Pläne für die Zukunft | 7

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„Ich spüre es nicht", erklärte er schließlich langsam. Die blaue Kugel zwischen ihnen verschwand und er legte den Stab weg. „Aber ich weiß, dass es Auswirkungen auf mich hat. Niemand spürt seine Seele, also kann ich keine Schmerzen empfinden. Es sind eher Veränderungen in mir, die sich auf die Spaltung meiner Seele zurückführen lassen."

Hermine schluckte. Sie wollte nachfragen, sie wollte ihn dazu drängen, ihr mehr zu erzählen, doch sie fürchtete, dass er sich verschließen würde, wenn sie jetzt etwas sagte. Er schien mit jedem Wort zu kämpfen. Sie konnte seine Anspannung förmlich mit den Händen greifen. Wo er vorher noch so gelassen über Mord gesprochen hatte, war jetzt sein ganzer Körper verkrampft, weil es um seine eigene Seele ging.

„Manchmal fühlt es sich so an, als würden meine Emotionen mich kontrollieren, nicht umgekehrt."

Er blickte zur Seite, doch Hermine folgte ihm, um ihm trotzdem in die Augen sehen zu können. Sie wollte ihn nicht vertreiben, doch sie musste mehr wissen. „Und du denkst, das ist eine Ursache der Spaltung?"

„Was sonst kann es sein?" So aggressiv seine Frage auch klang, sie las in seinen Augen, dass ein Teil von ihm sie wirklich aufrichtig meinte. Als würde er trotz allem nicht wirklich verstehen, was in ihm vorging.

Einem Impuls folgend lehnte Hermine sich vor und schlang ihre Arme um seine Schultern. Für einen Augenblick blieb Tom erstarrt, dann erwiderte er die Umarmung. Er vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter, während seine Arme sie fest an ihn pressten.

„Jeder fühlt sich manchmal, als würde er in seinen Gefühlen ertrinken", sagte Hermine leise, während sie seinen Rücken auf und ab streichelte. „Das ist normal. Das muss keine Ursache der Spaltung sein."

„Das hier ist anders." Seine Worte klangen scharf, beinahe wie ein Vorwurf. „Ich kann meine Gefühle kontrollieren. Immer. Egal, um was es geht. Aber seit ich das zweite Horkrux erstellt habe, ist es anders. Insbesondere mit Wut. Wenn ich wütend bin, habe ich keine Kontrolle mehr."

Mit aller Macht presste Hermine sich noch näher an ihn. Sie hatte keine Antwort auf dieses Problem, denn sie wusste nicht, was wirklich die Wahrheit war. Gerade Wut konnte leicht zu Kontrollverlust führen, das hatte sie selbst gesehen, als Ron gegangen war, nachdem das Amulett mit dem Horkrux seine Unsicherheit in allumfassende Wut verwandelt hatte. Vielleicht war es die Spaltung von Toms Seele, vielleicht war es aber auch einfach nur seine Unfähigkeit, mit negativen Gefühlen umzugehen.

Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Sie sprach mit Tom über Horkruxe. Die eine Sache, die ihnen in der Zukunft so viel Leid verursachen würde. Die eine Sache, die verhinderte, dass sie Voldemort einfach töten konnten. Sie wusste, sie durfte diese Vergangenheit nicht verändern. Sie konnte nicht verhindern, dass Tom immer mehr Horkruxe erstellen würde. So sehr es sie auch schmerzte, sie durfte ihn nicht davon abbringen. Aber sie konnte etwas anderes tun. Für ihn, für die gesamte Zaubererwelt.

„Ist es das wert?" Sie flüsterte die Frage, leise, vorsichtig, absichtlich unsicher. Sie ließ ihre Stimme zittern und drückte mit ihrem Körper aus, dass sie sich um ihn sorgte.

Sie hörte, wie Tom tief einatmete. Dann schob er sie ein Stück von sich weg, um ihr in die Augen schauen zu können. „Ich habe eine Aufgabe, Hermine. Eine Vision. Ich kann es nicht riskieren zu sterben, ehe ich meine Vision in die Realität umgesetzt habe."

Sie nickte mitfühlend. „Ich verstehe das. Mehr, als du denkst. Zu sterben, ehe die eigene Mission ausgeführt ist, ist ein furchtbarer Gedanke. Aber kannst du sie ausführen, wenn deine Seele instabil ist?"

„Die Zukunft, die ich aufbauen will, braucht rationalen Verstand. Logik. Planung. All das ist nicht betroffen von einer instabilen Seele." Seine Worte klangen überzeugt, als hätte er sie schon oft gesagt. „Solange ich meinen Verstand habe, kann ich meine Pläne für eine bessere Welt umsetzen."

„Eine Welt, in der Zauberer und Hexen ihre starken Blutlinien schützen. In der sie die Verantwortung übernehmen, die die Magie ihnen auferlegt. In der Muggel von uns wissen und sich unserer Führung beugen." Konzentriert schaute Hermine ihm in die Augen. Alles, was sie von jetzt an sagte und tat, hatte Bedeutung für die Zukunft.

„Eine Welt ohne Krieg, ohne Leid. Mit einer Ordnung, in der für jeden Platz ist", nahm Tom den Faden auf. „Wenn Zauberer über Muggel herrschen, unter meiner Führung, wird es nie wieder Grund geben, einen Krieg zu führen. Wir müssen uns nicht mehr verstecken und nicht mehr jene bestrafen, die in der Öffentlichkeit zaubern. Wir können freier leben als je zuvor."

Hermine legte ihre beiden Hände um sein Gesicht. „Und all das willst du erschaffen, ohne vollständige Kontrolle über deine Gefühle zu haben?"

„Ich werde das tun, Hermine." Sein Blick bohrte sich förmlich in ihren. „Wenn ich es nicht tue, tut es niemand, und das kann ich nicht zulassen. Was auch immer nötig ist, um dieses Ziel zu erreichen, ich bin bereit, es zu tun."

„Solange das dein Ziel ist, werde ich immer für dich kämpfen, Tom." Sie wählte ihre Worte bewusst. Sie kannte die Zukunft und sie wusste, wie wichtig es sein würde, jetzt das richtige zu sagen. „Vergiss niemals, was du mir heute gesagt hast."

Ein harter Ausdruck trat in Toms Augen. „Ich meine es ernst, Hermine. Ich werde die Welt verändern."

„Und ich glaube dir das. Ich glaube an dich. Aber ich mache mir auch Sorgen. Was du über die Horkruxe sagst, klingt gefährlich. Habe in Unrecht, wenn ich mir Sorgen mache, dass dich das von deinen Plänen abbringen kann?"

Tom umschloss ihre Hände mit seinen und ließ sie zwischen ihnen auf ihre verschränkten Beine sinken. „Ich werde das nicht zulassen. Mein Verstand wird niemals darunter leiden. Und solange ich dich habe, werden meine Gefühle kontrollierbar bleiben."

Hermine ließ zu, dass er ihr einen Kuss auf die Lippen drückte und dann gemeinsam mit ihr auf der Matratze zum Liegen kam. Sie erwiderte seine zärtlichen Berührungen, die so offensichtlich aus dem Versuch resultierten, dass Tom sich ablenken wollte. Sie spürte tief in sich, dass sie da sein wollte für ihn. Wenn sie ihn hier nicht retten konnte, dann in der Zukunft. Sie musste nur den Samen legen, damit er in der Zukunft sehen konnte, dass er einen falschen Weg eingeschlagen hatte. Dass er seine Ziele aus den Augen verloren hatte und über Leichen ging, ohne zu wissen warum.

Tom mochte vielleicht Liebe nicht kennen und deswegen selbst nicht zu Liebe fähig sein, aber er hatte oft genug bewiesen, dass er eine Reihe anderer Gefühle kannte. Wut war das größte. Aber er hatte sich auch schon einmal bei ihr entschuldigt, also konnte er zumindest auf einem gewissen Level einsehen, dass er etwas falsch gemacht hatte. Je mehr sie ihm jetzt zeigte, dass seine Pläne richtig waren, dass sie ihn unterstützte, umso mehr würde der Kontrast zu seinem zukünftigen Handeln offenbar werden, wenn er sie wiedersah.

Alles kam darauf an, dass sie jetzt die Saat legte. Und dann hätte er in der Zukunft eine Chance. Dann würde er in der Zukunft ein Gefühl verspüren, das ihn heilen konnte.

Reue.


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Roll credits.

Reue III - Vergiss Mein NichtWhere stories live. Discover now