36. Abschiedsfete

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Inspiration durch: Clint Eastwood - Gorillaz

In der letzten Augustwoche sank die Stimmung meiner Freunde in ein unendliches Tief. Mirabella litt plötzlich an einer Schreibblockade, Dner war ununterbrochen zerstreut und ein Schatten seiner selbst, Tara glich einem Gespenst, Marci wirkte nur noch abwesend, Manu sah aus, wie der Anime Charakter L aus Death Note und Zimbel verbarrikadierte sich so in seinem Aufnahmezimmer, als wolle er mir bewusst aus dem Weg gehen. Ich verstand einfach die Welt nicht mehr. Wie konnten bloß die fröhlichsten Menschen der Welt so aus der Bahn geworfen werden? Okay, ich hatte ihnen vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass ich nach Australien gehen würde, aber konnte sie das wirklich so sehr deprimieren? Ich musste wohl dringend meinem Freund dazu überreden, mir zu sagen was eigentlich los war und ich hatte keinen blassen Schimmer, wie ich das anstellen könnte. Ich hoffte einfach mal auf mein Glück.
"Schatz, mach endlich auf!" rief ich und hämmerte gegen die Tür zu seinem heiligen Aufnahmezimmer. "Nein" kam es bestimmt von der anderen Seite. Ich blies genervt meine Backen auf, blickte finster zu der hölzernen Barrikade und sagte todesernst "wenn du mir nicht gleich öffnest, dann packe ich augenblicklich meine Sachen und gehe!" Ich erhielt keine Antwort. Betrübt seufzte ich, senkte meinen Blick und wandte mich schon zum Gehen, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde. "Du gehst doch sowieso!" fuhr mich mein Freund an, seine Augen glänzten vor Wut und Traurigkeit, er wirkte auch blasser als sonst. "Zimbel, ich..." fing ich an, streckte meinen Arm nach ihn aus, doch sein ungewohnter kalter Blick ließ mich mitten in der Bewegung einfrieren. "Nein! Dir ist es doch scheißegal, was aus mir und den anderen wird! Hauptsache du kommst nach Australien! Weißt du, was für eine egoistische Person du geworden bist?" unterbrach er mich unsanft, ich lief vor Wut und Entsetzen über seinen scharfen Ton rot an, biss meine Zähne zusammen, um ihn nicht anzuschreien und fauchte dann "wenn du Schluss machen willst, dann ist das hier jetzt auf jeden Fall der richtige Zeitpunkt Freundchen." "Hast du wohl darauf gewartet, dass ich meine Meinung sage? Wolltest du genau das mit deiner Entscheidung erreichen? Liebst du mich überhaupt noch?" warf er mir seine Fragen an den Kopf, ich sah ihn einfach nur an und erwiderte "natürlich liebe ich dich noch du blöder Idiot! Falls du es noch nicht begriffen haben solltest, ich will schon mein ganzes Leben lang einmal nach Australien, aber dir passt das natürlich wieder nicht, da eine Fernbeziehung im Zeitalter Internet auf keinem Fall eine Zukunft hätte! Und wie auch nicht anders zu erwarten schließt du dich in deinem ach so heiligen Zimmer ein, anstatt wie ein reifer, erwachsener Mann mit mir darüber zu reden!" "Ich hätte es dennoch äußerst nett gefunden, wenn du mir deine Pläne früher mitgeteilt hättest! Aber nein, das feine Fräulein Rahmel sagt es natürlich wieder erst eine Woche vor seiner Abreise" antwortete der Let's Player bitter und wandte sich wieder zu seinem Zimmer. Reflexartig griff ich nach seiner Hand, drehte ihn irgendwie zu mir und sagte "wir haben noch eine ganze Woche, in der wir alles mögliche machen können, sieh es doch positiv Zimbel." "Ich soll es positiv sehen, dass du für vier verdammte Monate weg bist? Mich quasi alleine lässt und dir ohne mich eine schöne Zeit am anderen Ende der Welt machst, dich ohne mich vergnügst?" erwiderte er, verschränkte die Arme vor der Brust und ich antwortete "ohne dich wirklich Spaß haben? Geht das für mich überhaupt? Ich mein, du hast doch auch das Angebot bekommen, warst dir aber mal wieder zu fein, es anzunehmen, da du Kameras ja hasst." "Ich hasse Kameras nicht, aber ich fühle mich dann immer so beobachtet, das solltest du wissen" verbesserte er mich, ich verdrehte die Augen, packte ihn an den Schultern und drehte ihn hin und her, als ich sprach "komm schon Schatz. Es sind doch nur vier Monate. Wir skypen auch jeden Tag mindestens eine Stunde und du darfst mir auch jede halbe Stunde schreiben, wie scheiße ich doch bin, weil ich dich quasi alleine in Deutschland zurück gelassen habe." Behutsam nahm er meine Hände von seinen Schultern, hielt sie fest und entgegnete "wirklich jede halbe Stunde?" "Du kannst mir auch gerne öfter schreiben, wenn du dann glücklich bist" feixte ich, nun lächelte auch mein Zimbel, murmelte "ich werde dich trotzdem schrecklich vermissen" und zog mich in eine lange Umarmung.
"Ich hasse es, mit dir zu streiten" meinte ich, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst hatten. "Deshalb machen wir das ja auch nicht so oft" antwortete Micha, tippte mir auf die Nase und grinste mich dabei schelmisch an. "Na warte du Untoter du!" rief ich, versuchte ihn zu kitzeln, scheiterte aber leider dank seiner schnellen Reflexe und schon hatte er mich über seine Schulter geworfen und trug mich in aller Seelenruhe durch die Wohnung. Das konnte auch nur mir passieren. "Ey! Das ist nicht fair!" protestierte ich lautstark, strampelte sogar wild um mich, doch der Let's Player lachte nur und sagte "was willst du kleine orangeköpfige schon gegen mich ausrichten." Ich verzog mein Gesicht zu einer fiesen Grimasse und entgegnete "warte nur ab, sollte ich jemals hier runter kommen, kannst du dein blaues Wunder erleben!" "Natürlich" machte sich der brünette über mich lustig, feixte von einem Ohr zum anderen und augenblicklich drehte sich die Welt um mich herum fast schon unerträglich. Als sich meine Umgebung wieder normalisiert hatte, bemerkte ich, dass ich auf der großen Couch im Wohnzimmer saß. "Und Kleine, wo bleibt deine diabolische Rache?" zog mich mein Freund weiter auf, ich sah ihn mit meinem Killerblick an und sagte langsam und bedrohlich "lauf. Lauf ganz schnell weg." Dann ging ich entschlossen auf ihn los, doch Zombey lachte nur, packte meine Arme und verfrachtete mich in wenigen Sekunden wieder zurück aufs Sofa. "Du würdest es niemals wagen..." fing ich an, Micha sah mich mit einem undefinierbaren und zugleich gefährlichen Blick an und fragte rethorisch "würde ich nicht?" Für die folgende Aktion hasste ich meinen Zimbelmann ein wenig, denn er nutzte einfach meine größte Schwäche, meine Kitzligkeit. Nach einer gefühlten Ewigkeit und etlichen Morddrohungen meinerseits hörte er endlich mit dieser speziellen "Folter" auf, ich setzte mich wieder normal hin, sagte "mach das gefälligst nie wieder" und klatschte ihm gespielt eine.
Am Abend herrschte dann plötzlich große Aufregung im Haus. Die Nachbarn meines Vaters schriehen sich so laut an, dass ich mein Handy für den Notfall schon bereitgelegt hatte, Mirabella hörte auf voller Lautstärke Songs von Genesis und Micha hatte sich in Luft aufgelöst. Wie er das geschafft hatte konnte und wollte ich nicht erklären. Dafür hatte sich aber das gesamte YouTuber-Haus in der Wohnung versammelt und räumte den Kühlschrank mit riesigem Eifer leer. Auf dem großen Sofa konnte ich auch nicht mehr sitzen, da es sich Simon, Fabian, Ardy und Dner darauf bequem gemacht hatten, gespannt einen Film sahen und genüsslich Chips futterten. Tara saß auf dem Küchentisch, schüttete einen Energy nach dem anderen in sich hinein und spornte Taddl wie auch Marci dazu an, etwas zu kochen. Als sie mich bemerkten, sahen sie mich an, grinsten und hoben ihre Hände zur Begrüßung. Ich gab mir eine innerliche Facepalm und verfluchte die drei Chaoten. Die Küche würde ich definitiv nicht sauber machen. Getopt wurde das Verhalten der drei Verrückten nur noch von Mirabella, die plötzlich auftauchte, sich Marci schnappte und mit ihm verschwand. Ich wollte mir wirklich nicht im geringsten vorstellen, was die beiden vorhatten, deshalb griff ich auch nach meinem Handy und wählte Michas Nummer. Dieser meldete sich sogar, sagte aber nur, dass ich mit den anderen sofort zum Rheinpark kommen solle.
Dort kamen wir genau in dem Augenblick an, als der Sonnenuntergang einsetzte. Auf einer großen Grünfläche waren Biergarnituren aufgestellt worden, ein Grill stand im Zentrum der Wiese, Lampignons zierten die Äste der umstehenden Bäume und mein Freund, Erik, Bella, Marci, Manu und mein Dad standen plötzlich vor mir und riefen mit den anderen "Überraschung!" "Wieso? Weshalb? Warum?" fragte ich, strahlte dabei aber über beide Backen vor Freude. "Na du, Valle und Erik seid doch ab nächster Woche nicht mehr da, also ist das euer Abschiedsfest" erklärte Manu und legte mir begeistert seinen Arm auf die Schulter. "Und warum bin ich mal wieder die Einzige, die davon nichts wusste?" hakte ich nach. "Na lass uns doch auch etwas Rache, wenn du uns deinen Plan erst eine Woche vor dem Flug erzählst, Lu" grinste Tara, umarmte mich und schob mich zu einer der Garnituren um die Simon, Caty, Zimbel, Felix und Fabian saßen.
"Warum habt ihr die Party nicht an unserem letzten Abend veranstaltet?" wollte ich wissen, nachdem wir gegessen und Bella eine Platte von den Beatles aufgelegt hatte. "Nun ja, es war Zombeys Wunsch, er wollte mit dir noch irgendwo hin fahren" erwiderte Simon und grinste meinen Freund an, der seine Backen aufblies und sagte "das sollte doch unser Geheimnis bleiben, Herr Wiefels." Ich lachte und meinte "ist doch nicht schlimm Schatz, wohin fahren wir denn und wann geht's los?" "Nach Weimar und morgen Mittag" berichtete der brünette, ich fiel ihm um den Hals und lächelte "ich freu mich schon." Danach plauderte ich noch mit allen. Gegen zwei Uhr nachts verabschiedeten sich meine Freunde schweren Herzend von mir beziehungsweise uns und ich fuhr mit Zimbel und Sari nach Hause.
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Der Epilog folgt nächste Woche. Und seid mir bitte nicht böse, dass das hier kein richtiger Autortalk ist.
Tschö mit Ö und LG
eure Lauri

Mein Vater, der Let's Player [deutsche YouTuber | Zombey FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt