das Wichtigste für unsere Gruppe wiedergab. „Also in der jüdischen Heiligenschrift, dem Tanach, was übrigens bei den Christen das Alte Testament ist, wird der Leviathan als Fabelwesen dargestellt. Er wird häufig auch vereinfacht als Allegorie für die vernichtende Kraft des Meeres aufgefasst. Im Buch Hiob wird seine Stärke und Macht als Sinnbild für Hiobs Furchtlosigkeit verwendet.

Ich reichte das Tablet an Hwanwoong weiter, der sogleicht begann, den folgenden Teil zu zitieren. „Aus den Apokryphen, den christlichen und jüdischen Schriften, die es nicht in die Bibel geschafft haben, geht hervor, dass der Leviathan ebenso ein weibliches Fabelwesen sein könnte, dass mithilfe seines männlichen Gegenstückes Behemoth durch Gott zur Züchtigung der Menschen gesandt wurde."

An dieser Stelle unterbrach Jisung ihn. „Das heißt jetzt, diese Biester sollten die Menschen für ihre Fehler bestrafen?"

„Scheint so...", sagte Woong und las dann weiter. „Behemoth beherrschte die Wüste, während Leviathan auf dem Grund des Meeres ruht. Von einer Vision Abrahams glaubt man zu wissen, dass der Leviathan die Welt auf dem Rücken trägt und durch seine Vernichtung auch die Welt selbst stirbt."

„Das klingt alles wahnsinnig tiefgründig", murrte Gunhak und drehte den goldenen Ring an seinem Finger.

„Na dann... mal sehen, was wir noch alles erfahren", meinte Jeongin und nahm das Tablet jetzt an sich, um ebenfalls etwas zu unserer Gruppenarbeit beizutragen. Seine Augen huschten über die Bildschirmoberfläche und weiteten sich dann leicht.

„Ähm, ok." Er räusperte sich nochmal kurz und begann dann mit zögerlicher Stimme zu sprechen. „In der christlichen Kultur, vor allem im Mittelalter kam eine neue Deutungsform des Leviathan auf. Hier wurde er mit dem Teufel in Verbindung gebracht. Der Leviathan wurde als Höllenschlund dargestellt, ein tierisches Monster, das Satan am Tag des jüngsten Gerichts mit den Seelen der Verdammten füttert. Zusätzlich war er eine Allegorie für Chaos und Unordnung, für Gottferne und Sündhaftigkeit des Menschen." Jeongin unterbrach seine Rezitation und sah uns ein wenig verstört an. „Laut dem Philosoph Thomas von Aquin und dem Weihbischof Peter Binsfeld repräsentiert der Leviathan den Dämon des Neides und somit eine der sieben Todsünden."

Dancing with DemonsWhere stories live. Discover now