Kapitel 28

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Entsetzt drehte Emma sich zu Regina um. „Ist sie ... Ist sie wieder ...?"

Regina starrte immer noch auf die Stelle, wo die Königin noch vor wenigen Sekunden gestanden hatte. Ihre dunklen Augen waren geweitet und sie schien noch nicht realisiert zu haben, was geschehen war. Schließlich richtete sich ihr ungläubiger Blick auf Emma.

„Ja, ich ... ich denke schon." Sie sah an sich herunter, als könnte sie an ihrem Körper die Antwort ablesen. „Ja ist sie", wiederholte sie sicherer.

„Wie fühlst du dich?", fragte Emma vorsichtig. Sie fürchtete, dass Regina immer noch dieselben Probleme mit ihrer Dunkelheit haben würde, denn, wenn ja, wäre es Emmas Schuld.

Regina schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht."

„Ich verstehe das nicht." Emma zog nachdenklich ihre Stirn kraus. „Die Königin und ich ... wir haben uns so oft geküsst und nie ist der Fluch - oder was auch immer das war - gebrochen worden. Ich habe sogar dich geküsst."

„Na ja, einige Flüche kann man nicht nur mit einem Kuss brechen. Erinnerst du dich noch an den dunklen Fluch?"

Wie könnte Emma den dunklen Fluch jemals vergessen. „Stimmt, ich musste erst an den Fluch glauben, bevor ich ihn brechen konnte."

Regina nickte. „Ich weiß nur nicht, was es dieses Mal war. Vielleicht dass ich versuche, mir selbst zu vergeben, oder dass wir nicht mehr getrennt sein wollten. Ich habe keine Ahnung."

Nachdenklich ließ Emma ihren Blick durch den Raum gleiten. Das einzige, das von dem noch vor zehn Minuten stattgefundenen Kampf zeugte, waren die umgestoßene Lampe und die in dem Serum getränkten Glasssplitter auf dem Boden. Ansonsten hätte man meinen können, es wäre ein ganz normaler Tag.

Schließlich richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Regina. „Ist es okay für dich? Ich meine, dass die Dunkelheit wieder in dir ist."

„So viele Fragen", Regina lächelte milde. „Wir werden es sehen. Ich habe Henry versprochen, mir selbst zu vergeben, und auch, wenn ich noch viel Zeit brauchen werde, um an diesen Punkt zu gelangen, werde ich es versuchen." Sie klang längst nicht so hoffnungsvoll, wie ihre Worte vermuten ließen würden. Der Ausdruck in ihren Augen wurde verzweifelt, und Emma musste daran denken, wie offen Regina mittlerweile ihre Gefühle zeigte. Ganz im Gegensatz zu der Königin. „Ich weiß nur nicht, wie."

Emma schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln. Sie konnte Reginas Sorgen verstehen. Emma hatte in ihrer Vergangenheit auch einige Fehler begangen, mit denen sie lange Zeit zu kämpfen hatte. Aber sie wusste, egal was sie tat, ihre Familie und Freunde würden immer hinter ihr stehen und sie im Zweifelsfall zur Vernunft bringen. Und Regina war schon immer gnadenlos ehrlich gewesen, was Emma-zur-Vernunft-bringen betraf.

„Das musst du auch nicht von jetzt auf gleich wissen. Du hast alle Zeit der Welt und ich kann dir gerne dabei helfen, sofern du das möchtest. Ich hoffe, du weißt, dass ich dir alles verziehen habe. Sogar, dass du mich mit einer Apfeltasche vergiften wolltest." Emma lächelte schief. Sie hoffte, die Stimmung etwas auflockern zu können.

„Verfluchen, nicht vergiften."

„Von mir aus auch das. Der Punkt ist, dass du dir vielleicht noch nicht ganz vergeben kannst, ich aber schon. Und wenn dir die Dunkelheit immer noch zu schaffen machen sollte, kannst du immer mit mir reden." Es war ungewohnt für Emma so direkt über Gefühle und alles, was dazu gehörte, zu reden. Allerdings ist das etwas, das sie aus ihrer Beziehung mit Killian gelernt hat. Sich mehr zu öffnen.

Emma war kurz davor, ihr Unwohlsein mit einem schlechten Witz zu überspielen, hielt sich aber zurück. Regina sah nicht aus, als könnte sie Emmas Humor gerade gebrauchen.

Einige Minuten lang herrschte Schweigen, was Emma nicht gerade entspannter machte, doch sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte. Es war so viel zwischen ihr und Regina (und der Königin) passiert. Vielleicht wäre eine Entschuldigung angebracht, aber sie wusste nicht, wo sie da anfangen sollte. Sie befand sich in einer seltsamen Situation. Regina war ihre beste Freundin - die beste Freundin, die sie je hatte, wenn sie ganz ehrlich war - aber die böse Königin war ... Nun ja, was auch immer sie waren, es war definitiv mehr als Freundschaft. Jetzt wusste Emma nicht mehr, was Regina und sie waren. Sollte sie einfach so tun, als wäre zwischen der Königin und ihr nie etwas passiert?

Schließlich brach Regina das Schweigen mit einem kurzen Lachen, das wohl locker klingen sollte, ihr aber nicht besonders gut gelang. „Es ist ein bisschen merkwürdig, dass ich jetzt nicht nur meine Erinnerungen von den letzten Wochen habe, sondern auch die der Königin."

„Wirklich?", fragte Emma überrascht und wenig geistreich.

Regina wurde plötzlich ernst. „Die Königin hat gewusst, dass du geglaubt hast, sie würde dich nur für ihre Pläne ausnutzen. Ehrlich gesagt, habe ich das auch gedacht, obwohl ich es hätte besser wissen müssen. Jedenfalls will ich, dass du weißt, dass sie alles wirklich so gemeint hat. Und deine Worte haben ihr mehr bedeutet, als sie vielleicht gezeigt hat."

Emma nickte. „Ich weiß", murmelte sie, ehe sie tief Luft holte. „Die Königin und ich, wir ... hatten etwas. Ich weiß nicht, was genau es war. Keine Ahnung. Jedenfalls frage ich mich, was das aus uns macht." Sie versuchte, sich keine falschen Hoffnungen zu machen. Es war schließlich gut möglich, dass Regina nach Robin keine Beziehung mehr haben wollte, auch wenn die Königin wohl anderer Meinung war.

Unbeholfen zuckte Regina mit den Schultern. „Ich weiß nicht, was das aus uns macht. Es gibt keinen Ratgeber dafür, was man machen soll, wenn man nur mit der dunklen Hälfte einer Person zusammen ist."

„Meine Mom würde sicher einen schreiben."

Das entlockte Regina ein amüsiertes Schmunzeln. „Einen Ratgeber über magische Liebesprobleme? Keinen Zweifel." Sie legte ihre Hände auf Emmas Hüften und mit einem arroganten Grinsen, das fast schon der Königin glich, fügte sie hinzu: „Ich würde das hier gerne versuchen."

„Ich auch." Emma war sich sehr sicher, dass ihr eigenes Grinsen eher ziemlich dämlich aussah. Sie war dabei, Regina eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen, als sie in ihrer Bewegung inne hielt. „Das hätte ich fast vergessen. Ich habe ja noch dein Herz."

Emma öffnete ihre Hand und ließ Magie durch ihre Adern strömen bis das Organ in ihrer Handfläche lag. Sie liebte das Gefühl, wieder Magie verwenden zu können.

„Soll ich ...?", fragte sie unsicher. Emma hatte noch nicht besonders oft ein Herz zurück an seinen rechtmäßigen Platz gebracht, und sie war sich damals nicht sicher gewesen, ob sie Killian dabei nicht wehgetan hatte.

Reginas Hand schloss sich um Emmas, in der sich das schlagende Herz befand. Vorsichtig führte sie ihre Hände zu ihrer Brust. In Reginas Augen lag vollstes Vertrauen.

Zwar hatte Emma schon einige Male ein menschliches Herz in der Hand gehalten, aber dennoch fand sie das Gefühl seltsam. Es fühlte sich so merkwürdig persönlich an, als würde sie Regina direkt in die Seele schauen. Was sie auf einer gewissen Art auch tat. Emma konnte das leuchtende Rot sehen, ihre gute Seite, ihre Liebe und Fürsorge. Aber auch die vielen schwarzen Stellen, die von Reginas gnadenloser Vergangenheit zeugten, ihrem Hass, ihrer Rachsucht.

Gemeinsam drückten sie das Herz gegen Reginas Brust, bis es darin verschwand. Dort, wo es hingehörte.

Regina atmete tief durch. „Danke, dass du darauf aufgepasst hast."

Umständlich zuckte Emma mit den Schultern. „Habe ich gern' gemacht. Ich muss dir danken, weil du es mir anvertraut hast nach allem, was geschehen ist."

„Emma, ich weiß, warum zu der Königin gehalten hast. Ich verstehe es, ehrlich. Und ich verzeihe dir."

The Beauty of DarknessWhere stories live. Discover now