Chapter ten „The cell"

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„Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern die Überzeugung, dass etwas wichtiger ist als Angst."

Ich saß gerade in dem Zimmer, welches wohl die nächste Zeit mir gehören sollte. Diego wollte mir vorhin noch etwas „kochen", was ich entschieden abgelehnt hatte. Sich wie ein eingeladener Gast zu fühlen, entsprach nicht meinen Gefühlen.

Die Uhr zeigte schon halb eins in der Nacht, als ich von einem Geräusch vor der Tür aus dem leichten und albtraumhaften Schlaf schrak. Ich setzte mich auf, zog mir einen Hoddie, den ich im Kleiderschrank gefunden hatte, über und tapste barfuß zur Tür. Ich war ohne Essen schlafen gegangen und wollte mir jetzt heimlich etwas aus dem Kühlschrank nehmen.

Der Mond schien hell und halbvoll durch das kleine Fenster, nur wollte ich mich mit der Betrachtung nicht lange aufhalten lassen. Diego hatte mir auch noch zugesagt, dass sie die Zimmertür nicht mehr verschließen würden, was mich zuerst hellauf begeistert Fluchtpläne schmieden ließ. Nachdem ich aber die bewaffneten, überall auf dem Gelände verteilten Wachen gesehen hatte, verfielen meine Hoffnungen auch schon wieder zu Staub.

Ich öffnete die Tür und schlüpfte gerade hindurch, als ich am Ende der Etage einen dunkelbraunen Haarschopf entdeckte. Ich beschloss, dass wahrscheinlich Leichtsinnigste, was ich je gemacht hatte, zu wagen und lief der breiten Statur hinterher. Wenn ich Hunger hatte, waren kriminelle Menschen Nebensache.

Auf halben Weg erkannte ich, dass es Mateo war und rollte genervt die Augen. Es war gerade Mal so hell, dass ich sah, wie er die Treppe herunterlief. Zum Glück hatte ich keine Schuhe an, wer weiß wie schnell er mich dann entdeckt hätte.

Mateo ging wider Erwarten nicht zur Küche oder in das Wohnzimmer, sondern zu einer schmalen, fast unscheinbaren Tür neben der Vorratskammer.

Meine Füße trugen mich wie von alleine hinter eine breitere Säule, die mich verdeckte, aber auch zuließ, dass ich Mateo beobachten konnte.

Er legte seinen Finger an einen Sensor und die Tür sprang auf. Ich dachte, dahinter wären leere, dunkle und mit Spinnweben verhangene Keller, aber das Gegenteil war der Fall. Die Neonröhren leuchteten bis zu mir und blendeten mich. Als Mateo um eine Ecke bog, sprang ich hinter der Säule heraus, sprintete zur Tür, schob meinen Fuß dazwischen und quetschte mich hindurch.

Der ohrenbetäubende, hallende Knall, der sich zufallenden Tür ließ mich in leichte Panik geraten, doch ich schluckte alles weg und folgte Mateo dorthin, wo ich ihn abzubiegen glaubte. Meiner Meinung nach konnte ich die heiße Spur nicht verstreichen lassen. Vielleicht erfuhr ich mehr von den Strukturen und konnte mir ein besseres Bild dadurch erschaffen.

Die Fliesen unter meinen Füßen waren kalt und rutschig. Meine Arme überzogen sich mit einer Gänsehaut, doch ich ging stur weiter geradeaus.

Am Ende des Ganges angekommen traute ich meinen Augen kaum. Mateo schloss, mir den Rücken zugewandt, eine große, schwarze Metalltür auf. Sie schwang quietschend auf und ich rannte schnell in einen schmalen Gang neben mir, um mich auf den letzten Metern nicht zu verraten. Nur mit dem Kopf beobachte ich ihn und hoffte keine Nackenzerrung davonzutragen.

Mateo legte einen Stopper in die Tür, damit sie einen Spalt aufblieb und ich hörte aus dem Raum seine Stimme: „Bist du wohlauf? Oder hattest du noch nicht genug von meinem letzten Besuch?" Eine Weile war nichts zu hören, bis Mateo ihn wütend anschrie: „Sprich mit mir, du elender Verräter, oder willst du, dass deiner kleinen, süßen Schwester etwas passiert?"

Nein, nein, nein das konnte nicht wahr sein. Kyle wurde in diesem Raum unter diesem Haus die ganze Zeit festgehalten! Ich schlug meine Hand vor dem Mund und biss mir in die Handinnenfläche, um nicht laut aufzuschreien. Ich musste zu ihm! Aber die Situation war aussichtslos, wenn Mateo mich entdeckte war ich nur noch Dreck unter seinen Stiefeln.

Also versuchte ich mich langsam zur Tür zu bewegen, um mehr hören und vielleicht... ganz vielleicht Kyle sehen zu können. Auf halben Weg hörte ich eine kratzige, ausgedorrte und brüchige Stimme sagen: „Wenn du Ivy auch nur einen Finger krümmst, dann gnade dir Gott."

Mateo antwortete nur trocken: „Was willst du dann machen, Kyle. Du bist nur noch ein Schatten deiner selbst. Du willst mir doch nicht wirklich weiß machen, dass du eine Chance gegen mich hättest."

Das Nächste, was ich hörte, war das Knacken von Knochen und ein Aufstöhnen. „Da ist man einmal gnädig und lockert die Fesseln, dann kriegt man gleich einen Haken. Nicht schlecht, aber früher warst du besser.", Mateo lachte zynisch. Daraufhin erklang ein Poltern und danach ging anscheinend eine Prügelei los.

Alles, woran ich denken konnte, war Kyle vor diesem Monster zu schützen. Im Nachhinein sehr naiv und leichtgläubig, aber Familie hatte für mich schon immer höchste Priorität. Mit schwitzigen Händen öffnete ich die Tür und ging langsam hinein.

„Lass Kyle in Ruhe!", schrie ich Mateo an und versuchte mir einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Der Raum war klein, grau angestrichen und nur mit dem Nötigsten, wie einer Toilette und einem heruntergekommenen Stuhl, wovor Kyle und Mateo standen, ausgestattet.

Er wurde gerade von Mateo in den Schwitzkasten genommen und mit einem spitzen Messer am Hals bedroht, sie schienen mich gar nicht richtig bemerkt zu haben.

Deshalb schlich ich mich von hinten an Mateo an, schmiss mich mit meinem ganzen Gewicht auf ihn und versuchte ihn wegzuziehen. Ohne Erfolg, denn Mateo rührte sich nicht von der Stelle.

„LASS KYLE VERDAMMT NOCHMAL LOS!", meine Stimme überschlug sich und überrascht entließ Mateo Kyle nach ein paar Sekunden aus den Schwitzkasten.

Alles an mir zitterte, das Adrenalin pumpte durch meine Adern, noch im Rausch rannte ich zu Kyle und zog ihn an mich. Wie ich ihn, meinen großen Bruder, doch vermisst hatte.

„Ivy?", fragte Kyle völlig überfordert.

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Schönes Wochenende euch <3

You Belong To MeWhere stories live. Discover now