Alkoholdrachenproblem (2)

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Ich starrte auf die Mission.

[Mission: Halte den Bankräuber auf!
Kategorie: Tutorial
Schwierigkeit: F
Aufgabe:
     1. Verhindere, dass der Bankräuber mit der Beute entkommt.
     2. Fange den Bankräuber.
     3 Sorge dafür, dass niemand sonst verletzt wird.
Zeitlimit: -
Belohnung: Aufnahme in die Getränkedrachenliga. 10 Drachenmünzen.
Strafe: Du darfst weiterhin dein miserables Leben auf der Straße fortführen.]

Ja, ich hatte verschiedenen Missionsarten in meinem Spieleprototypen, das hatten sie also schonmal übernommen. Der Schwierigkeitsgrad rangierte bei mir zwischen F und S, wobei diese mit F eine der leichtesten Missionen war. Einen Bankräuber aufzuhalten war also einfach? Es gab Regeln, an die ich mich halten musste, eine Belohnung, wenn ich erfolgreich war, und eine Strafe, wenn nicht.

"Die Leute, die sich den Quatsch ausgedacht haben, haben einen merkwürdigen Humor oder? Mein miserables Leben ... habt ihr Drachen überhaupt Häuser oder so was?"

Es zischelte in meinem Ohr, also ob jemand ganz leise mit mir spräche.

"Sorry, das hab ich nicht verstanden." Ich steckte mir den Finger ins Ohr und pulte herum, nur für den Fall, dass das an mir gelegen haben könnte.

"Die erhabenen Drachenbeobachter meinen, dass wir Drachen nicht nur in Häusern, sondern Palästen leben. Nun, sie zumindest, ich sitze schließlich im selben Boot, wie du. Noch einen Schluck? Dein Alkoholpegel sinkt schon wieder ab."

Ich nahm noch einen Schluck und ließ meinen Blick über den idyllischen Park wandern, in dem ich übernachtet hatte. Nun, er hatte zumindest etwas Idyllisches, wenn man sich die Mülleimer wegdachte, die bis zum Bersten gefüllt waren, und die anderen Obdachlosen, die gerade ihre Sachen packten. Ich hob zum Gruß die Flasche hoch und der alte Willy gegenüber schüttelte nur den Kopf. Ja, hier gehörte ich auch nicht so richtig dazu. Vielleicht hatte Willy auch nur gezittert. Auf alle Fälle hatte ich nichts dagegen, mein miserables Leben hinter mir zu lassen.

"Was ist das überhaupt, diese Getränkedrachenliga?", fragte ich. Das war definitiv nichts, das von mir stammte. Also waren diese alten Drachen doch nicht absolut faul. Oder natürlich, sie hatten auch noch bei anderen Leuten geklaut.

Es wisperte wieder in meinem Ohr und ich wünschte mir, dass die ihre Nachrichten doch einfach auch in die Luft malen und die Klappe halten könnten. Sonst bekam ich heute noch ganz übles Kopfweh.

"Sie meinen, dass du das nicht so genau wissen musst", erklärte Glen. "Aber wenn ich das richtig mitbekommen habe, haben sich die letzten Tage einige Getränkedrachen einen menschlichen Begleiter gesucht, also könnte es sich lohnen."

Großartig. Meine Ideen wurden geklaut, die Diebe machten sich über mich lustig und verraten, worum es eigentlich ging, wollten sie mir erst nicht. Aber besser, als hier den ganzen Tag im Park zu hocken, war es allemal. Trotzdem ...

"Wenn ihr alten Knacker irgendwen mit euren Missionen animieren wollt, müsst ihr euch schon mehr anstrengen."

"Erik!", fuhr mein Drache mich an. "Unsere Chance ..."

"Ich mag zwar einen sitzen haben, aber blöd bin ich nicht", fuhr ich fort. Tatsächlich entwickelte man als Begleiter eines Alkoholdrachens irgendwann eine gewisse Resistenz gegen den Alkohol und erst größere Mengen machten Probleme. Oder zu kleine. Ich wünschte nur, dass ich diese Resistenz schon ganz am Anfang gehabt hätte, dann würde ich jetzt nicht hier stehen und müsste mir diese bescheuerte Missionstafel anschauen. "Erzählt mir mehr oder ich rühre keinen Finger!"

"Erik ..." Glens Stimme klang jetzt flehentlich.

"Mir ist klar, dass du auch lieber in einem Palast leben ..."

"Nein, das meine ich nicht. Der Bankräuber!"

Glen flatterte davon und mein Blick folgte ihm. In der Richtung, in die er flog, schwebte ein roter Pfeil in der Luft und zeigte auf etwas auf dem Boden. Ich beeilte mich und rannte ihm hinterher.

"Die Sache ist noch nicht vorbei, ihr alten Knacker", grummelte ich. Zur Antwort bekam ich wütendes Gezischel. Ja, war mir egal, dass ihnen das nicht passte. Auch wenn ich Glenn echt mochte – sieben Jahre schweißen wirklich zusammen –, dann waren diese Drachen doch letztendlich an der Misere schuld, in der ich gelandet war. So, wie ich das verstanden hatte, musste jeder Getränkedrache erst einmal gewisse bürokratische Hürden überwinden und Eignungstests ablegen, bevor er sich einen menschlichen Begleiter suchen durften. Wie die darauf gekommen waren, dass es eine gute Idee war, einen Jugendlichen dazu zu bringen, viel zu viel Alkohol zu trinken, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Und es waren diese uralten Drachen gewesen, die sich die ganzen Prüfungen ausgedacht hatten.

Schon halb außer Atem erreichte ich das Bankgebäude am anderen Ende des Parks. Ich betrachtete mein Spiegelbild in der Glastür, musste ja halbwegs passabel aussehen, wenn ich den Bankräuber fing. Der lange schwarze Mantel sah immer noch gut aus. Die langen, braunen Haare, die schon vor Fett trieften und mein Sieben-Tage-Bart eher weniger. Nun, daran konnte ich jetzt auch nichts mehr ändern. Ich grinste in die Überwachungskamera, trat ein und musterte den Schalterraum.

Der Bankräuber stand mit erhobener Pistole vor einem Schalter. Als die Werte der Waffe in einer Textbox erschienen, musste ich erstmal schlucken. Diese blöden Tattergreise wollten mich wohl nicht testen, sondern umbringen.

GetränkedrachenWhere stories live. Discover now