Die Geschichte

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Es dauerte keine drei Tage, bis Harry wieder im Buchladen auftauchte.

„Hey!" sagte Harry und Draco zuckte zusammen. Er war in das Sortieren von Büchern vertieft gewesen und hatte die kleine Glocke nicht gehört, die über der Tür das Eintreten von Kunden ankündigte.

Draco fuhr herum und hätte Harry fast gegen die Backe geschlagen. Der zuckte jedoch rechtzeitig zurück und lächelte Draco freundlich an.

„Der Krimi hat mir so gut gefallen, dass ich mich erkundigen wollte, ob es einen zweiten Band gibt!" Draco überlegte kurz und nickte.

„Ja, ich glaube schon. Komm mal mit!" Er ging in den hinteren Teil des Ladens, den man vom Tresen aus nicht sehen konnte. Draco stöberte durch einige Kisten, während Harry die Regale absuchte. Als sie nach drei Minuten nichts gefunden hatten stöhnte Draco frustriert auf.

„Hast du vielleicht eine Ahnung, wie der Autor hieß?" Harry schüttelte den Kopf.

„Leider nein. Aber ich könnte..." er stockte und lauschte in die Stille. Die Tür zu Miss Silvers Wohnung war aufgegangen und dann wieder geschlossen worden. Fast im Selben Moment ging die Ladentür auf und die leise Glocke ertönte.

„Miss Silvers!" rief eine Kinderstimme erfreut. Draco erkannte Hannahs Stimme. Er wollte gerade zu ihr laufen als Harry ihn zurückhielt. Er sah ihn mahnend an, doch auf einen fragenden Blick bekam er keine Antwort. Schweigend saßen sie hinter der Wand und lauschten Hannah und Miss Silvers.

„Hannah!" sagte die alte Dame erfreut. „Setzt dich!" Zwei Sessel quietschten.

„Kannst du mir eine Geschichte erzählen?" fragte Hannah und Draco hörte Miss Silvers tief einatmen.

„Okay. Kennst du die Geschichte von den bösen Riesen, die die Zentauren bekämpfen?" Draco nahm an, dass Hannah den Kopf schüttelte, jedenfalls fuhr Miss Silvers fort.

„Ich werde sie dir erzählen!" Man hörte erneut einen Sessel knarzen. Wahrscheinlich hatte sich Miss Silvers zurückgelehnt.

„Es war einmal eine Zeit in der magischen Welt, in der gab es gute und Böse Magier. Die guten waren viele, doch die bösen waren mächtig. Keiner wusste, wer den Kampf gewinnen würde. Doch es kämpfen nicht nur Zauberer. Auch die Kreaturen kämpften gegeneinander. Gute Kreaturen gegen Böse. So auch die Riesen gegen die Zentauren. Beide hatten Freunde an ihrer Seite, die Riesen zum Beispiel die Drachen oder die Trolle. Die Zentauren die Feen, Wichtel, Elfen und Einhörner. Niemand wusste, wer am Ende der Sieger sein würde. Der Kampf ging viele Jahre. Es schien aussichtslos für die guten. Es schien, als würden die Bösen wie Welt beherrschen. Alle litten, viele starben. Doch da war ein junger Zentaur. Er war anders als alle anderen. Er war alleine. Er hatte keine Familie. Keine Freunde. Er war ganz alleine. Und da war der junge Riese. Auch er war alleine. Er hatte zwar eine Familie, doch die liebte ihn nicht, wie es eine Familie tun sollte. Er hatte Freunde, doch die fanden ihn nicht spannend genug und hielten sich lieber mit anderen Riesen auf. Der junge Zentaur und der junge Riese kannten sich. Doch sie mochten sich nicht, obwohl sie die gleichen Schicksale teilten. Sie stritten sich immer wieder. Der Riese war kräftiger, aber der Zentaur war schlauer. Ein ewiger Kampf, bis sie sich schlussendlich im großen Kampf gegenüberstanden. Es sollte sich entscheiden, wer gewinnen sollte. Wer über die magische Welt und alle ihre Bewohner herrschen sollte. Der junge Riese war verzweifelt, denn er wollte nicht für das Böse kämpfen. Der junge Zentaur war verzweifelt, da er nichts hatte, wofür es sich zu kämpfen lohnte. Er mochte andere Zentauren, andere Feen, Elfen, Wichtel und Einhörner. Doch sie mochten ihn nicht da er anders war als die anderen. Also beschloss er sich dem Anführer der Riesen in den Weg zu stellen. Denn wenn der besiegt worden würde, hätten die Zentauren gewonnen. Er wusste, dass er es nicht schaffen würde. Er wusste, dass er sterben würde. Doch er stellte sich dem Anführer trotzdem in den Weg. Der große Riese lachte über den kleinen Zentaur und schlug ihn zur Seite. Der Zentaur flog durch die Luft und krachte an eine Hauswand. Alle dachten er sei tot und fingen an zu weinen. Die Riesen fühlten sich überlegen und näherten sich den Zentauren. Doch dann passierte plötzlich etwas Komisches. Die Zentauren wurden immer größer und größer und sie wurden kräftiger. Sie besiegten die Riesen mit schlauen Plänen, die die Riesen nicht verstanden. Es dauerte viele Stunden, doch der Anführer der Riesen wurde besiegt. Die Zentauren hatten gewonnen. Die meisten Riesen machten sich auf den Weg, sie flohen vor dem Kampf. Doch nicht der junge Riese, der so anders war als alle anderen. Seine Mutter war im Kampf gestorben, sein Vater war geflohen. Er war alleine. Keiner achtete auf ihn, da er noch so klein war. Doch dem Riesen war das egal, denn er lief auf den jungen Zentaur, der noch immer auf dem Boden lag. Er sprach mit ihm und bat ihn, nicht tot zu sein. Und dann regte sich der junge Zentaur tatsächlich. Er öffnete die Augen und lächelte. Zum ersten Mal seit Jahren lächelte wieder und er war so froh darüber, dass er aufstand und sich bei dem jungen Riesen bedankte. Und von dem Tag an waren der junge Riese und der junge Zentaur Freunde. Sie begriffen, dass sie sich unnötig gestritten hatten und eigentlich ziemlich gleich waren. Sie waren verschieden, ja, aber trotzdem waren sie irgendwie gleich. Alle Zentauren waren mit der Freundschaft einverstanden und akzeptierten den Riesen in ihrer Gruppe. Und seitdem lebt unter hunderten Zentauren ein Riese, der trotzdem irgendwie ein Zentaur war" Draco sah das Mädchen nicht, aber er konnte ein Lächeln in Hannahs Stimme hören, als Miss Silvers fertig war.

The DeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt