Alkoholdrachenproblem (4)

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"Hey, warten Sie doch", rief mir eine Frau hinterher.

Da war ich aber schon hinter einem Strauch verschwunden und nutzte die Deckung des Parks für meine Flucht. Im Park würde ich nicht bleiben können. Hier war ich nicht sicher, sobald die Polizei ankam und nach mir suchte. Doch wo war ich es?

"Hast du einen Plan, wo es hingehen soll?", säuselte mir Glen ins Ohr. "Oh und vielleicht nimmst du noch einen Schluck, das nimmt dir die Nervosität."

"Ich bin nicht nervös", erwiderte ich und sah nervös über meine Schulter zurück, ob ich verfolgt wurde. Da waren definitiv Leute unterwegs. Waren sie hinter mir her?

Ich erreichte den Ausgang auf der anderen Seite des Parks und tauchte in der ersten Gasse, die ich fand, unter. Im Schatten lehnte ich mich gegen die Wand, fischte die Flasche aus der Manteltasche und nahm einen kräftigen Schluck. Danach noch einen zweiten und dritten.

"Ja, das ist besser, was?" Glens Stimme wurde mit jedem Schluck melodischer und auch das Geplapper der alten Drachen wurde zu einem sanft säuselnden Hintergrundgeräusch.

"Jetzt ist es besser, aber wenn ich zu viel trinke ..."

"Keine Sorge, ich passe ja auf dich auf."

Das kommentierte ich nicht. An all die Katastrophen, die wir schon gemeinsam durchgemacht hatten, wollte ich lieber nicht denken. Es war eine andere Sache, die mich beschäftigte: "Wie lange muss ich eigentlich noch weglaufen, bis diese Mission erfüllt ist?"

Mit einem 'Pling' tauchte eine halbdurchsichtige Stadtkarte vor mir auf und ein roter Klecks erschien dort, wo ich mich befand. Kleine, braune Drachenfüße wanderten von diesem Punkt aus durch die Straßen der Stadt, bis sie in einem Wohngebiet ankamen und mit einem roten X eine Stelle markierten.

"Dort soll ich hin?" Ich zuckte mit den Schultern und wischte die Karte beiseite. In der Ferne erschien über den Dächern der Stadt ein roter Pfeil, der nach unten zeigte. Das kannte ich ja schon.

"Also gut." Ich ließ die Finger knacken und machte mich auf den Weg. Die Drachentapser erschienen jetzt auch vor mir auf dem Weg. Wegfindung für Dummies. Mein Spiel hätte so etwas nicht gebraucht, ein wenig Herausforderung tat den Leuten gut. Doch jetzt nahm ich es dankbar an, besonders, weil gerade ein Polizeiauto mit Blaulicht und Sirenen an mir vorbeisauste. Es wurde höchste Zeit, zu verschwinden.

Die Fußspuren führten mich durch die Gassen unserer mittelalterlichen Innenstadt, vorbei an einem Teeladen, aus dem es wunderbar duftete, und schließlich durch das Stadttor hinaus. Hier draußen wurden die Häuser erst kleiner und dann wieder größer. Erst Mehrfamilienhäuser, dann vereinzelte Hochhäuser. Als ich viel später ein Neubaugebiet erreichte, war meine Flasche beinahe leer und die Fußspuren tanzten auf wundersame Weise über den Boden.

"In zehn Metern hast du dein Ziel erreicht", mimte Glen das Navi. "Das Ziel liegt rechts."

Ja, er hatte recht, da vorne schwebte der rote Pfeil über einem Garten und schwang wild hin und her. Jetzt, kurz vor dem Ziel, schlug auch der Alkohol so richtig zu und ich spürte, wie meine Beine schwer wurden. Mit jedem Schritt rollten die parkenden Autos, die neben der Straße parkten, vor und zurück. Panisch wich ich einem davon aus.

"Scheiße ...", lallte ich. "Der wollte mich grad echt überfahren."

"Die Autos stehen, Erik. Du bist einfach nur besoffen."

"Na dann." Ich stützte mich gegen den Zaun und ließ mich vornüber in den Garten fallen. Neben dem Zaun hatten sie irgendwelche Blumen angepflanzt. Denen ging es jetzt sicherlich nicht besser als mir.

Ich hob zittrig meinen Kopf. War ich schon da? Nein, das Ziel war irgendein Gebäude auf Stelzen. Eine Art ... Spielhaus für Kinder? Gott, was hatten sich diese Drachen nur dabei gedacht, mich hierher zu schicken?

Ich zog die Beine unter meinen Bauch und krabbelte die letzten Meter bis zum Haus, wo ich mich an gelben Plastikgriffen in die Höhe zog. Zum Glück musste ich nur die eine Stufe hochklettern, dann konnte ich mich hineinfallen lassen. Dort lagen zwei Schlafsäcke, als hätte man mich erwartet, dabei hätte mir doch einer gereicht.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass die für dich gedacht ..." den Rest von Glens Satz bekam ich schon nicht mehr mit, denn ich schlief ein.

***

Etwas Nasses berührte meine Stirn und ich riss die Augen auf. Es war verdammt hell und ich hob meine Hand vor das Gesicht. Ließ nur einen Schlitz zwischen den Fingern frei, um zu erkennen, was hier los war.

Ein Junge stand über mir. Ich hatte das Gefühl, als wäre mir genau das heute schon einmal passiert. Nun, wenn es denn immer noch derselbe Tag war. Aber etwas war anders, denn neben ihm stand ein Mädchen, das eine Ähnlichkeit mit ihm hatte, die beunruhigend war. Beide trugen Latzhosen und grinsten mich an. Hinter ihnen schwebte die Missionsanzeige, die schräg von einem 'Mission abgeschlossen' durchzogen wurde. Na wenigstens das hatte ich geschafft.

"Warum liegst du in unserem Spielhaus?", fragte das Mädchen. "Hast du dich verlaufen? Ich würde dir ja gerne unseren Kompass geben, aber mein tollpatschiger Bruder hat ihn gestern im Wald verloren. Dabei haben wir den von unserem Onkel bekommen. Den besuchen wir hier. Und falls du wissen willst, warum wir nicht in der Schule sind, wir haben schon früher Ferien bekommen." Sie drehte sich zu ihrem Bruder und grinste ihn an. "Siehst, wusste ich doch, dass uns das jeder glaubt."

Das Mädchen plapperte wie ein Wasserfall und ich schob schützend meine Unterarme vor den Kopf. "Tut mir leid, kannst du etwas langsamer sprechen? Mir brummt der Schädel."

"Puh, du stinkst ganz schön dolle", sagte das Mädchen.

"Ja, ich habe auch bestimmt zwanzig Liter Whisky getrunken. Dann riecht man so."

"Du weißt aber, dass das nicht gesund ist, oder?"

Ich setzte mich vorsichtig auf. Mein Kopf dröhnte so stark, als wäre mein Gehirn einfach liegen geblieben und die beiden Körperteile müssten jetzt klären, wer eigentlich recht hatte. "Ihr macht mich fertig", murmelte ich. "Glen, wie komm ich jetzt wieder hier weg?"

Glen tauchte neben mir auf und die Kinder machten große Augen. Das konnte doch nicht ... konnten sie ihn etwa sehen? "Glen, ich glaube, die können dich sehen, wiederholte ich meine Gedanken, damit er nicht der Einzige war, der sie nicht gelesen hatte."

GetränkedrachenDonde viven las historias. Descúbrelo ahora