Kapitel 27

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Es passierte auf einmal alles so schnell.

Emma musste gestehen, dass sie zunächst nicht verstand, was das Ganze sollte. Doch dann machte die Königin einen Schritt nach vorne und packte Emmas Unterarm.

Das war der Moment, in dem sie realisierte, was dieser Plan B sein sollte. Die Königin wollte Emma von ihrer dunklen Seite trennen. Damit sie jemanden hatte, der auf ihrer Seite stand. Damit sie nicht alleine war. Sie wollte die dunkle Swan.

Mit einem Ruck zog die Königin Emmas Arm zu sich. Ihr Griff war fest; fester, als Emma ihr je zugetraut hätte. Emma versuchte, ihren Arm zu befreien, zerrte und zerrte, und Panik machte sich langsam in ihr breit. Die Königin jedoch hielt ihr Handgelenk mit ihrer linken Hand fest und klemmte Emmas Oberarm zwischen ihren rechten Ellenbogen und Oberkörper ein, sodass die Königin nun neben ihr stand. Emma packte mit ihrer freien Hand die der Königin, in der sie die Spritze hielt.

Die Königin brachte ihr Gesicht näher an Emmas Ohr und hauchte: „Gleich gehörst du wieder mir. Jedenfalls ein Teil von dir." Sie lachte leise.

Aus dem Augenwinkel konnte Emma Regina sehen. Sie stand direkt neben der Königin, die Hände neben ihrem Körper zu Fäusten geballt. Bis zu ihren Handgelenken standen sie in Flammen, die gefährlich an ihr herauf loderten. „Lass sie sofort los oder du wirst es bereuen", knurrte sie so zornig, wie man es eigentlich nur von der Königin kannte.

Die Königin allerdings ignorierte die Aufforderung ihrer anderen Hälfte – natürlich – und versuchte mit aller Kraft die Spritze in Emmas Unterarm zu rammen. Doch auch Emma war stärker, als sie vielleicht aussah und hielt das Handgelenk der Königin so gut es ging zurück. Sie war sich ziemlich sicher, dass ihr Griff auf der weichen Haut Spuren hinterlassen würde.

Regina schien unsicher zu sein, was sie tun sollte. Denn wenn sie ihre Magie einsetzte, würde sie Emma genauso verletzen wie die Königin.

Die Spitze der Nadel schwebte nur wenige Millimeter über ihrer Haut. Emmas Blick richtete sich auf die Königin, die sich mit einem angestrengten Ausdruck auf die Unterlippe biss und ihre Aufmerksamkeit voll und ganz der Spritze widmete.

„Ich habe das nur getan, um euch beide zu beschützen", flüsterte Emma. Sie merkte, wie die Kraft sie langsam verließ. Und dann glitt die Nadel auch schon in ihren Unterarm.

Auf dem Gesicht der Königin breitete sich ein siegreiches Grinsen aus, das schon fast an Wahnsinn grenzte. Emma war sich sicher, dass sie verloren hatte. Reginas Augen weiteten sich in Panik und Hilflosigkeit.

Als wäre es ein Instinkt, staute sich in Emma ihre Magie auf, bereit aus ihr herauszubrechen. Und dann brach sie aus.

Eine unglaubliche Welle an heller Magie warf die Königin zurück, noch bevor sie das Serum in Emmas Blutbahn spritzen konnte. Ungläubig betrachtete Emma ihre Hände. Sie hatte so lange keine Magie mehr verwendet und dieses Mal hatte es einfach funktioniert, ohne dass ihre Hand gezittert hat.

Während Emma noch sprachlos da stand, zog Regina vorsichtig die Spritze aus ihrem Arm.

„Ist alles okay bei dir?", fragte sie besorgt und versuchte Emmas Blick mit ihrem einzufangen.

„Na ja, ich bin noch ich, also ich denke schon."

„Deine Magie funktioniert wieder", hauchte die Königin ebenso schockiert wie Emma, während sie sich langsam auf die Beine hievte. Ihr verzweifelter Blick richtete sich auf die Spritze, die am Boden lag. Sie sah so bereit aus, darauf zu stürzen, wie ein Sprinter im Startloch.

Doch bevor sie auch nur einen Schritt auf die Spritze zu machen konnte, wurde sie von violettem Rauch verhüllt und lag in Reginas Hand.

„Gib auf. Du hast verloren." Reginas Stimme klang so viel wärmer und sanfter, als sie wohl beabsichtigt hatte. Es klang schon fast nach Mitgefühl für die Königin.

Regina warf Emma einen Blick zu und sie wusste sofort, was sie ihr damit sagen wollte. Emma streckte ihre Hand aus und nahm die Spritze entgegen. Ihre Augen blieben dabei an der Königin hängen, die das Ganze mit Furcht und Entsetzen beobachtete. Ohne ihren Blick von ihr abzuwenden, ließ Emma die Spritze vor ihre Füße fallen und trat mit der Ferse darauf, bis sie das Zersplittern des Glases spürte. Die Flüssigkeit des Serums verbreitete sich in einer roten Pfütze über den Boden.

„Nein", hauchte die Königin und starrte auf die sich immer weiter verbreitende Flüssigkeit.

Emma war sich nicht sicher, ob das jetzt der richtige Moment war, um die Königin zur Vernunft zu bringen. Sie hatte verloren; und das war nichts, was sie einfach so verkraften konnte. Doch Emma konnte diesen Ausdruck von Verzweiflung und Schmerz nicht weiter ertragen.

Sie blieb kurz vor der Königin stehen. „Ich wollte das alles nicht", begann sie zu erklären, sie merkte, dass die Königin ihre Worte ignorierte, ihr Blick auf Regina fixiert. Ihre Hand schoss nach vorne, vermutlich um ihre andere Hälfte zu würgen, doch Regina schien darauf vorbereitet zu sein. Sofort waren die Hände der Königin gefesselt, genauso wie an dem Tag, an dem die Beiden voneinander getrennt wurden.

„Du hast alles zerstört", knurrte die Königin zornig an ihre andere Hälfte gerichtet, aber ihre Augen verrieten ihre Panik und Furcht. Sicherlich dachte sie, dass Regina wieder ihr Herz zerquetschen würde.

Regina seufzte. „Ob du es glaubst oder nicht, ich kann dich verstehen. Ich kann verstehen, warum du all das hier getan hast."

Emma war über diese Worte genau so überrascht wie die Königin. Versuchte Regina wirklich Frieden mit ihrer dunklen Hälfte zu schließen?

Aus Instinkt berührte Emma die Hand der Königin, um ihre Aufmerksamkeit zu sich zu ziehen. „Sieh mich an."

Tatsächlich wanderte der gläserne Blick der Königin zu ihr.

Emma fuhr fort. „Ich möchte einen Weg finden, um das hier wieder rückgängig zu machen. Vielleicht ist es egoistisch und vielleicht denke ich dabei nur an mich, ich weiß es nicht. Aber was ich weiß, ist, dass keine von euch wirklich glücklich ist, seit ihr getrennt wurdet."

„Regina war sich ihrer Sache sehr sicher, als sie versucht hat, mich zu töten", erwiderte die Königin kalt, doch da war dieses Zittern in ihrer Stimme, das sie so unglaublich verletzlich wirken ließ.

Im Augenwinkel sah Emma, dass Regina langsam näher trat. „Henry hat vor ein paar Tagen etwas Interessantes zu mir gesagt. Er meinte, dass ich meine Dunkelheit akzeptieren müsste, und ich denke, er könnte recht haben. Ich will es versuchen, schließlich bin ich die einzige, die weiß, wie du dich fühlst." Sie lächelte unsicher und zuckte mit den Schultern.

Die ganze Anspannung schien auf einmal von der Königin zu fallen. „Heißt das ... heißt das, er hasst mich nicht?"

Reginas Lächeln wurde breiter. „Das könnte er nie, das weiß ich jetzt. Und ich hasse dich auch nicht. Nicht mehr."

Emmas Mundwinkel zuckten nach oben. Manchmal vergaß sie, wie clever Henry doch war. Sie umfasste beide Hände der Königin und ließ die Fesseln verschwinden. Vielleicht war es dumm und naiv ihr zu vertrauen, doch Emma tat es trotzdem.

Die Königin senkte ihren Blick und eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über ihr Gesicht.

Es zerriss Emma das Herz die sonst starke und unberechenbare Königin so gebrochen zu sehen. Sanft beugte sie sich vor hauchte einen zarten Kuss auf die ihr so vertrauten Lippen. Sie schmeckte das Salz ihrer Träne, während sich in ihrem Inneren ein warmes Gefühl ausbreitete.

Doch da war noch etwas anderes. Wie das Kribbeln von Magie, die sich in ihren Adern ausbreitete. Emma öffnete ihre Augen und da sah sie es auch schon. Ein gleißend helles Licht breitete sich aus und erfüllte den Raum. Fassungslos beobachtete sie wie die Königin ebenfalls in einem hellen Licht getaucht wurde. Emma hörte, wie Regina überrascht nach Luft schnappte, und dann war die Königin auch schon verschwunden.

The Beauty of DarknessWhere stories live. Discover now