Chapter eight „Coffee"

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„Die Blume, die unter den widrigsten Bedingungen blühen kann, ist die Schönste und Seltenste unter allen."

Ich war überrascht, dass Mateo auf dem kleinen Parkplatz neben dem Haus nicht den neonfarbenen Lamborghini sondern einen weißen Tesla aufschloss. „Wir fahren in den Wald, da ist mein Schatz unpassend.", las Mateo anscheinend meine Gedanken. Im selben Moment strich er fast zärtlich über den Lamborghini. Ich musste mühsam ein Grinsen unterdrücken, Männer und Autos! Das sollte mal jemand verstehen.

Das Haus jetzt von außen ansehen zu können, war recht interessant. Es war eine Mischung aus praktischer Moderne und Bambuselementen. Letzteres ahnte ich, um hier nicht zu sehr aufzufallen. Der Garten, wo ich vorhin saß, sah unumstritten wunderschön aus.

Wahrscheinlich gab es hier auch jede Menge Gärtner, sonst könnte man Blume und Unkraut sicher nicht unterscheiden. „Kommst du jetzt?", fragte Mateo mich ungeduldig und hielt mir die Beifahrertür auf.

„Bleibt mir ja nichts anderes übrig.", antwortete ich ziemlich unkreativ. Allerdings tat es ungemein gut, von dieser Hitze wegzukommen. Ob meine Beine nicht an den Ledersitzen festkleben würden? 3 Tage hier und schon scherten mich kleine Luxusprobleme, willkommen im Alltag, dachte ich ironisch.

Die Klimaanlage lief bereits auf Hochtouren, als Mateo sich auf den Fahrersitz setzte.

Erst jetzt fiel mir seine beachtliche Größe auf. Er musste um die 1,90 Meter und größer sein. Den Tesla füllte er jedenfalls alleine mit seiner Präsens komplett aus. Mateo fuhr aus der Ausfahrt und nahm einen Feldweg. Jetzt konnte ich mir endlich entspannt die Natur Kolumbiens ansehen.

Aber selbst das wurde mir nicht gegönnt, da Mateo anfing zu reden: „Wir fahren jetzt zu einer unserer Kaffee Plantagen, die als Geldwäsche dienen. Ich will nicht, dass du das von den Mitarbeitern oder anderen hier erfährst, deswegen werde ich es dir jetzt erklären. Wir sind der „Clan- del Golfo" übersetzt der Golf- Clan. Unsere Einnahme Quellen sind teilweise der Drogenexport nach Europa und Nordamerika. Die Kaffee Plantagen dienen uns praktischerweise als Geldwäsche. Und da wir dachten, dass du ungern Kokain oder Memphetamine herstellen willst, ist die Kaffeernte die erträglichere Variante."

Er endete und es herrschte eine bedrückende Stille. Dass sie nicht nur einfache Bauern waren, die sich über uns als Gäste freuen würde, war mir dank der Entführung von Anfang an klar gewesen. Aber das sie so große kriminelle Machenschaften betrieben, hätte ich mir nicht im Entferntesten denken können.

Eigentlich interessierte mich dieser Clan auch nicht wirklich, sie konnten machen was sie wollten, aber dass mein Bruder Kyle ganz offensichtlich damit zu tun hatte, ging mir gegen den Strich. Ich entschied mich, es gleich anzusprechen: „Warum dann Kyle?". Er seufzte und fuhr sich zerstreut durch seine braunen Haare.

„Es ist kompliziert, besser du weißt erstmal nicht so viel und wenn du Kyle sehen darfst beziehungsweise wenn er uns endlich die Informationen gibt, dann wird er dir es erzählen. Ich kann mir vorstellen, dass es schwer so viele neue Sachen auf einmal zu erfahren, Belleza."

'Es ist kompliziert' äffte ich in meinem Kopf nach. Bis heute hatte ich gedacht dieser Satz war nur für High School Schüler erfunden worden. Offensichtlich leider nicht.

Die Fürsorge in seiner Stimme erschreckte mich und ich wollte sie nicht haben. Er war ein skrupelloser Drogenbaron, nicht jemand, der mich trösten sollte. „Nenn mich nicht so!", fauchte ich deshalb extra nachdrücklich.

Er aber schmunzelte nur und sagte nur: „Wir sind da." Der Anblick draußen verschlug mir die Sprache und ließ meine Frustration augenblicklich verrauchen. Vor mir waren Felder voller Kaffeesträucher. Die Felder waren hügelig und saftig grün. „Ganz anders, als ich dachte.", hauchte ich.

Mateo öffnete meine Tür und reichte mir seine Hand. Immer noch beeindruckt von der Natur ergriff ich sie, ohne wirklich nachzudenken und bemerkte dann das Kribbeln.

Wie als hätte ich mich verbrannt ließ ich sie los und stand selbst auf. Mateo blickte mich ein bisschen verkniffen an, was ich aber nicht bemerkte, da ich tatsächlich damit beschäftigt war, meine Beine von den Sitzen zu lösen.

„Das kann man sich echt nicht geben.", lachte Mateo und zog mich an der Taille aus dem Auto. Erschlagen von der Hitze und Feuchtigkeit des Regenwaldes ging ich schnell auf Abstand. Mateo aber schloss den Tesla ab und zog mich an der Hand zu einem Haus neben den Feldern, was wohl als Fabrik fungierte.

„Vor einer Woche hat die Erntezeit begonnen, heißt also, dass du ab morgen 4 Wochen lang die reifen Kaffeebohnen pflücken darfst. Hier wird der beliebte Arabica- Kaffee hergestellt. Unnötige Information, aber der Kaffee schmeckt wirklich gut. Vor allem weil wir ihn anders als die meisten in der Sonne trocknen lassen. Ich stelle dir jetzt deine Mitarbeiter vor. Emma, Lucia y Alejandro por favor vengan!"

(Übersetzung: Emma, Lucia und Alejandro kommt bitte her!)

Plötzlich kamen drei Frauen und ein Mann aus dem Haus geeilt. Als sie Mateo sahen, sanken sie ihre Blicke und begrüßten ihn respektvoll. Währenddessen musterte ich sie neugierig. Alle drei hatten braue bis schwarze Haare, waren nicht älter als 25 und im Vergleich zu mir sehr klein. Ihre Gesichter wirkten nett und sympathisch.

Sie trugen braune Leinengewänder, die luftig wirkten. Die Frauen nickten mir, als Mateo kurz erklärte warum er einen Pflegefall mitgebracht hatte, sympathisch zu. Der Mann allerdings musterte mich für meinen Geschmack ein bisschen zu lang und ich versuchte dem mit einem reservierten Lächeln entgegenzuwirken. „Wie heißt du?", fragte der sogenannte Alejandro mit starken Akzent.

„Su nombre es Ivy.", sprang Mateo für mich in die Bresche. Ich schaute ihn kurz dankbar an und er zwinkerte mir schelmisch zu. (Übersetzung: Sie heißt Ivy)

„Führst du Ivy ein bisschen rum, damit die anderen wieder arbeiten können, Emma. Ivy arbeitet ab morgen von 11 Uhr bis 18 Uhr. Marco und Javier werden sie bringen." Warum er Englisch sprach verstand ich nicht, vielleicht damit er es mir nicht nochmal sagen musste.

Damit war es also besiegelt. Emma sah mich aufmunternd an und zeigte zu den Feldern. „Wollen wir?", ihre Stimme war unglaublich sanft und leise wie eine Sommerbrise. Ihr gesamtes auftreten erschien mir bedacht und poetisch, so dass ich mir neben ihr wie ein Elefant vorkam.

„Gerne.", sagte ich und lief mit ihr in Richtung des Kaffeegeruchs.

Eine halbe Stunde später rebellierte mein Magen und ich bekam Hunger. „So, hier sind wir fertig. Wenn du noch irgendwelche Fragen hast, stell sie gerne, aber sonst freue ich mich auf morgen.", Emma lächelte mich aufrichtig an. Kurz darauf klingelte ihr Handy und nachdem sie nachgeschaut hatte, sagte sie, dass Mateo noch woanders hinmusste und Diego mich stattdessen abholte.

Ich nickte nur und freute mich insgeheim ein wenig trotz der großen Sorgen um Kyle, Diego wiederzusehen. Ich bedankte mich bei Emma und glaubte, dass wir unter anderen Umständen Freundinnen hätten werden können.

„Kopf hoch Ivy, du kommst hier sicher bald weg.", ihre Worte erschraken mich und ich wunderte mich woher sie Bescheid wusste.

„Man kann es aus deinem Gesicht lesen und Veränderungen sprechen sich hier schnell rum. Und bitte lass dich nicht von dem Boss einwickeln.", das Letzte flüsterte sie nur noch, so als hätte sie Angst, daraufhin ihre Arbeit zu verlieren. Ich presste meine Lippen zusammen und nickte ihr zu.

Ein Auto näherte sich und auf einmal wollte ich nicht mehr in dieses Haus, in dieses Zimmer, wo ich wieder alleine mit meinen kreisenden Gedanken war und stundenlang über Kyle und meine Familie nachgrübeln würde.

Sagt mir, was bringt uns all der Luxus, wenn es am Ende sowieso nur eine Hülle aus Lügen ist?

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Hey, könnt ihr Ivys Gefühlschaos nachvollziehen? Würde von euch gerne mal wissen, ob ihr eher kürzere Kapitel (400-700 Wörter), die dann alle 1-2 Tage kommen würden, oder aber längere Kapitel (700+ Wörter), die dann aber nur ca. 2 Mal in der Woche kommen würden, bevorzugt. :) -> (hier 1250 Wörter)

Wenn es euch gefällt, lasst doch gerne ein Vote da. ^^

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