Lorenzo

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„Wie hast du es eigentlich geschafft das heute so schnell zu organisieren? Ich meine du darfst doch eigentlich nicht einfach auf ein Motorrad steigen und die Strecke entlangfahren.", fragte ich als wir gemeinsam am Tisch saßen und ich den ersten Bissen von meinem Brot gegessen hatte. „Naja, das war ja nicht mein normales Rennmotorrad. Repsol Honda hat die Erlaubnis mit der anderen die Strecke für Werbezwecke zu benutzen. Ich glaube es ist eine Grauzone das wir heute früh gefahren sind, aber diese Erlaubnis ist nicht zeitlich begrenzt."

„Wieso habe ich auch damit gerechnet, dass du die ausdrückliche Erlaubnis dafür hast?", erwiderte ich etwas neckisch. Marc zuckte mit den Schultern. „Wir waren die einzigen auf der Strecke und es ist auch nicht ausdrücklich verboten. Ich darf nur nicht mit meinem normalen Motorrad fahren." Ich lächelte leicht, während ich den nächsten Schluck meines mittlerweile dritten Kaffees an diesem Tag nahm. „Du lebst immer noch so gefährlich wie früher."

„Stimmt, aber sonst würde das Leben ja auch gar keinen Spaß machen." Ein paar von den Mechanikern stießen zu uns und ich beschloss mich mit einem von ihnen zu unterhalten. Der Mechaniker, mit dem ich redete, hieß Martin und er erzählte mir gerade von seiner kleinen Tochter. Ich wollte nicht die gesamte Zeit über an Marc hängen. Natürlich war er der einzige Mensch hier den ich wirklich kannte und wir verstanden uns nach wie vor sehr gut, aber ich sollte mich doch etwas mehr bei meinen Kollegen integrieren.

Ich wusste zwar, dass Marc mir immer helfen würde, wenn ich es brauchen würde. So war er schon immer. Er war jemand, der mich am liebsten vor der ganzen Welt beschützt hätte. Ich war mir sicher, dass wenn jemand im Team auch nur ansatzweise etwas Schlechtes über mich sagen würde, er sofort etwas dagegen sagen würde. Er würde sicher sehr ruhig und höflich bleiben, aber in dem was er sagte wären seine Worte scharf.

Zum Glück schienen mich aber alle am Tisch zu mögen. Zumindest hatte ich nicht den Eindruck, dass es anders war. Bisher war ich eigentlich mit allen im Team sehr gut klargekommen, auch wenn ich unter den Ingenieuren und Mechanikern die einzige Frau war. Ehrlich gesagt störte mich das aber überhaupt nicht. Ich konnte ganz gut auf mich selbst aufpassen und war kein kleines Mädchen mehr.

Wenn mich irgendwer nicht ernst nehmen würde, dann würde ich ihnen das Gegenteil beweisen. Ihre Meinung würde sich ja eh nicht ändern, wenn ich mich groß darüber aufregen würde, aber wenn ich Marc helfen würde zu gewinnen, dann sah das ganze gleich ganz anders aus. Mir war durchaus bewusst, dass ich mich erst einmal beweisen musste. Ich war neu im Team und das war auch mein erster richtiger Job.

Trotzdem war ich mir sicher, dass ich das schaffen konnte. Ich hatte meinen Beruf nicht leichtsinnig gewählt. Ich war gut in dem was ich tat. Außerdem kannte ich Marc und seinen Fahrstil besser als jeder andere. Ich hatte es ihm nicht erzählt, aber ich habe sogar einmal eine wissenschaftliche Arbeit über ihn geschrieben. Genau genommen über die Winkel in die er sich teilweise in die Kurve legt. Mit einem sehr ernüchternden Ergebnis. Marc hat schon Stürze verhindert, die eigentlich fast unmöglich waren zu verhindern.

Das stellte einmal mehr unter Beweis, wie talentiert er war. Sagen würde ich ihm das allerdings nicht. Vielleicht vor einem Rennen, aber Marc hatte schon genug Selbstvertrauen. Vor ihm zuzugeben wie viel ich von ihm hielt, besonders in sportlicher Sicht, würde ich dann wohl doch nicht auf die Reihe bekommen.

Heute waren nur Tests, weshalb sich der Tag als nicht außergewöhnlich stressig gestaltete. Zumindest laut einem der anderen Ingenieure. Die meiste Zeit stand ich in der Box und sah mir die Daten an. Wirklich viel tat ich selbst noch nicht unbedingt, aber das war ja auch gerade mal das erste Wochenende, an dem ich dabei war. Daten auswerten konnte ich wenigsten. Immerhin hatte ich mein halbes Studium nichts anderes getan.

Last DanceWhere stories live. Discover now