Zweifel

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Nach den Mittagessen ging ich wieder an die Arbeit. Zum Glück schien das Motorrad das ganze Wochenende gut zu funktionieren. Wir nahmen im Grunde nur kleine Veränderungen vor. Ich hielt mich noch etwas zurück. Meistens saß ich in den Meetings einfach nur da und versuchte so gut es ging zuzuhören. Selbst hatte ich noch relativ wenig zu sagen und außerdem war der Dateningenieur, den ich ersetzten, sollte, ja auch noch da. Es fiel mir eher schwer mich während den Meeting auch wirklich zu konzentrieren, denn ob ich wollte oder nicht, wanderten meine Augen doch immer wieder zu Marc. Allein sein Grinsen nach so vielen Jahren wiederzusehen, hatte so eine merkwürdige Anziehung auf mich.

Während einer Trainingseinheit gesellte sich Santi zu mir. Er war Marcs Chefmechaniker und derjenige, der am Ende die Entscheidungen traf. Wir hatten noch nicht wirklich Zeit uns miteinander zu unterhalten. Dieser Tag war also voller neuer, alter Bekanntschaften, denn genaugenommen kannte ich sowohl Jorge als auch Santi bereits. Schon vor vielen Jahren war er sein Chefmechaniker. Er hatte ihn damals durch die verschiedenen Klassen mitgenommen und er war schon immer einer seiner wichtigsten Vertrauten. Santi verstand einfach besser als jeder andere was Marc brauchte.

„Hallo Elli. Ich hoffe das Team hat dich bisher gut aufgenommen.", begrüßte er mich mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. Ich nickte leicht. „Ja, mich haben alle gut aufgenommen, aber es natürlich nie leicht in so eine eingeschworene Gruppe hineinzugeraten.", erklärte ich. „Ja, aber die Jungs sind alle sehr nett und ganz ehrlich, wenn du so gut bist, wie ich glaube, dann wirst du hervorragende Arbeit leisten."

„Danke. Ich hoffe ich werde deine Erwartungen nicht enttäuschen. Anfangs wollte ich mich etwas zurückhalten und erst einmal einarbeiten. Wenn man bedenkt, wie lange ihr alle hier den Job schon macht, da wäre es töricht von mir euch zu widersprechen." Santi schüttelte leicht den Kopf. „Sag ruhig, wenn dir etwas auffällt, auch wenn du dir nicht sicher bist. Ich verstehe, wenn du den anderen nicht sofort widersprechen willst, aber dann komm einfach zu mir. Du wirst schon sehen, nach ein paar Wochenenden wird alles besser." Seine ruhige Art und Gelassenheit brachten mich sofort dazu ihn zu mögen. Er war mir von Anfang an sympathisch gewesen, aber während diesem Gespräch hatte ich ihn endgültig in mein Herz geschlossen.

Früher hatte ich ihn zwar oft bei einem Rennen gesehen, aber ich glaube ich habe nie mehr als zehn Worte auf einmal mit ihm gewechselt. Damals war ich noch um einiges schüchterner und ich wollte Marc während den Wochenenden auch einfach nicht stören. Ich hielt mich also so gut es ging an seine Familie und ließ sowohl ihn als auch sein Team in Ruhe arbeiten. Außerdem hätte ich auch nicht wirklich gewusst, was ich mit Santi hätte besprechen sollen.

„Wir sind hier wirklich ein Team, sonst glaube ich wäre Marc nicht so erfolgreich. Es ist einfach sehr wichtig, dass sich alle gut verstehen und es keine Spannungen im Team gibt. Bisher hatten wir allerdings dabei auch nie wirklich Probleme. Ich glaube du kannst hier gut hereinpassen und als Spanierin hast du es vielleicht sogar noch etwas leichter. Wir haben hier zwar eine bunte Mischung, aber allein schon wegen der Sprache ist es immer etwas leichter.", erklärte Santi.

„Ich hoffe es doch, dass ich mich hier einlebe. Ich bin sogar stolze Katalonierin. Ich werde so viel für das Team tun, wie ich kann.", erwiderte ich. „Ehrlich, dass wusste ich gar nicht. Wo kommst du denn her?" Ich wurde etwas kleinlaut, aber es hätte ja auch keinen Sinn gemacht zu lügen. „Aus Cervera." Santi legte seinen Kopf leicht schief. „Cervera?", murmelte er und dann schien ihm ein Licht aufzugehen. „Elli! Natürlich, dass ich dich nicht gleich erkannt habe. Du warst die Freundin von Marc.", sagte er dann. Ich nickte leicht. „Ja, es ist sechs Jahre her. Wir haben uns ja auch nicht oft gesehen und ich glaube nie wirklich miteinander geredet."

„Ist es nicht merkwürdig für dich mit einem Exfreund zusammenzuarbeiten? Ich gehe doch davon aus, dass ihr nicht mehr zusammen seid.", fragte Santi. Ich zuckte mit den Schultern. „Wir verstehen uns bis heute gut und es sind sechs Jahre. Das Problem ist die MotoGP war mein Traum, schon seit meinem Studium. Ich habe alle meine Schwerpunkte, soweit es ging auf Motorräder gelegt. Ich wollte mit dem schnellsten Maschinen der Welt arbeiten."

Last DanceWhere stories live. Discover now